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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Megaherz - Komet (2018)


Genre: Rock / Alternative

Release: 23.02.2018

Label: Napalm Records

Spielzeit: 45 Minuten

Pressetext:

Sie sind zurück, mit voller Wucht und brennend vor Leidenschaft! MEGAHERZ schlagen mit KOMET tiefer in ihr Seelenleben ein als je zuvor.

Hand aufs Herz: Nichts schweißt mehr zusammen als das Einstehen für die gleiche Sache. 25 Jahre kämpfen MEGAHERZ schon für etwas, das größer ist als sie. Verzerrte Riffs sind die Brachialgewalt, mit der ihre tiefschürfenden Texte die volle Entfaltung erfahren können. Ihr Mosaik aus Metal, Rock, Gothic und seelennahen Zeilen ist und bleibt einzigartig in der deutschen Musikwelt.

Spätestens mit dem sechsten Werk HEUCHLER haben die Freunde 2008 ihren Platz gefunden. Zehn Jahre später gehen sie mit KOMET noch tiefer und weiter. "Die Themen Tod und Trauer haben auf diesem Album ganz besondere Stellung", blickt ihre Stimme Alexander "Lex" Wohnhaas zurück. Inmitten der Produktion ist der Vater von Gitarrist und Songwriter Christian "X-ti" Bystron gestorben. Tod als Zäsur, "alles stand Spitz auf Knopf." Schock, Lethargie, Ohnmacht. Und irgendwo inmitten dieser Hilflosigkeit schöpfte er Mut, sah Trost in Worten, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollten: "Ich weiß ganz genau, du kannst mich von da oben sehen." Den Text legte er in Lex' Hände und er vollendete, was X-ti ihn fühlen ließ. "Ich habe 'Von Oben' eingesungen und Gänsehaut bekommen", erinnert sich die felsenfeste Stimme.

So und nicht anders wird die Seele von KOMET greifbar: "Kompromisslos und emotional." Hart, musikalisch wie lyrisch. "Auf der anderen Seite auch unglaublich berührend", nickt Lex zufrieden über die Öffnung zu mehr Tiefe, zu Veränderung im eigenen Kosmos. Den starren Begriff Neue Deutsche Härte haben MEGAHERZ über die Jahre abgeschüttelt. Zwar sind sie die Pioniere im Genre, "uns zeichnet aber aus, dass wir extrem variabel sind." Neue Inspirationen schöpfen sie in brisanten Bereichen: "So ein Song wie 'Heldengrab', das haben wir noch nie vorher gemacht", schnauft Lex. "'Heldengrab' ist eine Frage an alle: Wer kriegt eigentlich den Arsch noch hoch? Wer will tatsächlich noch was verändern? Ist das Heldendenkmal nur noch ein stumpfsinniges Symbol, dass man an irgendwelchen großen Tagen beschwört, aber keiner nimmt mehr sein Herz in die Hand?"

MEGAHERZ waren schon immer gesellschaftskritisch, doch mit KOMET gipfeln sie im dramaturgischen Höhepunkt unserer heutigen Realität, die mehr verlangt als nur zuzuschauen. Dass die neue Ausrichtung politischer ist denn je, war logische Konsequenz. "Diese Tage laden dazu ein, mit so provokanten Figuren wie Erdogan, Donald Trump und die politische Entwicklung in Europa und Deutschland mit der letzten Wahl." KOMET ist politisch und hochemotional. Das zeigt auch "Schwarz oder Weiß": "Eine Kritik, dass wir uns immer weiter auseinander dividieren in verfeindete Lager. Anstatt miteinander zu reden, zeigen wir mit dem Finger aufeinander", stehen Lex die Nackenhaare zu Berge. "Dieses gegenseitige Beschuldigen hat mich so angekotzt. Menschen reden gar nicht mehr über die Probleme, sondern über andere. Es wird alles extremer und man sieht viele Dinge nur noch schwarz oder weiß. Das Leben ist aber nicht schwarz oder weiß." Als Antwort darauf wollen MEGAHERZ jene Bilder schaffen, die Fragen aufwerfen. “Wir müssen mehr wagen. Wenn wir als Musiker uns nicht trauen, wer soll das denn sonst thematisieren?“ Das war auch der Entschluss, ein so politisches Lied wie 'Nicht in meinem Namen' zu schreiben. KOMET soll schonungslos und authentisch sein, Erkenntnis bringen und Mut machen. Wen wundert es da noch, warum sich MEGAHERZ ihren Namen vor 25 Jahren zu eigen machten.

