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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Amphi Festival - Tag I - Tanzbrunnen, Köln - 20.07.2019


Veranstaltungsort:

Stadt: Köln, Deutschland

Location: Tanzbrunnen

Kapazität: ca. 12.000

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Nein

Homepage: http://www.amphi-festival.de

Samstag, 20.07.2019 - Amphi Festival Tag 1:

Wir schreiben Samstag, den 20.07.2019 und eigentlich gibt es dieses eine Mal vorab gar nichts Besonderes, Ungewöhnliches oder Kurioses zu berichten, was ja auch durchaus seine guten Seiten hat. Gegen 09.00 Uhr morgens steige ich am Hauptbahnhof Bochum in den ICE in Richtung Köln, der tatsächlich pünktlich und ohne jegliche Verspätung am Gleis einfährt. Da ich in diesem Jahr nicht am exklusiven Zusatz-Event „Call The Ship To Port“ am Vortag teilgenommen habe, reise ich also erst zu Beginn des regulären Programms an. Das ist im Kern zwar ein wenig stressiger, spart aber auch unnötige Zusatzkosten ein. Bereits eine gute Stunde später steige ich mit meinem Koffer am Zielort aus und navigiere mit dem Handy in der anderen Hand zum Hotel, das glücklicherweise nicht allzu weit entfernt liegt. Da ich für den Check-In viel zu früh dran bin, unterschreibe ich schnell alle notwendigen Unterlagen und lasse mein Gepäck von einem der Mitarbeiter bis zum Abend einlagern, bevor es dann mit dem Taxi endlich zum Tanzbrunnen geht. Das Wetter ist, wie hier im Sommer üblich, ausgezeichnet und dabei trotzdem nicht so drückend heiß, wie in den Vorjahren. Schon auf dem Weg durch den Stadtteil Deutz sind zahlreiche Besucher zu sehen, die zweifellos dasselbe Ziel ansteuern. Die Domstadt trägt an diesem Wochenende wieder Schwarz! Mein Fahrer ist wirklich nett und stellt praktisch ohne Unterlass interessierte Fragen zum Festival, der Musik und dem Publikum, da er erst seit kurzem in Köln arbeitet. Am Gelände angekommen, begebe ich mich direkt zur Tageskasse, an der auch die Gästeliste ausliegt und nenne meinen Namen. Auch hier klappt alles ohne Probleme. Nachdem ich mein gelbes Presse-Bändchen ums Handgelenk gelegt bekommen habe und die Tasche vorschriftsgemäß kontrolliert worden ist, passiere ich die Tore. Endlich wieder zurück, ein bisschen wie nach Hause kommen... Hallo Amphi Festival 2019!

Mainstage, 11.00 Uhr - Seelennacht:

Guten Morgen, Amphi Festival 2019! Wie doch die Zeit vergeht... Kaum hat man den ehrwürdigen Toren des Tanzbrunnens im vergangenen Sommer den Rücken zugedreht, ist es auch schon wieder soweit und man steht erneut vor der Hauptbühne auf dem sonnigen Gelände mitten in Köln-Deutz. Obwohl die hohen Temperaturen bereits jetzt leicht an der 30er-Marke kratzen, ist das Wetter doch gefühlt um einiges erträglicher, als noch in den vergangenen Jahren. Es ist angenehm warm, aber eben nicht unerträglich heiß. Eine gute Grundlage, um den Einstieg ins diesjährige Programm zu begehen. Noch weit bevor das Theater oder die Orbit Stage, welche dieses Mal einem gediegenen Wasserspiegel sei Dank nahe des Hauptgeländes vor Anker liegt, ihre Tore öffnen, gebührt „Seelennacht“ die große Ehre, das Festival-Wochenende nach einer ausführlichen Anmoderation zu eröffnen. Das 2008 in Baden-Württemberg gegründete Duo aus Keyboarder René Wedekind und Sänger Marc Ziegler beschreibt seinen Stil als „Dark Romantic Electro-Pop“ und soll damit Recht behalten. Die stark eingängigen Songs, wie etwa der powernde Opener „Vorwärts“, „New Visions“, „Fährmann“ oder „Neuzeit“, besitzen nicht allein nur einen dunkel-poppigen Touch, sondern sind zudem lyrisch allesamt von berühmten Literaturvorlagen eines Jules Vernes oder H.G. Wells inspiriert und behandeln vornehmlich zwischenmenschliche Sehnsüchte, Träume und auch Ängste mit einem gewissen Hauch stilistischer Steampunk-Romantik. Das alles führte in den nunmehr elf Jahren des erfolgreichen Bestehens zu insgesamt fünf Singles, eine EP und fünf Longplayern bei stetig steigender Beliebtheit, was gerade Tracks wie „Aftermath“ oder „Die Zeit Zurückdrehen“ beweisen, die allesamt echtes Hit-Potential in sich bergen. „Keeping Hope“ setzt an diesem frühen Morgen nach etwa vierzig Minuten den perfekten Schlussakzent und lässt für die beiden einnehmenden Musiker hoffen, dass sich folglich noch einige Hörer mehr der abenteuerlichen Reise ins schwarze Seelenleben anschließen werden.


