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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Amphi Festival - Tag II - Tanzbrunnen, Köln - 21.07.2019


Veranstaltungsort:

Stadt: Köln, Deutschland

Location: Tanzbrunnen

Kapazität: ca. 12.000

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Nein

Homepage: http://www.amphi-festival.de

Samstag, 20.07.2019 - Amphi Festival Tag II:

Mainstage, 11.00 Uhr - Hell Boulevard:

Amphi Festival 2019, die Zweite! Der Auftakt des zweiten Tages gebührt einer jungen Band, die seit geraumer Zeit kaum mehr aus der schwarzen Szene wegzudenken ist: „Hell Boulevard“. Wenig verwunderlich, immerhin verdingten sich die bei NoCut Entertainment unter Vertrag stehenden Schweizer just als Support-Act von namhaften Bands, wie etwa „Mono Inc.“ oder „Lord Of The Lost“ auf deren beider vergangenen Tourneen und haben mit ihrem aktuellen Album „In Black We Trust“ starkes Material im Gepäck. Das energiegeladen rockende „As Above So Below“ heizt den müden Gliedern an diesem frühen Morgen auch schon direkt ein, danach geht es mit dem krachenden „Satan In Wonderland“ und „Bitch Next Door“ gleich weiter. Die vier Musiker aus Schlagzeuger Dee Dammers, Bassist A.Ve, Gitarrist Von Marengo und Sänger vDiva, die allesamt unter Pseudonymen auftreten, spielen recht eingängigen Dark Rock mit teils exzentrischen Glam-Elementen. „Goth‘n‘Roll“, wie das junge Quartett seine eigens kreierte Sparte passend nennt. Tatsächlich liegt ein bisschen 80er-Feeling in der Luft, wenn moderne Metal-Einflüsse kurzweilig auf kultige Trash-Vibes treffen, so auch beim charmant präsentierten „Love Is Dead“ oder der überraschenden Britney Spears-Adaption von „Baby One More Time“, die gerade durch ihren hohen Klischee-Faktor jetzt vielerorts die Stimmung weiter anhebt. Da kommt ein trotziges „Zero Fucks Given“, samt der launigen Forderung nach erhobenen Mittelfingern, „My Dead Valentine“ oder auch der hymnenhafte Titeltrack schon klassischer und weitaus bekömmlicher daher. Allgemein wirken „Hell Boulevard“ spätestens seit der letzten Support-Tour mit Chris Harms und Co. nun um einiges sicherer und routinierter, als noch einige Monate zuvor, was sich auch heute wieder an den Reaktionen des Publikums abzeichnet, das definitiv seinen Spaß mit der rundum soliden Show hatte. Erste eigene Fans bringen die Schweizer ohnehin bereits mit, wie die Textsicherheit mancher Gäste bewies und es ist kein Zweifel daran, dass an diesem Morgen einige Weitere dazugekommen sind. So darf‘s doch gerne weitergehen, oder?

Mainstage, 12.10 Uhr - Ost+Front:

Fleisch am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen! Das könnte man wohl zumindest meinen, wenn man die ungemein hohe Besucherzahl vor der Mainstage zu dieser noch recht frühen Stunde in Augenschein nimmt. Das bemerkt auch Dr. Mark Benecke, der bei seiner Moderation auf den großen, vor dem Mikrofonstativ positionierten Scheinwerfer voller Blutspuren als „gutes Vorzeichen“ verweist und den Wunsch der Band kundtut, die Show auch via Social Media zu verbreiten. „Trotz einem Kreuz im Namen sind sie keine christliche Band... Es gibt auch ein paar echt interessante Kooperationen mit zwei Bands, die hier gestern schon gespielt haben. Zum Beispiel einen Remix von „Blutengel“ oder auch eine Zusammenarbeit mit „Hocico“. Für heute gibt’s keine Wetterschwierigkeiten, es bleibt sonnig. Liebe Besucher und schwarze Seelen, egal ob fröhlich, traurig, groß oder klein, dick oder dünn: Hier kommen, das ist übrigens die Meinung der Band, die Könige des schlechten Geschmacks!“, verkündet er zwinkernd und überlässt das Feld von nun an den Berliner Skandal-Rockern von „Ost+Front“. Die Fans jubeln, als Keyboarderin Eva Edelweiss die Mainstage mit einer Krücke betritt, in ihren Händen ein kleines Holzschild mit der Aufschrift „Ich bin hier unfreiwillig!“. Das begeisterte Publikum ist hier hingegen wohl alles andere als unfreiwillig, denn anders ist es nicht zu erklären, welch herzlichen Empfang man Schlagzeuger Fritz Knacker, Bassist Wilhelm Rotlauf, sowie den beiden Gitarristen Otto Schmalzmann und Siegfried Helm in den folgenden Sekunden bereitet. Spätestens, als Mastermind Patrick „Herrmann Ostfront“ Lange zum energiereichen Opener „Adrenalin“, dem Titeltrack des aktuellen und insgesamt vierten Studioalbums, in einen dunklen Ledermantel gehüllt hinzutritt, kennt Köln absolut keinerlei Halten mehr und feiert ausgelassen die anrüchige „Fiesta De Sexo“, welche Edelweiss und Lange wie gewohnt im Duett darbieten. Leider ist die Technik während dieser ersten beiden Songs nicht aufseiten der sechs Hauptstädter und so ist vom tiefen Gesang zunächst nicht viel zu hören. Zur Jubiläumshymne „10 Jahre Ost+Front“ scheint das temporäre Problem zum Glück aber wieder in den Griff bekommen worden zu sein und so grölen alle voller Innbrunst mit, um die Verbundenheit von Band und Fans gebührend zu unterstreichen. Der stetig ansteigende Erfolg gibt den Musikern recht: Zahlreiche Besucher tragen auch heute wieder die passenden Shirts, sind ungemein textsicher und mit dem neuen Material augenscheinlich ebenso sehr vertraut, wie mit älteren Klassikern. So darf sich „Ost+Front“ beispielsweise beim blutrünstigen Horror-Epos nach einer wahren Begebenheit, genannt „Denkelied“, das von Schmalzmann stilecht in Metzgerschürze und Hackebeil visuell unterstützt wird, etwa im Refrain über einen großen Zuschauer-Chor freuen, der sich dann beim punkigen „Bruderherz“ nur umso mehr fortsetzt. Zu „Freundschaft“ bekommen die sechs Frontler abermals Unterstützung durch Alternative-Model Melody Aurora, die im Latex-Outfit vor dem ersten Wellenbrecher das hier besungene, „gelbe Gift“ aus einem Katheter an durstige Kehlen verteilt, bei „Ich Liebe Es“ wird Edelweiss hingegen traditionell nach allen Regel der Kunst vom Band-Oberhaupt gedemütigt und malträtiert. Das zynische „Mensch“ und das poppig-harte „Heavy Metal“ führen danach leider schon zur Zielgeraden, die mit dem finalen Hit „Bitte Schlag Mich“ und vielen schwarzen Ballons im Infield schließlich übertreten wird, wie auch an diesem Mittag so manche Grenze des guten Geschmacks... „Ost+Front“ haben also mal wieder nicht zu viel versprochen!