Kritik:

"Vorhang auf, der Tanz beginnt

Zeigt eure Arme, singt mit dem Wind

Die alten Lieder, seid ihr dabei?

Erhebt die Arme, dann lasst uns fliegen

Und fühlt euch frei!"

Wer das Cover uninformiert vorab betrachtet, denkt dabei zunächst vielleicht eher an die visuelle Bewerbung eines Kino-Kassenschlagers aus längst vergangenen Tagen, denn irgendwie könnte das ungewöhnliche Artwork des aktuellen Studioalbums von „Megaherz“ durchaus genauso gut einem Plakat für einen Science-Fiction-Film aus den 60er Jahren entsprungen sein: Eine Frau und ein Mann stehen vereint zusammen, spreizen gemeinsam ihre Arme gen Horizont, bilden eine feste Einheit. Am Himmel im Hintergrund prangen funkelnde Gestirne, Raketen steigen auf und der bezeichnende Himmelskörper zieht einen Schweif nach sich. Die markante Farbgebung und die sich dahinter verbergende Thematik, erinnern zudem entfernt und sicher nicht ganz unfreiwillig an die Ästhetik von Kommunismus-Propaganda... Die Band, welche sich einst 1993 in München gründete, ist von einer durchaus bewegten Vergangenheit mit zahlreichen Besetzungswechseln geprägt. Schöpfer und Ex- Mastermind Alexander „Alexx“ Wesselsky erschuf mit dem Debüt „Herzwerk“ und weiteren Werken die Grundlage, ist heute aber schon lange nicht mehr selbst aktiv. Im Jahr 2003 stieg er schließlich aus und rief mit Keyboarder Jochen „Noel Pix“ Seibert die Band „Eisbrecher“ ins Leben, die heute zu den absoluten Schwergewichten der Neuen Deutschen Härte gehört. Seinen Platz nahm kurzzeitig Mathias „Jablonski“ Elsholz ein, der für das Album „5“ hinter dem Mikrofon stand. Auch er verließ die Herzen wenig später, danach herrschte vorerst Funkstille. Ein Comeback gab es 2008 dann mit neuem Frontmann und dem Longyplayer „Heuchler“, welcher von der verbliebenen Fangemeinde weitestgehend wohlwollend aufgenommen wurde, vier Jahre später brach alsdann die „Götterdämmerung“ über ebenjene herein. Der folgende Wechsel zum renommierten Label Napalm Records und das Erfolgsalbum „Zombieland“ dehnten die Glückssträhne weiter aus, so ging es mit der EP „Erdwärts“ etwa auf viel beachtete Support-Reise für „Unheilig“ vor beeindruckendem Stadionpublikum und natürlich auch auf eigene Headliner Tournee, die schließlich als „Finale Dahoam“ im Münchner Backstage-Club gipfelte. Die CDs verkauften sich rasend schnell, Platzierungen in den Charts erhöhten sich zunehmend, immer mehr Konzerte waren bestens besucht bis hin zu ausverkauft: Die Herzen waren wieder in der Spur. Doch erst jüngst die nächste Meldung in den sozialen Medien: Der langjährige Schlagzeuger Jürgen „Bam Bam“ Wiehler steigt auf eigenen Wunsch hin aus, seine Nachfolge tritt Tobias Derer von „Cypecore“ an. Ein schlechtes Omen? Die übrige Besetzung aus Bassist Werner „Wenz“ Weninger, den beiden Gitarristen Christoph „Chris“ Klinke und Christian „X-ti“ Bystron, sowie Sänger Alexander „Lex“ Wohnhaas bleibt jedenfalls gleich, eine Verschiebung der für den 23.02.2018 geplanten Veröffentlichung stand jedenfalls trotzdem nicht zu erwarten. Es ist das nunmehr zehnte Werk zum fünfundzwanzigsten Bestehen und trägt den illustren Titel „Komet“. Tatsächlich bieten die aktuellen Schreckensmeldungen und Geschehnisse der etwas betagten NDH genügend bewährte Angriffsfläche, die genutzt werden will. Eine Expedition in die Weiten des Universums...