Mainstage, 12.10 Uhr - Erdling:

Um 12.10 Uhr ist es auch schon an der Zeit für die zweite Band auf der Mainstage und wie das rege Besucheraufkommen zu dieser frühen Stunde vermuten lässt, haben sich tatsächlich so einige Gäste auf diesen Act gefreut. Kein Wunder, immerhin haben die vier sympathischen Musiker von „Erdling“ seit ihrer Gründung im Jahr 2015 mit insgesamt drei Studioalben gehörig vorgelegt und konnten sich unter anderem als Support von echten Szene-Urgesteinen wie etwa „Megaherz“ vor einem größeren Publikum unter Beweis stellen. So ist es nur allzu verständlich, dass die vorfreudige Menge die Bayern zum energiegeladenen Opener „Mein Element“ mit reichlich Applaus und Bewegung in den vorderen Reihen herzlich Willkommen heißt. Dass das für einen gebührenden Festival-Auftakt aber noch lange nicht ausreicht, stellt Sänger Nils „Neill“ Freiwald gleich zum folgenden „Du Bist Soldat“ herausfordernd fest. „Einen wunderschönen guten Morgen, Amphi! Das hätte jetzt doppelt so laut sein können, da geht doch noch mehr, oder?“, lacht er und erkundigt sich danach weiter. „Wer war schon mal bei uns auf dem Méra Luna dabei? Und wer hat uns vorher noch nie gesehen? Na, dann schauen wir mal, dass die Familie heute noch größer wird, oder? Schön, dass ihr alle da seid. Wir machen jetzt noch so eine halbe Stunde und gehen dann mit euch zusammen einen trinken, aber vorher müsst ihr noch ein bisschen mitmachen und singen, okay? Dann probieren wir das gleich mal aus!“. Gesagt, getan. Zur selbstbetitelten Hymne „Erdling“ darf jener Bandname nach dem Anzählen gleich mehrmals lauthals skandiert werden und auch das romantisch rockende „Supernova“ vom zweiten Ableger kommt gut an, was auch das Quartett freudig bemerkt. „Dankeschön, wir haben echt lange nicht mehr so viel Spaß gehabt!“, grinst Freiwald zu seinen Kollegen und lädt danach mit dem „Tieftaucher“ zu einer kleinen Abkühlung ein, ehe sich Köln stimmlich wie der berühmte „Phönix“ aus der Asche erhebt. Man solle sich schon mal für die befreunden Kollegen von „Lord Of The Lost“ warm machen, so heißt es. „Lasst uns heute alle eine Sprache sprechen!, lautet dann die klare Ansage zu den aktuellen Singles „Wir Sind Midgard“ und „Im Namen Der Krähe“ vom kommenden Album „Yggdrasil“. Sichtlich erschöpft gesteht Freiwald, dass letzterer Titel auf dem vollendeten Release eigentlich ein Duett ist: „Man muss dazu sagen, dass normalerweise noch ein Gastsänger dabei ist, der mich gesanglich etwas entlastet, nämlich Robse von „Equilibrium“...“, erzählt er und knüpft an. „Lasst uns mal etwas versuchen. Wir gehen mal alle kurz in die Hocke. Ah, einige verdrehen jetzt schon ihre Augen. Ihr wisst gar nicht, wie scheiße das eigentlich aussieht, wenn man als Einziger steht!“, motiviert er auch die letzten Zögernden, zum finalen Hit „Blitz Und Donner“ im Takt zu springen, während er eine große Fahne mit dem Band-Logo darauf schwingt. „Dankeschön, Amphi und viel Spaß noch heute!“, verabschieden sich „Erdling“ gutgelaunt nach dem obligatorischen Foto vor der jubelnden Menge und lassen ein rundum glückliches Publikum zurück.

Mainstage, 13.25 Uhr - Chrom:

Jetzt geht es erst richtig los: Pünktlich zur Mittagsstunde füllt sich das weitläufige Gelände des sonnendurchfluteten Tanzbrunnens nun immer mehr. Viele Besucher steuern hierbei sofort die Mainstage an, denn auch der nächste Act trifft seit Jahren definitiv einen Nerv der schwarzen Szene bei steigender Beliebtheit. Obwohl sich Köln zum jetzigen Zeitpunkt noch besten Wetters erfreut, wurde das Moderatoren-Team dazu angehalten, das Publikum über eine mögliche Unwetterwarnung zu informieren. Zwar gäbe es noch längst keinen triftigen Anlass zur Sorge, wie einst 2015, als der gesamte Außenbereich der Lanxess Arena aufgrund eines aufziehenden Sturms großflächig abgesperrt und das Geschehen ins Innere verlegt werden musste, dennoch lässt man lieber Vorsicht statt Nachsicht walten. Der kleine Dämpfer ist jedoch schon sehr bald Geschichte, da Jens Domgörgen es sich nicht nehmen lässt, die folgende Band stilecht auf Kölsch anzusagen: „Chrom“. Unter frenetischem Applaus tritt kurz danach Thomas Winters hinter das Keyboard, um mit „Regret & Testify“ zu eröffnen, worauf wenig später auch schon Sänger Christian Marquis hinter dem schwarzen Vorhang erscheint. Die Stimmung auf dem großen Platz vor der Bühne nähert sich dem Siedepunkt an, sodass auch ein erster, kleiner Regenschauer diese kaum mehr trüben kann. Im absoluten Gegenteil: Viele Gäste scheinen die lauwarme Erfrischung aus den Wolken regelrecht zu genießen und tanzen zu den poppig-melodischen Club-Krachern wie „Walked The Line“, „In My World“ oder „Memories“ so dermaßen ausgelassen unter dem dunklen Himmel, als gäbe es keinen Morgen mehr. „Hallo Amphi Festival! Sagt mal, habt ihr Bock?“, fragt Marquis augenzwinkernd und bekommt direktes Feedback in Form von noch mehr freudiger Bewegung in den dichten Reihen. Keine Frage, die gute Laune des sympathischen Duos aus Düren steckt schnell an und seine Musik verströmt praktisch ohnehin positive Vibes am laufenden Band. Da fällt es fast nicht auf, dass es mittlerweile wieder trocken geworden ist. Ganz egal, ob knallhart wummernde Beats des aggressiven „Murder Fantasies“, emotionale Höhepunkte in „Losing Myself“, tranceartige Tanzbefehle bei „Loneliness“ oder schwelgerische Momente zu „Staring At The Sun“: Nahezu jeder einzelne Track ist hier ein wundervoller Ohrwurm mit ganz viel Melodie und Herz. Das entgeht hier sicher keinem Besucher, ganz gleich ob eingefleischter Fan oder Neuling. Der berühmte Funke springt in der durchweg unterhaltsamen Dreiviertelstunde schnell über, sodass alle Anwesenden und nicht zuletzt auch die sichtlich erfreute Band selbst eine tolle Zeit miteinander haben. Ein mehr als gelungener Festival-Start, wie er sein sollte, oder?


Theater, 14.05 Uhr - Massive Ego:

Als Nächstes steht für mich ein Besuch des Theaters auf dem Programm, welches in diesem Jahr erstmalig unter dem plakativen Sponsoring der bekannten Szene-Bekleidungsmarke „Original Boots and Braces England“ seine Pforten für die Besucher öffnet. Dass jenes Branding, bis auf den doch etwas ungewöhnlichen Namenszusatz, praktisch keinerlei offensichtliche Auswirkungen auf das Geschehen hat und somit alles beim Alten bleibt, bemerke ich schon auf dem kleinen Vorplatz. Neben einem Getränkeausschank, von dem sich im Inneren wie üblich noch zwei Weitere befinden, gibt es hier auch noch einen Asia-Wok, viele Sitzgelegenheiten, saubere Sanitäranlagen und ziemlich praktische Schließfächer, in denen die Gäste ihr Hab und Gut gegen eine kleine Gebühr einlagern können. Ein wirklich schönes Angebot mit einem kleinen, ärgerlichen Haken: Möchte man noch einmal an sein Handgepäck, lässt sich das Fach plötzlich nicht mehr abschließen und verlangt nach einer weiteren Zahlung. So ist der hiesige Münzeinwurf also kein einmaliger Pfand, sondern eine Zahlung, die fortan abermals getätigt werden muss. Blöd gelöst, wie auch einige andere Besucher kundtun. Doch davon lasse ich mich gar nicht weiter beirren und betrete mit einem Getränk den gut gefüllten Saal. Die kühle Luft der Klimaanlage ist eine wohltuende Erfrischung für die erhitzten Gemüter, von der im weiteren Verlauf des Tages bei steigendem Besucherzuwachs allerdings nicht mehr allzu viel zu merken sein wird... Obwohl „Massive Ego“ im weitesten Sinne bereits seit 1996 aktiv sind, sollte es bis auf die Veröffentlichung einiger Singles, Features und einer EP noch rund zwanzig Jahre andauern, bis mit „Beautiful Suicide“ das Debüt in Form eines vollständigen Fulltime-Albums über Label Out Of Line Music auf den Markt kam. Das fertige Endprodukt wusste dann ebenso viele Interessierte zu überzeugen, wie auch der Support-Slot bei „Blutengel“ und bestätigte die bekannte Lebensweisheit, dass gut Ding manchmal tatsächlich Weile haben will. Zum Glück mussten die Fans des exzentrischen Electro-Trios nicht wieder so lange auf musikalischen Nachschub warten und so steht mit „Church For The The Malfunctioned“ seit Frühjahr diesen Jahres der Nachfolger bereit. Der poppige Sound des Erstlings ist durchaus an sich selbst gewachsen, etwas rauer und vor allem düsterer geworden, wie unter anderem die aktuelle Single-Auskopplung „Digital Heroin“ zeigt, mit der nun eröffnet wird. Das Publikum findet schnell Gefallen daran und bereitet Drummer Oliver Frost, Keyboarder Scot Collins und Sänger Marc Massive einen herzlichen Empfang. „Dankeschön. Macht mal etwas Krach, Amphi!“, begrüßt der gewohnt exotisch gekleidete Mastermind die rund eintausend Besucher. „Der Himmel öffnet sich, dunkle Wolken ziehen auf und es regnet. Ich mag das!“, kommentiert er den derzeitigen Wetterzustand lächelnd und gibt einen kleinen Ausblick auf den weiteren Verlauf. „For The Blood In Your Veins“ und „Kill The Conspiracy“ drücken das Tempo jetzt wieder mehr nach vorne und animieren die Menge zum Tanzen, bevor es mit dem melancholischen „Low Life“ wieder etwas ruhiger zugeht. Während Massive am Bühnenrand seinen lilafarbenen Glitzer-Blazer gegen einen schwarzen Anzug auswechselt, hält Collins die Fans mit seinen passablen Kenntnissen der deutschen Sprache bei Laune, die zur hellen Freude der Anwesenden mit Sprüchen wie „Ich fahre auf dem Schlitten zum Schloss der Titten!“ vor allem auf anrüchigen Reimen beruhen. „Hört auf zu lachen!“, grinst er und übergibt anschließend wieder an den Sänger, der jetzt erst das finstere Szene-Bekenntnis „My Religion Is Dark“ und mit „I Idolize You“ dann die erste Single anstimmt, die von einem wogenden Händemeer begleitet wird. „Vielen Dank! Oh, das ist ganz schön schwitzig hier...“, bemerkt Massive lachend und lädt mit „Malfunctioning Me“ sodann alle Besucher in seine ganz eigene Kirche ein. Für „Point Of No Return“ hat man mit Kyle J. Wilson der Industrial-Metaller „Auger“ sogar noch einen namhaften Special Guest in der Hinterhand, bevor das gelungene „And One“-Cover zu „Military Fashion Show“ das leider viel zu kurze, dafür aber umso intensivere Set unter lautem Applaus beschließt. Wer möchte da bitte nicht zu seiner Andersartigkeit stehen?