Mainstage, 13.25 Uhr - The Beauty Of Gemina:

Irgendwann gerät wohl jeder Festivalbesucher einmal an den unausweichlichen Punkt, an dem er vor einer Entscheidung zwischen zwei Bands steht, die beide parallel spielen. In meinem Fall sind es jetzt sogar gleich drei Künstler, also das berühmte Worst-Case-Szenario schlechthin. „The Beauty of Gemina“, die ich schon lange nicht mehr live gesehen habe und sehr schätze, werden schon in wenigen Minuten die Hauptbühne bespielen, doch schon knapp zwanzig Minuten später lädt auch die MS RheinEnergie mit dem ambitionierten Projekt von Martin Sane, „Fïx8:Sëd8“, an Deck ein. Ganz egal, für welchen Act ich mich auch entscheiden werde, pünktlich zum Einlass im Theater für den Gig von „Schattenmann“ werde ich’s wohl sowieso nicht mehr schaffen. Die Wahl fällt also schließlich auf das 2006 ins Leben gerufene Projekt um Michael Sele auf der Mainstage. Die Schweizer, die seit jeher organischen Dark Rock mit dezenten Wave Elementen authentisch miteinander verweben, geben ihre nunmehr dritte Show beim Amphi Festival und haben mit dem im letzten Jahr veröffentlichten „Flying With The Owls“ sogar ein neues Studioalbum am Start. Die Vorzeichen auf eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Show stehen demnach sehr gut und so ist es praktisch selbsterklärend, dass sich mittlerweile einige tausend Gäste versammelt haben. Mit „End“ vom vorletzten Release „Minor Sun“ geht es dann auch schon pünktlich los, gefolgt vom gefeierten „All Those Days“ und „This Time“. Der Sound, welcher anfangs leider noch etwas dumpf im Infield nachhallte, wurde von der Technik unterdessen auch in den Griff bekommen und bessert sich scheinbar mit jedem weiteren Stück immer mehr auf. Das kommt natürlich auch der allgemeinen Stimmung im Publikum sehr zugute, die jetzt ebenfalls unaufhörlich zu steigen beginnt. Egal, ob andächtiges Schweigen und Lauschen bei „Bitter Sweet Good-Bye“ und „Last Night Home“ oder verzückte Ausdruckstänze und sinnliches Wogen zu „Hunters“ oder „Rumours“: Schlagzeuger Mac Vinzens, Bassist Markus Stauffacher und Gitarrist Ariel Rossi wissen wie eh und je darum, eine dichte Klangkulisse in formvollendeter Perfektion zu erschaffen. Die charismatisch geerdete Ausstrahlung und markante Stimme von Sele tun ihr Übriges dazu. Wer Freude an den musikalischen Ursprüngen der Szene mit angenehm moderner Note hat und die Werke von „Nick Cave and the Bad Seeds“, „Joy Division“ oder „The Cure“ schätzt, wird mit Sicherheit auch hier fündig. Dass „The Beauty of Gemina“ zwischen all der elektronischen Grundausrichtung auf der Mainstage hervorstechen und mit ihrer handgemachten, melancholisch behafteten Attitüde heute ganz klar einen Nerv treffen, ist nicht zu leugnen, wie das beliebte „The Lonesome Death Of A Goth DJ“ oder der schwelgerische Closer „Endless Time To See“ unmissverständlich unterstreichen. Etwas seltsam ist dabei nur, dass man sich ausnahmslos auf älteres Material berief und die aktuellen Songs komplett außen vor ließ. Das Amphi-Publikum jedenfalls geht sichtlich beschwingt aus dem rund vierzig Minuten langen Set hervor und applaudiert den vier Schweizern verdient. Die Vielfalt kommt also wieder keineswegs zu kurz, schwarz ist sowieso bunt genug!