Aus dem tiefsten Nichts steigen mit einem Mal langsam geisterhafte Chöre empor, engelsgleich fragil und zugleich doch bizarr schief. Alsbald vermengen sich die künstlich erzeugten Stimmen mit weiteren elektronischen Fragmenten, die sich jetzt beständig sammeln und ohrenbetäubend immer mehr werden zu scheinen, bis sie zum erwarteten Anschlag ansteigen und schließlich in einer niederdonnernden Gewitterwand aus knallenden Drums und metallisch sägenden Gitarren implodieren. Nun sucht sich die markante Reibeisenstimme von Alexander „Lex“ Wohnhaas ihren Weg und legt sich über die erste Strophe, welche hauptsächlich vom hintergründig eingesetzten Schlagzeug ausgefüllt wird. Dieses bildet zusammen mit dem rauen Bass temporär die klangliche Basis, ehe die Synthies gemeinsam mit den harten Saiten wieder eiskalt zuschlagen und auf den hymnischen Refrain vorbereiten, der den starken Zusammenhalt von Band und Fans heroisch zelebriert. „Vorhang Auf“! Der Tanz beginnt, denn die Herzen sind endlich wieder zurück und stürmen die Bühnen eines jeden immersiven Kopfkinos mit dieser zwingenden Eröffnungszeremonie schon weit vor dem Start der kommenden Tournee! Ein sanfter Klangteppich aus ätherischer Elektronik schwebt behutsam aus den Boxen. Eine verzerrte Saite wird kurz angeschlagen und direkt danach doch vorerst noch zurückgehalten. Plötzlich reißen sich die Melodiebögen mithilfe des druckvollen Schlagzeugs durch und münden in einem erhaben aufstrebenden Riffing. Eine durchweg packende Energie, die sogleich ins bildhafte Sonnensystem hinaufzukatapultieren weiß und den Hörer fortan mit auf eine universelle Reise nimmt... Hoch zu den Sternen und an allen Planeten vorbei! Danach wird das Tempo wieder dezent gedrosselt und lässt etwas Raum für den Gesang, welcher nun von futuristisch angehauchten Flächen untermalt wird, die etwas an das Background-Arrangement von „Schwarzer Engel“ vom Vorgängeralbum gemahnen. Der sehnsuchtsvolle Chorus beschwört dann den Spirit des aktuellen Artworks herauf und besingt den titelgebenden, sinnbildlichen „Komet“, als weit entferntes, erstrebenswertes Ziel. Es geht darum, jede noch so hohe Grenze zu überwinden, zueinander zu finden, sich zu verschmelzen und fortan als feste Einheit mit gemeinsam gebündelter Kraft durch alle Sphären zu brechen. Hinabzustürzen und zusammen zu verbrennen... Retrolastig monotone Sounds geben schließlich die minimalistisch konstruierte Marschrichtung für „Scherben Bringen Glück“ vor. Die Elektronik ist hier der treibende und fast alleinige Motor, der gelegentlich noch um percussive Hinzunahmen angereichert wird. Die Gitarren werden erst im eingängigen Refrain von der Kette gelassen, welcher durch eine positiv aufgeladene Melodik abholt und zum inneren Aufbruch zu neuen Ufern einlädt. Fordernde Mutmach-Parolen schicken sich immerzu an, Selbstzweifel und Ängste auszulöschen, limitierende Gedanken und