Mainstage, 14.50 Uhr - Samsas Traum:

Vor der Mainstage ist es mittlerweile richtig voll geworden und das selbstverständlich nicht ohne Grund, denn mit „Samsas Traum“ steht jetzt nicht nur ein musikalischer Hochkaräter auf dem Programm, sondern zudem eine echte Ikone der schwarzen Szene und weit darüber hinaus. Nach dem letzten Gastspiel im Jahr 2015 auf den regnerischen Wiesen vor der gigantischen Lanxess Arena, wurden immer wieder vermehrt Wünsche der Besucher laut, das Projekt um Frontmann und Mastermind Alexander Kaschte endlich wiedersehen zu wollen. Dazu gibt es neben oben genannten Aspekten auch allen Grund, denn vor gar nicht allzu langer Zeit ist mit „Scheiden Tut Weh“ ein neues Album aus den Archiven erschienen, welches durch engagiertes Crowdfunding der treuen Fanbase endlich in formvollendeter Studio-Qualität realisiert werden konnte und demnach heute Nachmittag live aufgeführt werden soll. Für den Beginn werden mit „Ich Sehe Die Sterne Bei Tag“ und „Für Immer“ jedoch zuerst zwei bekannte Klassiker reaktiviert. Im Rahmen eines vergleichsweise doch recht knapp bemessenen Festival-Sets eine sehr gute Entscheidung, die schnell dazu führt, auch jene Besucher zu erreichen, die mit dem aktuellsten Material noch nicht vertraut sind. „Dein Bleicher Wolf“ ist so ein Stück und wird ebenso wohlwollend angenommen, wie danach das gnadenlos walzende „Schlaf In Den Flammen“. Kein Zweifel: Es ist die perfekte Mischung aus Alt und Neu, die ganz nebenbei noch verdeutlicht, dass die Band mit frischen Songs ihren hohen Standard hält, die sich nicht vor den Großtaten vergangener Tage zu verstecken brauchen. „Vielen herzlichen Dank! Wie ich vorhin bei der Autogrammstunde schon mitbekommen habe, haben auch einige Leute aus dem slawischen Kulturkreis den weiten Weg nach Köln auf sich genommen, um uns hier zu sehen. Dankeschön dafür!“, richtet Kaschte zur kurzen Begrüßung einige Worte an das begeisterte Publikum und gönnt sich keine Pause, denn schon mit „Igel In Nebel“ und den kultigen „Stromausfall Im Herzspital“ geht es direkt weiter. „Woher kommt ihr eigentlich?“, erkundigt er sich danach bei den Fans und lädt anschließend alle gemeinsam zu einer rasanten Fahrt zur „Endstation.Eden“ ein. Mit Schlagzeuger Michael „Cain“ Beck, Bassist Matthias Fischer, sowie den beiden Gitarristen Evgeniy Bordo und Andrew Ongley hat der Traum eine ungemein starke Besetzung im Rücken, welche die abwechslungsreich ausgefeilten Stücke hervorragend und druckvoll zu instrumentieren weiß. Dass der amüsante, teils recht eigenwillige Humor von Kaschte auch heute alles andere als zu kurz kommt, beweisen die arg sarkastischen Ansagen, etwa wenn der Sänger seine Fans gegen Ende des Sets scherzend dazu auffordert, „sich in den Rhein zu verpissen“ oder zu „Ein Foetus Wie Du“ anstelle der berüchtigten Wall of Death eine sogenannte „Wall of Goth“ zu veranstalten. Die meisten Gäste können darüber lachen und sind sich auch nicht zu fein, der spaßigen Aufforderung nachzukommen, die üblichen Zugabe-Forderungen durch ein schmissiges „Ohne Kugel geh‘n wir nicht ins Bett!“ zu ersetzen. So soll’s geschehen: Mit dem „Weena Morloch“-Cover von „Kugel Im Gesichr (9 mm) vergeht die Show nach rund fünfzig Minuten schlussendlich wie im Fluge und lässt einzig und allein die Frage aufkommen, warum dieser Ausnahme-Formation nicht endlich mehr der redlich verdienten Spielzeit auf einem deutlich später gelegten Slot zugestanden wird. Es lebe der Traum!