Theater, 14.05 Uhr - Holygram:

Keine Pause... Weiter geht’s. Und zwar wieder in Richtung des Haupteingangs zurück und kurz davor über die kleine Abzweigung zum Theater, in dem gerade die letzten Töne von „Schattenmann“ verklungen sind. Die emsigen Umbauarbeiten haben schon begonnen, denn in Kürze steht der Auftritt von „Holygram“ an, die nun von vielen Gästen schon erwartet werden. In jedem Fall ist sicher, dass die Show auch für die fünf jungen Musiker selbst eine ganz Besondere wird, immerhin ist heute Heimspiel angesagt. Die Kölner, die im Herbst 2016 erstmals mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP auf sich aufmerksam machten, gastierten zuletzt vor zwei Jahren auf dem Amphi Festival. Damals noch als absoluter Geheimtipp und Opening-Act im Theater, heute bereits mit einem weitaus später angesetzten Slot und somit auch vor einem deutlich volleren Haus. Der verdient hohe Zuspruch kommt nicht von ungefähr, denn das letztjährig veröffentlichte Studioalbum „Modern Cults“ konnte mit seinen insgesamt elf Song voll überzeugen und den Qualitätsstandard mühelos halten. Jenem ist es auch zu verdanken, dass der große Raum vor der Bühne nicht mehr länger nur mit Interessenten, sondern teils eingefleischten Fans gefüllt ist, die mit der „Music for the lost“ weitestgehend vertraut scheinen, was sich schon beim eröffnenden „Into The Void“ oder dem Titeltrack schön bemerkbar macht. Der unterhaltsame Gig hat in seiner schlichten, doch wirkungsvollen Inszenierung zeitweise gar etwas Surreales an sich, wenn sich das spielfreudige Quartett zu „A Faction“ oder „Signals“ gedankenverloren im fahlen Lichterschein hinter dichten Nebelwolken verbirgt. Der Sound ist am ehesten als Post-Punk und Wave zu definieren, jedoch ohne angestaubt zu wirken oder eine klischeebeladene Kopie zu sein. Irgendwie so, als wären die kultigen 80er plötzlich ins Hier und Jetzt katapultiert worden. Einzig das abstrakte Instrumental „Dead Channel Skies“ fällt hier ein wenig aus dem Raster, doch schon „Daria“, „Still There“ und insbesondre „She‘s Like The Sun“ lenken danach wieder in gewohnte Bahnen ein, bis es mit dem abschließenden „Distant Light“ gar einen echten Krautrock-Hammer der Sonderklasse gibt. Der Applaus fällt dementsprechend aus und so dürfte einer weiteren Buchung für eines der nächsten Festivals wohl nichts mehr im Wege stehen... Dann vielleicht ja auf der Mainstage? Zu wünschen wäre es den sympathischen Rheinländern allemal!

Mainstage, 14.50 Uhr - Faderhead:

Etwa gegen frühen Nachmittag soll es an diesem Sonntag dann erstmals wieder elektronischer auf der Mainstage zugehen... Und bei diesem Angebot können wohl so ziemlich alle Fans synthetischer Klänge nicht ablehnen, denn mit dem norddeutschen Erfolgsprojekt namens „Faderhead“ sind tanzbare Songs und allerbeste Stimmung immer garantiert! So zerlegte der Hamburger mit dem markigen Irokesen etwa zuletzt vor drei Jahren die „Orbit“-Stage auf der MS RheinEnergie vor einer schlicht begeisterten Masse. Die Live-Qualitäten scheinen sich seitdem erheblich unter den Gästen rumgesprochen zu haben, denn der ohnehin stetig wachsende Bekannt- und Beliebtheitsgrad des einstigen Solo-Acts ist seitdem rapide angestiegen. Anders sind die zahlreichen, gut gefüllten Club-Shows oder das volle Infield heute nicht zu erklären, sodass man glatt meinen könnte, der Headliner stünde schon bevor. Absolut verdient. Demnach war es von Seiten des Veranstalters wohl die beste Entscheidung, das Show-Case auf die große Hauptbühne zu legen, sodass auch wirklich alle dabei sein können, die es wollen. Schon als zum eröffnenden „Night Physics“, dem Titeltrack des aktuellen Studioalbums aus 2017, die dreiköpfige Crew hinter die Turntables tritt, erreicht der Lautstärkepegel vor der Mainstage einen neuen Tagesrekord. Als dann noch Sami Mark Yahya selbst auf die Bretter stürmt, brechen alle Dämme. „Moin, Amphi!“, lächelt der Sänger, der sich vor einigen Jahren vollständig von seinem stereotypen Image befreit hat, bescheiden. Ohne Sonnenbrille und prolliges Gehabe, dafür aber geerdet, sympathisch und mit ganz viel Authentizität. Die einschneidende Wandlung steht ihm gut zu Gesicht, wie auch die überschwänglich positiven Reaktionen der Fans zeigen. „Einen wunderschönen guten Tag! Ich bin „Faderhead“. Wir haben gutes Wetter, es sind viele Leute da... Ich hoffe, wir haben jetzt ein bisschen Spaß zusammen, okay? Der nächste Song ist über uns alle!“, leitet er dann zum hymnenhaften „Generation Black“ über. Das pulsierende Lebensgefühl tausender Besucher in einem Song zusammengefasst. Klar, dass da kein Bein auf dem Boden bleibt. „Das nächste Stück ist auch vom aktuellen Album... Wobei, ganz so aktuell ist’s auch wieder nicht, das ist jetzt mittlerweile zwei Jahre alt!“, lacht Yahya und powert mit dem emotionalen Dancefloor-Kracher „Know Your Darkness“ direkt los, doch soll es heute längst nicht nur bei bereits Bekanntem bleiben. Man wolle auch Neues vom kommenden Album spielen, das bereits in drei Monaten erscheint, so heißt es. Es sei „etwas für die Hüften“ und wer keine Hüften habe, solle doch einfach stattdessen seine Fäuste benutzen: „The Other Side Of Doom“ ist ein dunkler Stampfer allererster Güte und reißt nicht weniger schnell mit, als auch der aggressive Dampfhammer „Destroy Improve Rebuild“. Erst mit dem balladesken „Them Skinny Witches“ wird es wieder ruhiger, zu dem der Sänger sich auf einer der Boxen niederlasst. Lange hält es ihn jedoch nicht auf der improvisierten Sitzgelegenheit, denn die elektrisierend pumpende „Sick City“ lädt zum Besuch. „Wach werden!“, lautet die unmissverständliche Devise und die Menge folgt ohne das kleinste Zögern. Keine Frage, „Faderhead“ hat das Publikum voll und ganz im Griff, so auch beim ebenfalls neuen „From His Broken Bones“ und der spaßeshalber als „softe, kleine Ballade“ titulierten Dampfwalze „No Gods, No Flags, No Bullshit“. Dass der bekannte Über-Hit „TZDV“, der das Set nach energiegeladenen fünfzig Minuten beschließt, auch heute wieder nicht fehlen darf, ist da nur selbstverständlich. Also, unbedingt vormerken: Bereits kommenden Herbst erscheint das durch eine äußerst erfolgreiche Kickstarter-Kampagne finanzierte „Asteria“. Wer den Amphi-Gig leider verpasst hat, aber auch mal unbedingt live dabei sein möchte, hat beispielsweise schon am 04.10.2018 im Kulttempel Oberhausen die baldige Gelegenheit dazu. Nicht verpassen!