Sorgen werden derweil von bekräftigenden Vibes eingenommen. Besiege deine Altlasten und finsteren Dämonen deines eigenen Ichs, schaffe Platz für Neues und lebe erstarkt im Hier und Jetzt. Eine catchy Up-Tempo-Nummer, die ihre musikalischen Wurzeln nicht verleugnen kann und von der Gangart her etwas an die späte Ära von „Unheilig“ erinnert. Mit dem Sample aus der historischen Pressekonferenz vom 15.06.1961 durch DDR-Parteioberhaupt Walter Ulbricht, startet der vierte Song. Der bekannte Satz, „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“, ging als eine der wohl größten Lügen der Politik in die Annalen ein und liefert hier die Vorlage für eine erschreckend realitätsnahe Gruselgeschichte. Der geschminkte Spaßmacher aus Zirkus und Varieté stand nicht nur erst kürzlich im Zuge eines viralen Hypes, bei dem verkleidete Jugendliche unschuldige Passanten beabsichtigt ängstigten, lange im medialen Rampenlicht, sondern ist bereits seit den Anfangstagen als Markenzeichen von „Megaherz“ bekannt. So zierte er etwa die Cover von „Kopfschuss“ und „Götterdämmerung“ oder wird in der Rolle des Sängers gar als livehaftige Präsenz in die Shows involviert. Sein Erscheinung ist unberechenbar, denn wer weiß schon, was hinter der stets freundlichen Fassade lauert? Die dröhnenden Sirenen eines alarmierenden Fliegeralarms erschaffen eine düster-apokalyptische Atmosphäre, welche alsbald mit einer grollenden Gitarrenübermacht und unterschwellig verspielten Elementen verquickt wird. Eine typisch aggressive NDH-Walze mit ordentlich Dampf unter Haube, die rein musikalisch gesehen ein klassischer Herzen-Song ist. Weitere Akzente werden durch den diabolisch intonierten Zwischenpart gesetzt, mit dem man sich verstärkt überraschend systemkritisch zeigt, was allerdings nicht das letzte Mal auf diesem Album gewesen sein soll. Wer hat Angst vorm „Horrorclown“? Das anschließende „Von Oben“ wird sodann durch einen nachhallenden Paukenschlag eröffnet und fortan von berührenden Klavier-Tupfern getragen, die eine emotionale Power-Ballade im Stil von „Für Immer“ materialisiert. Erfreulich frei von gängigen Klischees, nimmt man sich authentisch und hörbar ehrlich einem durchaus sensiblen Thema mit virtuosem Niveau an, wodurch ein bitterer Beigeschmack von berechnender Auftragsarbeit ausbleibt. Gefühlvoll behandelt der Fünfer das Thema der Vergänglichkeit und bereitet die Erinnerung an verlorene Menschen auf, die im Herzen doch auf ewig weiterleben. Mit diesem persönlichen Song nimmt Gitarrist Christian „X-ti“ Bystron Abschied von seinem Vater. Es ist also keinesfalls abwegig, dass dem ein oder anderen Hörer der Umgang mit Verlusten hiermit trostspendend vielleicht ein kleines Stück leichter gemacht wird. Weiterhin fungiert das Stück derzeit als Trailer der aktuellen Staffel von „Taboo“ auf dem Sender RTL II, was einer gesteigerten Aufmerksamkeit sehr zuträglich sein dürfte.