Mainstage, 16.10 Uhr - Hocico:

In der schier brütenden Nachmittagshitze steht auch schon das nächste Highlight für die tanzwütige Fraktion auf dem Programm, welches sich hier ganz sicher nahezu kein Gast entgehen lassen will, der auch nur entfernt etwas mit elektronischer Musik der härteren Gangart anzufangen weiß: „Hocico“. Demnach ist es auch alles andere als verwunderlich, dass der Platz vor der Mainstage spätestens jetzt erheblich knapp wird und sich die Menge an vorfreudigen Gästen vor ebendieser nur so anstaut. Die vorderen Reihen werden jetzt immer dichter und die ohnehin schon spärliche Luft beängstigend dünn. Die beiden Mexikaner, die einst 1993 ihr ambitioniertes Projekt als „Hocico de Perro“ starteten, dürften etwaige Temperaturen jedenfalls gewohnt sein. Anders ist ihre schier unbändige Energie wohl nicht zu erklären... Alle Blicke sind jetzt gebannt auf die Bühne gerichtet, die im Vergleich zu manch vorherigen Show-Cases eher schlicht hergerichtet worden ist. Im Hintergrund hängen zwei längliche Banner mit dem aufgedruckten Band-Logo, der sechsbeinigen Spinne, herab. Am vorderen Rand schraubt sich ein mit zahlreichen Totenschädeln verziertes Mikrofonstativ eindrucksvoll in die Höhe. Punktgenau zur angegebenen Zeit betritt Keyboarder Oscar „Racso Agroyam“ Mayorga die Bretter und löst auf den Tasten ein finsteres Klangspiel aus, bis nur wenig später Frontmann Erik „Erk Aicrag“ Garcia zum wuchtigen Opener „Dark Sunday“ mit ausgebreiteten Armen im Zentrum erscheint. Gekleidet in eine martialisch anmutende Rüstung aus allerhand daran baumelnden Fetzen und Knochen, zögert der gewohnt quirlige Sänger keine einzige Sekunde und legt sofort los. Der übermächtige Sound ist druckvoll und satt, die rasend schnellen Beats und hämmernden Bässe dröhnen erbarmungslos aus der Anlage und fliegen dem euphorischen Publikum sowohl zu beliebten Songs aktuelleren Datums, wie beispielsweise „Sex Sick“ oder „No One Gets Out Alive“ nur so um die Ohren. Aber auch beliebte Hits und alte Bekannte sollen heute keinesfalls zu kurz kommen und so wird das ausgereizte Gaspedal beim unverzichtbaren „Bite Me!“ oder der temporeichen Aggrotech-Walze „I Abomination“ weiterhin kräftig durchgedrückt. Dass sich einige besonders treue Fans einen schweißtreibenden Pogo-Pit oder gar Crowdsurfing nicht nehmen lassen, erklärt sich da praktisch von allein... Sehr zum Leidwesen der Security im Graben zwischen Infield und Bühne, die jetzt alle Hände voll damit zutun haben, wieder etwas Ruhe in die Situation zu bringen. Das ebenfalls neue „Psychonaut“ und „Poltergeist“ schaffen in dieser Angelegenheit natürlich nur wenig Abhilfe und peitschen die von den harschen Klängen hypnotisierte Masse mehr und mehr zu Höchstleistungen an. Auch Aicrag selbst ist voll in seinem Element, ja, kaum zu Halten und wirbelt wie ein Derwisch tobend über die Bühne. Gerade, als scheinbar alles zu eskalieren droht, findet das Set mit „Dead Trust“ und dem grandiosen Klassiker „Forgotten Tears“ sein triumphales Finale, in dessen letzten Sekunden der Sänger vor dem applaudierenden Publikum niederkniet und abschließend ein paar Worte an seine Fans richtet. „Dankeschön! Wie ihr vielleicht schon wisst, haben wir gestern unser neues Album veröffentlicht. Ich hoffe, dass der Eine oder Andere von euch sich ein Exemplar mitnimmt. Wir sehen euch dann später, um zusammen zu feiern. Tausend Dank!“. Dass anschließend vermutlich nicht gerade wenige Gäste entsprechendem Wunsch nur allzu gerne nachkommen, dürfte wohl klar sein - ¡Muchas gracias!