Mainstage, 16.10 Uhr - Welle:Erdball:

Es bleibt elektronisch... Und das auf die beste Art und Weise, die sich ein jeder Fan dieses Genres nur wünschen kann, denn mit dem berühmten Sender „Welle:Erdball“ haben sich nach vier Jahren Abstinenz ein paar echte Szene-Pioniere angekündigt! Das befindet auch Dr. Mark Benecke, der für den entsprechenden Act die einmal mehr äußerst euphorische Anmoderation übernimmt und dabei nicht nur ins Schwärmen gerät, sondern auch verrät, dass er sich die Autogramme der Band als Tattoo hat stechen lassen und die zahlreichen, bereits auf der Mainstage drapierten Schaufensterpuppen mit einem individuellen QR-Code versehen worden sind und nach der Show zugunsten des Tierschutzverbundes käuflich erworben werden können... Ein toller Schachzug, um seine Reichweite für einen guten Zweck zu nutzen! Wie schon das nostalgische Vocoder-Intro verspricht, haben sich die Minimal-Elektroniker für ihr Gastspiel wieder einmal etwas ganz Besonderes einfallen lassen und so steht dem Publikum heute eine thematische Zeitreise in die Achtzigerjahren bevor. Wie vielleicht schon vom erst kürzlich erfolgten WGT-Gig bekannt, führen mit Keyboarder „Herr c0zmo“, der Gründungsmitglied Alf „A.L.F.“ Behnsen vertritt, sowie den beiden Moderatorinnen „Miss Moonlight“, die „Lady Lila“ ersetzt und „M.A. Peel“, welche für die sich derzeit im Mutterschutz befindliche „Fräulein Venus“ einspringt und manch einem Hörer noch von der vergangenen „Vespa 50N Special“-Tournee bekannt sein dürfte, gleich drei Neuzugänge im Line-Up durchs Programm. Einzig und allein Mastermind Hannes „Honey“ Malecki ist derzeit noch von der ursprünglichen Besetzung verblieben. Ein nicht ganz unerheblicher und nur spärlich kommunizierter Fakt, der in den sozialen Medien just für einigen Aufruhr unter den Fans sorgte. Dass der ambitionierte Sender aber ausnahmslos fähige Musiker hinter den Tasten und Mikrofonen zulässt, hat er zuletzt mehr als einmal bewiesen und auch jene frischen Charaktere wohnt mächtig Potential inne, wie sich in der folgenden Stunde zeigen soll, die durch das grandiose „Kraftwerk“-Cover von „Die Roboter“ atmosphärisch stark eingeleitet wird. Mit seinen starren, maschinellen Bewegungen und regungslosen Plastikmasken vor den verhüllten Gesichtern, weiß das illustre Quartett auch visuell wieder voll zu punkten. Zum folgenden „Schaufensterpuppen“, einer weiteren Verbeugung vor der Düsseldorfer Ikone von der „Horizonterweiterungen“-EP, fällt die Fassade und lässt einen Blick auf die gespenstisch-technoiden Wesen dahinter zu. „Welle:Erdball“: Mensch oder Maschine, wer weiß das schon? Währenddessen beginnen die Crew-Mitglieder damit, unablässig weitere Exponate der eingangs erwähnten Figuren auf die Bretter zu tragen, die alsbald das sonderbare Bühnenbild bestimmen sollen. „Dankeschön! Meine Güte, sind Sie heute viele Menschen hier... Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen auf dem Amphi Festival 2019. Einen schönen guten Abend, Köln. Sie hören, „Welle:Erdball!“, begrüßt Honey das Publikum in gewohnter Manier und lässt es danach mit „Vor All Den Jahren“ etwas beschwingter zugehen, bevor zum treibenden „Rheingold“-Tribut namens „FanFanFanatisch“, hier dankend als kleine Verbeugung vor Joachim Witt und der NDW-Zeit tituliert, wieder getanzt und gepogt werden darf. Direkt im Anschluss bekommen Moonlight und Peel im äußerst stimmigen Duett ihren eigenen Auftritt im Rampenlicht und laden die Besucher ins „Kabinett“ des Doctor Caligari ein, mit „Eine Neue Zeit“ huldigt man dann dem ehemaligen Bochumer Kult-Club „Zwischenfall“ und und der dortigen Entdeckung von „Der Liederkranz“. Zugegeben, wer an diesem Nachmittag die bekannten Hits, wie „Schweben, Fliegen, Fallen“, „Wir Wollen Keine Menschen Sein“, „Starfighter F-104G“ oder „Arbeit Adelt!“ erwartet hat, wird enttäuscht, denn der Fokus liegt klar auf einem Konzept, welches sich auch im Folgenden wie ein roter Faden strikt durchs leider viel zu kurze Set zieht. Wer hingegen auch mit den Raritäten und verschollen geglaubten Perlen aus der Diskographie des Senders vertraut ist, bekommt hier ein echtes Insider-Schmankerl geboten. „So, wir sind jetzt in den Achtzigern angekommen... Schön, dass sie mit uns mitfahren. Ich weiß ja nicht, was sie damals so gemacht haben, aber ich war im Kaufhaus beim Klauen!“, grinst Honey und liefert eine Steilvorlage für die „Kleptomanie“. Ein traditioneller Applaus für ein ganz besonderes, „wundervolles Stück der Technik“, nämlich den legendären Commodore 64, der bei „Und Es Geht Ab!“ seine große Stunde feiert, darf hier natürlich ebenso wenig fehlen, wie das „Feuerwerk“ kurz vor dem Finale. „Eigentlich war es das jetzt oder wollen Sie noch Einen hören?“, lächelt der Sänger. Natürlich will das Amphi Festival noch mehr und das soll es nun auch bekommen. Eine wahre Kuriosität hat man sich mit der Interpretation des Protestlieds „Karl Der Käfer“ noch für den Schluss aufgehoben und ob man es glauben mag oder nicht: Das Publikum singt mit und feiert kräftig, wie auch Honey erstaunt bemerken muss: „Wir haben lange überlegt und wollten dieses Stück heute eigentlich gar nicht erst spielen... Dankeschön!“. Dass man leider immer genau dann aufhören muss, wenn es am Schönsten ist, wissen natürlich auch „Welle:Erdball“ und beschließen ihre Show nach einem Verweis auf die anstehende Autogrammstunde mit „Fred Vom Jupiter“, an dessen Ende hoffentlich auch die mittlerweile mit Graffiti besprühten Mannequins ein neues Zuhause gefunden haben. Vielen Dank für diese unterhaltsame Sendung!