Die ruhige Ausgangssituation wird auch gleich als Grundlage für den fließenden Übergang zum nächsten Track genutzt. Zum stampfenden Takt aus knallendem Drumming, harschen Gitarren und majestätischen Orgeln ziehen „Megaherz“ fortan in einen finsteren Strudel, dessen einziger Hoffnungsschimmer der erhellende Chorus ist. Die Menschheit steht dieser Tage drohender am Abgrund denn je: Den Blick starr nach vorn gerichtet und das Hirn bequem ausgeschaltet, steuern wir alle wie willenlose Maschinen auf das große Nichts zu und nähern und nähern uns an, beherzt hineinzustürzen. Wir befinden uns im „Tiefenrausch“. Wer kann uns jetzt noch retten, wenn nicht wir uns selbst? Sollte es jedoch so weitergehen, ist längst klar: „Wir gehen auf Grund“! Ein druckvoll hämmerndes Schlagzeug und zwingende Saiten peitschen zum marschierenden Takt unerbittlich voran und enthüllen eine der bisher wohl härtesten Nummern des gesamten Albums. Frei von jeglicher Empathie lassen wir ungerührt den Egoismus regieren und finden uns schon bald in einer Ellenbogengesellschaft wieder, in der alle nahezu blind für den jeweils anderen sind und nur ihr eigenes Ziel vor Augen haben, das es ohne Rücksicht auf etwaige Verluste zu erreichen gilt. Es gilt das Recht des Stärkeren. Der Blick reicht geradeaus, nicht aber nach links und rechts. Es geht mit allen Mitteln vorwärts und wenn es sein muss auch direkt durch die Wand. Was schon in den scheinbar unbedeutenden Situationen des Alltags anfängt, könnte sich schon bald gefährlich schnell ausbreiten und zu einem ernsthaften Problem werden. Wir sehen nur noch uns selbst, wir sehen nur noch „Schwarz Oder Weiß“. Die Reise durch soziale Missstände führt uns schließlich ans „Heldengrab“. Hier ruhen unfreiwillig alle vergessenen Träume, revolutionären Gedanken, Motivationen und der dazu notwendige Mut, etwas verändern zu wollen. Begraben unter abertausenden Zweifeln und erstickt von der eigenen Komfortzone. Warum noch aufwändig den Unmut äußern, hinaus auf die Straße gehen, unerwünscht auffallen, womöglich allein für etwas einstehen, anecken und sich die Hände schmutzig machen? Ich bin doch sowieso nur ein Einzelner... Das bequeme Denken darüber, dass andere es irgendwann schon richten werden und die Angst vor den Nachwirkungen des individuellen Handelns nach eigener Prämisse, bremsen uns aus. Ich kann doch gar nichts bewirken... Doch brauchen wir dazu doch eigentlich gar keinen Umhang, kein Logo und keine Superkräfte. Stattdessen könnten wir vorerst aber im Kleinen und eigenen Umfeld damit beginnen und die Welt so ein ganzes Stück besser machen. Ungewöhnlich, aber erfrischend durch zurückhaltende Elektronik instrumentiert, kommt diese Quasi-Ballade daher, deren hypnotisierende, loopartige Tunes zunehmend in den Bann ziehen und im späteren Verlauf durch tanzbare Beats angereichert werden. Wo sind die Kämpfer, Vorbilder und Helden, wenn man sie braucht? Die Trauer über die Vergangenheit und Beschwerden über den Status Quo allein werden nicht helfen, unsere Wünsche neu auferstehen zu lassen. Ein Requiem auf ehemalige Heroen und ein dringlicher Aufruf an alle möglichen Nachfolger. Es ist für uns alle an der Zeit, die Ketten der Feigheit zu sprengen. Zusammen gegen Unrecht und Hass. Nicht morgen. Jetzt! Hörbar bedrohlich wird das Tempo jetzt wieder ohne Vorwarnung angezogen und entfacht einen Sturm aus schwer schleppenden Gitarren. Nachdrücklich übt man berechtigte Kritik an politischen Fehl-, wie auch gesellschaftlichen Rückentwicklungen und nimmt somit Bezug auf das aktuelle Zeitgeschehen. Wo machen wir unser Kreuz, wofür wollen wir einstehen? Patriotische Parolen? Xenophobe Wahlprogramme? Rechte Hetze? Braun statt Bunt? „Nicht In Meinem Namen“! Eine leiernde Synthie-Melodie paart sich mit angriffslustigen Gitarren und prescht in einen grollenden Marsch voller Industrial-Spitzen vor. Textlich spielt man bei „Trau Dich“ mit den im Genre bewährten Klischees und Plattitüden aus weiblicher Dominanz und Über-Emanzipation. Ein augenzwinkernd lüsterner und typischer Nackenbrecher, welcher sich derart zugegeben doch pflichtmäßig auf nahezu jedem NDH-Release findet, bevor ein elektrisch pulsierender Sog final in die abschließende Power-Trennungsballade „Nicht Genug“ zieht. Landung erfolgreich abgeschlossen!