Mainstage, 17.35 Uhr - Lord Of The Lost:

Noch immer von den treibenden Beats der beiden Mexikaner aufgeheizt, gönne ich mir nun erstmal wieder ein kleines Getränk zur Abkühlung. Allzu weit möchte ich mich allerdings nicht mehr von der Hauptbühne entfernen, denn auf dieser finden bereits die regen Umbauarbeiten für den nächsten Act an. Es geht hier also fortan Schlag auf Schlag weiter im Programm und das muss es tatsächlich auch, denn noch ist der erste Tag längst nicht vorüber. Nach den vermehrt elektronischen Klängen von „Hocico“, ist jetzt aber erst einmal wieder handgemachte Dark Rock-Musik am Zug und wer wäre für diese anspruchsvolle Aufgabe wohl besser geeignet, als die fünf Hamburger von „Lord Of The Lost“. Vermutlich so gut wie keine andere Band, wenn man nach den bloßen Besucherzahlen vor der Mainstage geht, denn merklich leerer ist es zwischenzeitlich nicht geworden, im Gegenteil. Die Vorfreude kann auch Dr. Mark Benecke nicht ansatzweise zurückhalten, der die beliebten Hanseaten höchstselbst ankündigt, bevor die Mannen um Sänger Chris Harms ihr Set mit dem brutal scheppernden „On This Rock I Will Build My Church“ vom aktuellen Studioalbum „Thornstar“ eröffnen und damit sogleich reichlich metallische Energie entfesseln. Köln dankt es den Lords und feiert vom ersten Ton an stimmgewaltig mit. Dem stringenten Konzept der konzeptionell angelegten Veröffentlichung ist es auch zu verdanken, dass mit den melancholischen powernden „Loreley“, „Morgana“ und „Black Halo“ gleich drei weitere, aktuelle Stücke in direkter Abfolge folgen, die allesamt das ungemein hohe Facettenreichtum von „Lord Of The Lost“ aufzuzeigen wissen. Erst danach widmet man sich mit dem temporeichen „Drag Me To Hell“ und der gefühlvollen Halb-Ballade „Prison“ zwei echten Klassikern aus der Vergangenheit. An bekannten Hits und schwarzen Gassenhauern mangelt es dem beliebten Quintett sicher nicht, gefühlt ist hier nämlich jeder einzelne Song ein solcher, wenn man nach den zurecht überschwänglichen Reaktionen der tobenden Fans geht. Die jährlich steigende Gunst beim Festival-Publikum kommt immerhin nicht von ungefähr, sondern ist nur das logische Ergebnis der über lange Zeit geleisteten Arbeit, die spätestens seit dem brillanten „From The Flame Into The Fire“ allerorts dankend belohnt wird. Sehr viel dazu beigetragen haben, dürfte neben selbst international gefeierten Songs, wie „Six Feet Underground“ oder „Blood For Blood“, auch das stets bodenständige und zugegeben etwas unberechenbar-verrückte Auftreten der Musiker selbst, die sich sowohl rein optisch als auch musikalisch glücklicherweise niemals in eine der farblosem Genre-Schublade haben einordnen lassen. Erlaubt ist, was gefällt und so zählt Harms neben „Lady Gaga“ etwa auch „Roxette“ zu seinen uneingeschränkten Inspirationen. Kunst, wie sie sein sollte. Da irritieren die wieder einmal sehr fantasievoll gestalteten Bühnen-Outfits kaum noch, wenngleich Gerrit „Gared Dirge“ Heinemann in seinem bunten Putzfrauen-Dress trotzdem einige ungläubige Blicke erntet. Kurz vor Schluss fahren die fünf Dark Rocker dann nochmal richtig fett auf und laden ihr Publikum erst in die „Doomsday Disco“ ein, bis es kurz darauf „Die Tomorrow“ für Köln heißt. Wer sich bis vor kurzem nicht schon in die mitreißende Musik hat fallen lassen, singt, tanzt und springt spätestens jetzt begeistert im Rhythmus mit und lässt den Hitze-Pegel beim exotischen Closer „La Bomba“ dann so richtig ausschlagen. Der Tanzbrunnen macht ordentlich Party und auch, wenn das hymnische „Credo“ aufgrund des knappen Zeitplans heute nicht im Set vertreten war, so spiegelt dessen Refrain das allgegenwärtige Gefühl in der Domstadt doch klar und deutlich wieder: „We give our hearts to the lord of the lost!“... Word.