Mainstage, 17.35 Uhr - White Lies:

Eine der wohl größten Kuriositäten innerhalb der nationalen, schwarzen Festival-Landschaft ist die häufige Diskussion über das Line-Up. Es ist wohl längst kein Geheimnis mehr, dass insbesondere bei den Headlinern im Rhythmus von zwei oder drei Jahren praktisch immer dieselben, zugkräftigen Namen das Line-Up der größeren Events anführen, was nach wie vor schlicht darin begründet liegt, dass hinsichtlich Budget und Besuchergunst nur aus einem gewissen Künstler-Pool geschöpft werden kann. So geben sich „And One“, „ASP“, „VNV Nation“ und Co. also stets wieder und wieder die Klinke in die Hand, was den harten Fan-Kern zwar freut, der allgemeinen Abwechslung jedoch nicht gerade zugute kommt. Möchte man diesem Stillstand entgegenwirken, muss hingegen auf entsprechend unbekannte oder gar Szene-fremde Acts zurückgegriffen werden, welche aber fast alle das einheitliche Problem mit sich bringen, dem Absatz nicht ausreichend zuträglich zu sein. Trotzdem zeigte sich in den letzten Jahren immer wieder eine erfreuliche Tendenz in Richtung des Unerwarteten und Außergewöhnlichen: So brachten zuletzt zum Beispiel „The Editors“ oder die viel umjubelten „Orchestral Manoeuvres In The Dark“ frischen Wind in den Tanzbrunnen. Eine Entwicklung, die sehr gerne so beibehalten werden darf und offenbar auch wird, denn mit den „White Lies“ findet sich ein weiterer Name im Running Order, der sehr stark vom üblichen Standrad abweicht. Dabei ist das 2007 in London gegründete Trio, das dem Post-Punk-Revival zugerechnet wird, beileibe kein unbeschriebenes Blatt, sondern ein internationales Schwergewicht in seinem Genre. Obwohl eine musikalische Schnittmenge zu den verschiedenen Spielarten des Gothic durchaus existiert und nicht zu leugnen ist, ist viel Skepsis präsent und das Interesse deutlich eingeschränkt, als Schlagzeuger Jack Lawrence-Brown, Live-Keyboarder Tommy Bowen, Gitarrist Charles Cave und Sänger Harry McVeigh zu „Time To Give“ von ihrem kürzlich veröffentlichten Album „Five“ die Bühne betreten. Der erste Applaus ist wohlwollend, aber hörbar verhalten. Auch das folgende „Farewell To The Fairground“ und „There Goes Our Love Again“ lockern danach leider nur bedingt auf, die plötzliche Umgewöhnung von Synth-Pop, EBM und Dark Rock fällt vielen Zuschauern schwer. Verständlich, denn der Einschnitt ist wirklich radikal: Die Engländer präsentieren sich optisch und showtechnisch sehr bodenständig, spielen Alternative Rock mit einer soften Pop-Note und elektronischem Einschlag, der größtenteils eingängig ausfällt und zunehmend vereinnahmt, wenn man sich nur darauf einlässt. „Is My Love Enough?“, „Death“, „Tokyo“ und „To Lose My Life“ unterstreichen dies nur umso mehr, sind durch ihren besonders melancholischen Touch aber auch mit dem Geschmack kompatibel und scheinen einen Nerv zu treffen. Etwa ab der Mitte des Sets scheint das Eis dann endlich gebrochen und die „White Lies“ können sich der Zuneigung vieler Gäste sicher sein. Schade, denn wer da zu früh das Infield verlassen hat, verpasst wirklich etwas. Das neue „Fire And Wings“, „Unfinished Business“ und „Bigger Than Us“ zeigen abschließend nochmal alle Stärken der drei sympathischen Musiker auf und lassen ihnen den verdienten Beifall zukommen. Kein Zweifel: Eine wirklich schöne Neuentdeckung und auflockernde Abwechslung im ansonsten schwarzen Line-Up, die mit ihrer ungemein facettenreichen Klangpalette definitiv zu begeistern und mitzureißen wusste, wenn man nur offen genug dafür war. In Zukunft gerne mehr davon!