Tracklist:

01. Vorhang Auf

02. Komet

03. Scherben Bringen Glück

04. Horrorclown

05. Von Oben

06. Tiefenrausch

07. Schwarz Oder Weiß

08. Heldengrab

09. Nicht In Meinem Namen

10. Trau Dich

11. Nicht Genug

Fazit:

Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Oder vielleicht sogar doch ein „Komet“? Mit seinem 2018er Studioalbum bereitet das Münchner Szene-Urgestein dieses Mal eine große Reise in weit entfernte Sphären vor, hebt ab und greift nach den Sternen. Dabei präsentiert sich das aktuell vorliegende Material als eine Art Hybrid aus deutschsprachigem Rock, alternativen und poppigen Elementen, aber auch verstärkt der rauen NDH mit ihren bekannten Ecken und Kanten. Somit verlassen „Megaherz“ die kürzlich mit „Zombieland“ betretenen Pfade ein gutes Stück und kehren wieder mehr zu ihren ursprünglichen Wurzeln zurück, was gleichsam aber auch bedeutet, dass hier soundtechnisch keine großen Überraschungen oder wagemutigen Experimente erwartet werden dürfen. An die durchgängige, metallische Härte eines „Heuchler“ oder „Götterdämmerung“ kann hier über weite Strecken ohnehin nicht annähernd angeknüpft werden, dafür versucht man manchmal spürbar zu sehr, die Waage zwischen den Stilen zu halten und alte wie auch neue Fans gleichermaßen zufriedenzustellen. Dazu greift man größtenteils auf klassische Tugenden zurück, thematisch vermengt und angereichert mit so einigen Bezügen auf den aktuellen Zeitgeist, welcher sich vornehmlich durch direkte Kritik an sozialen und politischen Missständen äußert. So wird inhaltlich ein Bogen zum Sinnbild des plakativen Artworks geschlagen, der sich wie ein roter Faden fast ausschließlich durch die jeweiligen Titel zieht. Diese gängigen Motive sind zwar durchaus löblich, führen aber ebenso zu einer gewissen Vorhersehbarkeit, wie auch die verwendeten Melodien, Riffs und Sequenzen, die teils bekannt und wie schon einmal gehört klingen. So driftet man leider zu oft in bloße Berechenbarkeit ab, was aber auch anteilig den Grenzen des musizierten Stils geschuldet ist. Das geht leider zulasten der Spannung und nimmt die Möglichkeit, längerfristig interessant zu bleiben. Nach rund vier Jahren wäre in dieser Hinsicht sicher etwas mehr drin gewesen. Nichtsdestotrotz ist die „Komet“ sauber und sehr gut produziert, zudem gefällt der Ansatz, weiterhin klar Stellung und kein Blatt vor den Mund zu nehmen, sodass der Endkonsument zwar nur ein wenig innovatives, dafür aber modernes und umso ausgereifteres NDH-Werk im Hier und Jetzt bekommt.

Informationen:

http://www.megaherz.de

https://de-de.facebook.com/OfficialMegaherz/

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