Mainstage, 19.05 Uhr - Blutengel:

Ehe man sich versieht, neigt sich der erste Festival-Tag auch schon langsam dem Ende entgegen und so ist es auch schon an der Zeit für den Co-Headliner des jungen Abends. Zwar hatte ich mich ursprünglich eigentlich für „Haujobb“ im Theater entschieden, da vor den dortigen Pforten momentan allerdings der berüchtigte Einlass-Stopp herrscht und ich daher absolut nicht abschätzen kann, wie viel ich denn nun noch vom Electro-Projekt um Daniel Myer mitbekommen würde, geht es für mich eben wieder zurück zur Mainstage, vor der es abermals richtig voll geworden ist. Kein Wunder, immerhin hat die nächste Band seit jeher mindestens so viele glühende Fans, wie auch tadelnde Kritiker. Nicht ganz unberechtigt, denn die umstrittenen „Blutengel“ spielen in ihrer Ästhetik nur allzu gerne mit äußerst plakativen Klischees der Szene. Darüber hinaus brachte der enorm eingängige, gern als „schwarzer Schlager“ titulierte Sound dem illustren Geschwader um Sänger und Mastermind Chris Pohl schon oft gehässige Kommentare und blanken Hohn ein. Wie dem auch sei, der scheinbar niemals abreißen wollende Erfolg zeugt in jedem Fall nicht nur von geschäftstüchtigem Kalkül allein, sondern auch von viel harter Arbeit und einer passionierten Anhängerschaft. Jene harrt teilweise schon seit langen Stunden tapfer im Infield aus, um möglichst nahe am Geschehen zu sein. Kurz nach 19.00 Uhr soll endlich die Erlösung nahen, als eine tiefgestimmte Kirchenorgel und sakrale Chöre die Ankunft der Engel aus der Hauptstadt verheißen und vier Tänzerinnen in kuttenartigen Roben mit gefalteten Händen am vorderen Bühnenrand niederknien. Auf dem Backdrop im Hintergrund zeigt sich mystisch der Vollmond hinter dunklen Wolken, die Seiten werden von jeweils einer großen Videoleinwand ausgefüllt. Unter frenetischem Beifall nimmt nun auch das deutlich gestutzte Line-Up des Live-Ensembles, welches lediglich noch aus Schlagzeuger Michael „Silvestri“ Merkert und Gitarrist Tom Stöwer besteht, seine Plätze an den Instrumenten ein, bis schließlich auch Ulrike Goldmann und Chris Pohl zum epochalen Opener „Morningstar“ ins Scheinwerferlicht treten. Dass man sich heute vornehmlich auf das Material des erst kürzlich veröffentlichten Studioalbums „Un:Gott“ konzentrieren will, macht man sogleich mit zwei weiteren, neuen Songs in Folge klar: „Into The Void“ und „Teufelswerk“ treiben die ohnehin schon gute Stimmung mit der bewährten Mischung aus melodiösem Pop und schwarzer Symbolik weiterhin nach oben, ehe es mit „Engelsblut“ dann einen ersten Klassiker zu hören gibt. Auch von den gelegentlich aufkommenden Sound-Problemen lassen sich „Blutengel“ nicht beirren und unterhalten ihre Fans stattdessen lieber mit spaßigen Ansagen, etwa wenn Pohl sich ob des schnell vorübergezogenen Wolkenbruchs augenzwinkernd den Slogan „die sonnigste Band der Szene“ patentieren lassen möchte. Ansonsten bleibt die gebotene Show verhältnismäßig puristisch und setzt zumeist verstärkt auf die gezeigten Bilder auf den zwei Screens. Nur bei manchen Stücken, wie „I‘m Alive“ oder „Vampire“, gibt es zudem visuelle Unterstützung durch die vier Animateurinnen, welche die Musik mit thematisch passenden Kostümen und kleinen Choreografien begleiten. Es gibt also vor allem viel bereits Bekanntes zu sehen, was aber insbesondere die treuen Fans nicht im Geringsten zu stören scheint, die zu den ohrwurmigen Klängen nun allesamt euphorisch singen und tanzen. Ein gewisser Unterhaltungsfaktor ist dem schwarz-bunten Treiben auf der Mainstage allerdings auch nicht abzusprechen. Zum wütend stampfenden Titeltrack des letzten Longplayers „Leitbild“ darf dann im Kollektiv ein lautstarkes „Nein!“ skandiert und beim Club-Hit „You Walk Away“ angeregt getanzt werden, bis mit dem unentbehrlichen Klassiker „Reich Mir Die Hand“ und rhythmisch geschwungenen Fahnen das Set nach rund einer Stunde schließlich bei bestem Wetter sein umjubeltes Ende findet.

Mainstage, 20.40 Uhr - Nitzer Ebb:

Während der angenehm laue Sommerabend nach fast zehn Stunden voller Entertainment und Musik nun langsam seinen vielfach herbeigesehnten Einzug über Köln hält, versammelt sich das motivierte Amphi-Publikum noch ein letztes Mal an diesem Tag entweder auf der MS RheinEnergie, im Theater oder vor der großen Mainstage. Für viel Abwechslung wurde in jedem Fall reichlich gesorgt und so ist mit „L’Âme Immortelle“ und „Unzucht“ auch für jene Geschmäcker ganz bestimmt etwas dabei, die sich nicht den harten, elektronischen Klängen auf der Hauptbühne hingeben möchten. Auch wenn ich persönlich zugeben muss, dass ich die entsprechenden Bands ebenfalls sehr gern gesehen hätte, so muss man doch anerkennen, dass sich seitens der Veranstalter wieder einmal viele Gedanken gemacht wurden, um etwaige Überschneidungen artverwandter Acts für das Publikum möglichst ausschließen zu können. Immerhin gab es bei der Veröffentlichung der diesjährigen Running Order weitaus weniger betretenes Murren, als üblich. Sehr schön! Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass sich die allgemeine Erschöpfung des anstrengenden Tages mittlerweile in den Gesichtern vieler Gäste deutlich abzeichnet und doch hat die Lust auf den Headliner der jeweiligen Location und somit auf noch mehr Musik klar über die Müdigkeit gesiegt. Und so kündigt das Moderatoren-Team aus Jens Domgörgen, Oliver Klein und Mark Benecke nun sichtlich erfreut eine wahre Legende der 80er-Jahre an. „Es sind die Helden meiner Jugend... Habt ihr Bock auf ein paar alte Haudegen, die im November endlich wieder auf Deutschland-Tournee gehen!?“, reicht da allein schon völlig aus, um die unbändig gespannte Menge laut jubeln zu lassen. Und dazu gibt es auch einen triftigen Grund, denn die 1982 in England gegründeten „Nitzer Ebb“ gelten nicht nur als wegweisende Speerspitze für die heutige EBM-Bewegung, sondern spielen heute Abend ihre erste Festival-Show in Europa nach acht Jahren! So vermeldete es bereits im Vorjahr ein großes Plakat am Tanzbrunnen für den anlaufenden Vorverkauf. Dementsprechend hoch fällt nun die Begeisterung aus, als sich Simon Granger und David Gooday pünktlich zur vereinbarten Zeit hinter ihren Synthesizer-Pulten einfinden und erste, knarzende Sounds aus den Boxen dröhnen, bis plötzlich Drummer Bon Harris und Frontmann Douglas McCarthy zum Opener „Getting Closer“ auf die Bühne stürmen. Sofort ist die Stimmung gefühlt auf dem Siedepunkt und das erste Stück bereits ein legendärer Hit. So darf es jetzt gerne weitergehen! Das denken sich offenbar auch die vier Musiker und knüpfen mit weiteren Schwergewichten der Marke „Shame“, „Hearts And Minds“ und „Blood Money“ ohne jedwede Unterbrechung an. Eine klassische Begrüßung oder kleine Ansagen zwischen den einzelnen Songs gibt es traditionell nicht. Stattdessen setzen die Engländer auf die pure Energie ihrer schweißtreibenden Kompositionen, die sie nahtlos aneinanderreihen. Keine Sekunde wird hier verschwendet, der Fokus liegt auf der Musik allein. Der Spirit der Achtziger, für viele Besucher mit nostalgisch behafteten Erinnerungen an die wilde Sturm- und Drangzeit verknüpft, direkt ins Hier und Jetzt transferiert. Dass „Nitzer Ebb“ ihren Fans an diesem Abend nicht weniger, als vollen Körpereinsatz abverlangen wollen, machen sie mit einem Füllhorn an minimalistisch-elektrisierenden Krachern deutlich: Spätestens zu „Let Your Boy Learn“ steht mit Sicherheit kein Bein mehr still. Alles bewegt sich, alles tanzt und grölt mit, etwas weiter mittig bildet sich im Infield sogar ein größerer Pogo. Ein wogendes, schwarzes Meer - Wunderschön! Erst mit dem dreckig groovenden „Lightning Man“ nimmt man dem Set etwas an Fahrt und bewegt sich fortan auch bei „Ascend“ oder „Come Alive“ weiter im Mid-Tempo, bei denen der Sänger sein markantes Organ voll ausspielen kann. Ausreichend tanzbar und rhythmisch ist das Material im mittleren Teil natürlich dennoch, auch wenn sich manch ein Gast hier sicher noch etwas schnellere Nummern gewünscht hätte. Jenem unstillbaren Verlangen kommen die vier Mannen dann spätestens ab „Join In The Chant“ wieder nach, zu dem Harris und McCarthy nur so über die Bretter hechten und sich voll verausgaben. Der Tanzbrunnen tut es dem Duo gleich und stimmt aus voller Kehle in den kritischen Chor mit ein: „Gold, Church, Guns, Fire!“. Das besungene Feuer ist wieder entfacht und setzt einen Flächenbrand der puren Eskalation frei, der mit „Control I‘m Here“ und „Murderous“ vorerst sein jähes Ende finden soll. Eine Zugabe gibt es selbstverständlich aber noch und was für eine! Zum ersten Mal nach zweiunddreißig Jahren präsentiert Gooday das wütende „Alarm“ gesanglich live und auch der anschließende Closer „Fitness To Purpose“ hat es nochmal so richtig in sich. „Vielen Dank!“, nickt McCarthy knapp und stellt die anderen Mitglieder dem Publikum vor. „Wir sind ab November wieder auf Tour hier in Deutschland, da gibt’s dann noch mehr alte Songs zu hören. Dankeschön, es ist uns immer wieder eine Freude.“, bedankt er sich höflich im Namen der ganzen Band, bevor diese endgültig die Mainstage verlässt und die jubelnden Zuschauer nach einer rund siebzig Minuten langen Oldschool-EBM-Party schließlich in die angebrochene Nacht entlässt.

Impressionen:

Marcel Kahner - MK_Concert_Photos

https://www.mk-concert-photos.de

https://www.facebook.com/MKConcertPhotos/

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