Mainstage, 19.05 Uhr - Project Pitchfork:

Um kurz nach 19.00 Uhr steht mit den ikonischen „Project Pitchfork" auch schon der Co-Headliner am Sonntag auf dem Programm und das Amphi Festival nähert sich mit erschreckend großen Schritten seinem baldigen Ende entgegen. Doch daran möchte von den zahlreichen Besuchern zum jetzigen Zeitpunkt verständlicherweise noch niemand denken und so wartet nun alles gespannt auf die beliebten Nordlichter. Die Zeichen stehen auf Party, statt Abschied. Die Hamburger zählen seit ihrer Gründung 1989 mittlerweile zu den wohl legendärsten Vertretern des Dark Wave und sind seitdem nicht mehr aus Genre oder gar der Szene wegzudenken. Dementsprechend dicht tummeln sich jetzt die Reihen vor der Mainstage, als sowohl die beiden Keyboarder Jürgen Jansen und Dirk Scheuber als auch die Live-Schlagzeuger Christian Leonhardt und Achim Färber ihre Positionen vor der gigantischen Videoleinwand einnehmen, bis Frontmann Peter Spilles erscheint. Schon bei der Eröffnung gibt es dann gleich zwei Überraschungen, wobei sich eine davon als äußerst unerfreulich erweisen soll: Zur großen Verwunderung startet man sofort mit dem unschlagbaren Klassiker „K.N.K.A.“ voll durch. Ein Song, der viele Jahre über ausschließen zu den Zugaben im Set gehörte. Leider gibt es an diesem Tag abermals erhebliche Probleme mit der Technik und so versagen die Mikrofone vom ersten Ton an ihren Dienst. Auch der sonst so hervorragende Sound dröhnt ungemein dumpf aus den Boxen, nichts geht mehr. Sehr schade. Spilles reagiert direkt professionell und nimmt die ärgerliche Störung mit (Galgen-)Humor auf. Man würde dann eben eine Art „rhythmische Liederstunde“ machen und „auf volles Risiko gehen“, so heißt es. Zum Glück soll es danach nicht mehr allzu lange andauern, bis die Crew die argen Schwierigkeiten wieder in den Griff bekommt und es mit einem echten Füllhorn an Hits weitergeht: Das unsterbliche „Timekiller“ reiht sich gefeiert an das durch und durch vertrackte „IO“, wird von der melancholischen Power-Ballade „Rain“ abgelöst und mündet schließlich in „Alpha Omega“. Obgleich der dunkel-raue Gesang mittlerweile wieder recht klar zu verstehen ist, schwächelt der Klang noch immer ziemlich. Der Stimmung im Publikum tut das kaum einen Abbruch, denn die schwarze Masse vor der Bühne wogt, schwenkt die Arme im rhythmisch treibenden Takt hin und her, tanzt, springt und singt trotzdem ohne Unterlass zu den atmosphärischen Projektionen und Lichtspielen. Eine sehr schöne Bestätigung für Pitchfork, die deutlich zeigt, dass die treuen Fans auch in solchen Momenten fraglos hinter der Band stehen. Mit dem sphärischen „And The Sun Was Blue“ gibt es danach das bisher einzige, neue Stück aus der ambitionierten Konzept-Trilogie um „Akkretion“, „Fragment“ und dem kommenden „Elysium“. Nicht gerade verwunderlich, dass bei einem derart umfassenden Backkatalog mit so vielen, gern gehörten Stücken nicht jede Veröffentlichung flächendeckend bedacht werden kann. Die eingeschworenen Anhänger stört dieser Umstand jedoch wenig, den. ältere Songs, wie „Conjure“ oder „Souls“ haben sich ohnehin schon lange etabliert und sind vor allem auf den Konzerten stets herzlich Willkommen. Das grobschlächtig polternde „Titânes“ peitscht die Menge nochmals kräftig auf und erhöht das Tempo maßgeblich, welches sich dann beim druckvollen „Beholder“ endgültig entlädt. Spilles ist in seinem Element und fordert jetzt freudig nochmal alle Hände, bevor „I Am (A Thought In Slowmotion“) viel zu früh einen erhabenen Schlusspunkt setzt. Das Amphi-Publikum ist sich hier auch 2019 wieder einstimmig einig: „Project Pitchfork“? Sehr gerne immer wieder!

Mainstage, 20.40 Uhr - In Extremo:

Was habe ich zu Anfang meines diesjährigen Berichts mit der feierlichen Eröffnung durch „Seelennacht“ noch gleich geschrieben? „Kaum hat man den ehrwürdigen Toren des Tanzbrunnens im vergangenen Sommer den Rücken zugedreht, ist es auch schon wieder soweit und man steht erneut vor der Hauptbühne auf dem sonnigen Gelände mitten in Köln-Deutz.“. Stimmt genau, nur leider endet ein jedes Festival gefühlt auch wieder so rasend schnell, wie es angefangen hat - So also auch 2019. Nach zwei enorm abwechslungsreichen Tagen voller Musik, freundlichen Menschen aus aller Welt, interessanten Gesprächen, zahlreichen Eidrücken und viel Spaß bei erneut hervorragendem Wetter, herrscht nun erste Aufbruchstimmung und der nahende Abschied liegt wieder einmal in der Luft. Doch ist das Amphi Festival zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorüber, denn für das große Finale stehen die viel erwarteten Headliner der insgesamt drei Spielstätten noch aus. Wie schon am Vortag ist das Programm mit den entsprechenden Acts sehr gut ausbalanciert, sodass jeder Gast auf seine Kosten kommt und keine Überschneidung der Genres besteht. So spielt mit „Das Ich“ ein echter Wegbereiter der deutschen Gothic-Bewegung an Deck der MS RheinEnergie auf, die glücklicherweise noch immer nahe des Tanzbrunnens angelegt hat, während sich im Theater das „Nachtmahr“-Geschwader um Supreme Commander Thomas Rainer auf eine neue Schlacht vorbereitet. Dass ich selbst ausgerechnet alle drei Künstler auch privat höre und demnach sehr gerne sehen würde, mich aber trotzdem nicht aufteilen oder beamen kann, ist dann wohl mein eigenes Problem und nicht den wohl überlegten Planungen des Veranstalters geschuldet. Wenn es um Live-Musik geht, entscheide ich mich zwar durchaus hin und wieder gegen Gewohntes und lasse mich gerne von Neuem überzeugen, bei gewissen Namen im Line-Up werde ich aber dennoch zum schonungslosen Wiederholungstäter. So fällt meine Wahl auf eine Band, die für meinen Einstieg in die schwarze Szene mitverantwortlich ist und die zuletzt 2005 auf dem Amphi Festival gastierte, damals noch in Gelsenkirchen: „In Extremo“. Ganze vierzehn Jahre nach ihrem letzten Intermezzo kehren die sieben Spielmänner endlich zurück! Zum „Requiem“ halten nun Schlagzeuger Florian „Specki T.D.“ Speckardt, die beiden Dudelsackspieler Boris „Yellow Pfeiffer“ Pfeiffer und Marco „Flex der Biegsame“ Zorzytzky, Harfenist André „Dr. Pymonte“ Strugala, Bassist Kay „Die Lutter“ Lutter, Gitarrist Sebastian „Van Lange“ Lange und Frontmann Michael „Das letzte Einhorn“ Rhein gemeinsam Einzug und setzen zum Einstieg mit „Sängerkrieg“ direkt ein eindeutiges Zeichen. „Hallo, Amphi Festival! Einen schönen guten Abend. Es ist uns eine Ehre, dieses wunderbare Festival hier heute beenden zu dürfen.“, begrüßt Rhein den begeisterten Tanzbrunnen und hält dann kurz fragend inne. „Heute ist doch das letzte Mal... Morgen gibt’s nicht nochmal, oder? Wir wünschen euch jetzt auf jeden Fall ganz viel Spaß und gute Laune!“, verkündet er und stellt dem Publikum seinen Kollegen André „Dr. Pymonte“ Strugala vor. Echte Fans wissen natürlich schon längst, welcher Song nun folgen wird, alle anderen Besucher bemerken es dann spätestens beim filigranen Harfenspiel: Der „Vollmond“ geht langsam über Köln auf, zumindest rein musikalisch und den Refrain weiß sowieso ein jeder mitzusingen. Als nächstes gibt es dann „ein Stück aus dem hohen Norden“. Ganz klar, dabei kann es sich wohl einzig und allein nur um den sagenumwobenen Piraten „Störtebecker“ handeln, mit dem wir jetzt gemeinsam Küste unsicher machen. Der Sound ist kraftvoll und satt, die Spielfreude der Vagabunden hoch wie eh und je. „Ich hab‘ kaum noch Stimme, aber Singen geht noch so einigermaßen!“, bemerkt der Frontmann knapp und erklärt nach der „Feuertaufe“, die hier natürlich wieder von heißen Flammensäulen begleitet wird, auch warum genau. „Könnt ihr mich noch verstehen? Gut, ich erkläre jetzt auch nicht großartig etwas, aber ich bin froh, wenn ich das durchstehe... Scheiß Klimaanlagen bei der Hitze, oder!?“. Trotz kürzlich zugezogener Erkältung lassen sich die Sieben natürlich nicht entmutigen und lassen mit der traurigen Ballade „Gaukler“ vorerst den ruhigeren Tönen ihren Vorrang, bevor es mit dem brachialen „Unsichtbar“ und weiteren Pyro-Effekten dann wieder um einiges härter zugeht. „Habt Ihr Lust, laut zu singen? In dem nächsten Stück geht’s ums Geben und Nehmen... Heutzutage ist es ja vor allem eher ein Nehmen. Der Song heißt so, wie unser letztes Album. Wollen wir das mal alle versuchen?“, fragt er zwinkernd. Selbstverständlich will Köln es versuchen und so schallt es nun laut „Quid Pro Quo“ aus allen Kehlen, sodass vermutlich ganz Deutz etwas davon mitbekommt. „Ich will eigentlich gar nicht so viel erzählen... Ist noch alles in Ordnung bei euch? Habt ihr ein schönes Festival gehabt? Gut. Ja, ich glaube, „Welle:Erdball“ hat heute einen neuen Fan gewonnen... Naja, darf man ja auch mal sagen, oder?“, grinst Rhein und deutet mit dem Finger auf sich selbst, bis es mit dem alt-gälischen „Liam“ weitergeht, in dessen Refrain abwechselnd erst rotes und dann türkisfarbenes Feuer in die Höhe emporschießt. Ein tolles Bild! Auf die traditionelle Bitte, nach einem lauten Applaus für die eigene Crew, folgen zunächst das kritische „Lieb Vaterland, Magst Ruhig Sein?“ und der Klassiker „Mein Rasend Herz“, visuell durch bengalische Lichter und knallende Donnerschläge stark abgerundet. Beim hymnischen „Frei Zu Sein“ ist hingegen wieder gesangliche Unterstützung seitens des Publikums gefordert. Vollkommen klar, dass sich da niemand lange bitten lässt. Das bemerken auch „In Extremo“ und geben weiterhin alles. „Amphi, ihr seid großartig! Vielen Dank, es war ein schöner Abend mit euch. Wer von euch in den Himmel möchte, muss ich gar nicht fragen, oder?“, lacht der Sänger mit einem Blick auf die schwarze Menge. Nein, das muss er wirklich nicht, denn die mehr als deutliche Antwort liefert danach das punkige „Himmel Und Hölle“. Das sanft-verträumte „Moonshiner“ kühlt die Gemüter wieder etwas herunter und wird charmant mit der spontanen Text-Umdichtung, „Oh, Amphi. Oh, Amphi, du bist immer noch wach.“ beschlossen. „Manchmal geht etwas nicht gut und dann hat es meistens mit Alkohol zutun!“, leitet man sodann zum beliebten Party-Hit „Sternhagelvoll“ über, der heute ohne den obligatorischen Konfetti-Regen auskommen muss. Fröhliches „Koma-Schunkeln“ und johlende Fan-Chöre gibt es in den dichten Reihen vor der Bühne selbstverständlich dennoch, denn die Stimmung ist nach wie vor konstant hoch... Leider muss alles Schöne mal ein Ende haben und so auch das Amphi Festival 2019. „Vielen Dank! Wir spielen jetzt unser letztes Stück für heute. Bleibt gesund und kommt gut nachhause. Wollt ihr nochmal so richtig abfeiern? Danke und schönen Abend noch!“, verabschiedet sich der Sänger im Namen der gesamten Band, die jetzt mit dem mystischen Donnergebet „Pikse Palve“, hohen Funken-Fontänen und reichlich Feuerbällen ihr Set unter tosendem Beifall final beschließen. Habt Dank, ihr Sieben!

Das war es also mal wieder, das diesjährige Amphi Festival 2019! Was kann ich abschließend noch resümierend sagen, das nicht ohnehin schon längst allen Gästen bekannt ist. Fakt ist jedenfalls: So mancher Kritikpunkt aus den Vorjahren ist zweifelsohne aufgrund unveränderlicher Gegebenheiten erhalten geblieben. Was hingegen ausgemerzt werden konnte, wurde bereits 2018 oder eher zugunsten des Publikums bestmöglich überarbeitet und folglich umstrukturiert. Kann man Gutes also noch besser machen? Die beliebte und über lange Zeit vollkommen zurecht etablierte Location des Tanzbrunnens mit dem angrenzenden Beach-Club samt idyllischem Ausblick auf den Rhein und der Händlermeile, die abermals eine schwarze Shopping-Vielfalt bot, ist mittlerweile ohnehin absoluter Festival-Kult geworden und aus dem Herzen der Szene längst nicht mehr wegzudenken. Auch das fantastische Wetter spielte wieder einmal so gut mit, wie bereits gewohnt und bescherte Köln, bis auf einen kurzen Regenschauer am Samstag, durchweg hohe Temperaturen um die dreißig Grad, was dem Abverkauf von Getränken an diesem Wochenende selbstverständlich nur zugute kam. Dass deren Preise sich seit jeher hart an der Schmerzgrenze bewegen, ist leider kein Novum. Da die ortsgebundenen Kosten in diesem Segment nach wie vor nicht verhandelbar sind, wirkte der Veranstalter jener Entwicklung dafür wieder mit zahlreichen, gern genutzten Wasserstellen entgegen. Auch der wohl gewichtigste Programmpunkt, nämlich die Musik selbst, wusste auch dieses Mal weitestgehend zu überzeugen und ließ bei den Besuchern kaum Wünsche offen. Auf den insgesamt drei Bühnen, wie der großen Mainstage im Herzen der Venue, dem Theater und der MS RheinEnergie, die dieses Mal glücklicherweise direkt vor dem Gelände anlegen konnte, gaben sich nationale und internationale Künstler unterschiedlichster Genres die Klinke in die Hand und sorgten somit für ein ausgewogenes Line-Up für alle Geschmäcker. Angefangen von Newcomern und spannenden Neuentdeckungen, wie „Logic & Olivia“, „Seelennacht“, „Hell Boulevard“, „Fïx8:Sëd8“, „Seadrake“, „Holygram“ und „Schattenmann“, über Seltenes der Marke „Dive“, „Agent Side Grinder“, „Spark!“, „The Cassandra Complex“, „Pink Turns Blue“ und „White Lies“, bis hin zu stets beliebten und bekannten Acts à la „Rabia Sorda“, „Chrom“, „Faderhead“, „Welle:Erdball“, „Unzucht“, „Nachtmahr“, „Lord Of The Lost“, „Hocico“, „Blutengel“ und „Project Pitchfork“. Die beiden hochkarätigen Headliner „Nitzer Ebb“ und „In Extremo“, die nach langen Jahren endlich wieder zum Tanzbrunnen zurückkehrten, krönten das Aufgebot abschließend. Dabei hielten sich die üblichen Probleme bei Kontrollen und Einlass angenehm in Grenzen, auch der Timetable konnte mit einer äußerst durchdachten Organisation und folglich arg wenigen Genre-Überschneidungen punkten. Es wird also auch weiterhin anhand des Feedbacks spürbar an immer neuen Optimierungen gearbeitet, um das bestmögliche Gesamterlebnis für die Gäste zu erschaffen. Sehr schön! Die ersten Bands für 2020 stehen unter anderem mit „Rroyce“, „Empathy Test“, „Letzte Instanz“, „Solar Fake“, „Oomph!“ oder „VNV Nation“ ebenfalls schon fest, weitere Acts sind in Planung. Der große Startschuss für den offiziellen Vorverkauf ist bereits gefallen, also sichert euch euer Ticket unter https://www.amphi-shop.de/de/ oder an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Eines ist in jedem Fall so sicher, wie das Amen in der (schwarzen) Kirche: „Alles wird Amphi!“.

Impressionen:

Marcel Kahner - MK_Concert_Photos

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