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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Agonoize - Midget Vampire Porn (2019)


Genre: Electro / Aggrotech / Alternative Release: 25.10.2019 Label: Repo Records (Alive)

Spielzeit: 77 Minuten

Pressetext:

Fünf Jahre sind seit der Veröffentlichung des letzten "Agonoize" Albums „Apokalypse“ vergangen, doch nun kehren die Erfinder und Paten des „Hellektro“ endlich mit ihrem lang erwarteten, neuen Album „Midget Vampire Porn zurück“. Zu lange war es ruhig um "Agonoize", auch wenn sie eigentlich niemals völlig verschwunden waren, denn live auf der Bühne waren sie durchaus immer präsent. Mit einer, den Rücken stärkenden, neuen Plattenfirma ist die Band um Mastermind Chris L. zu neuer Stärke und Kraft gewachsen und kehrt jetzt mit einem gewaltigen Urknall zurück. Mit 13 Titeln und 5 coolen Bonus-Tracks beweist „Midget Vampire Porn“, dass "Agonoize" immer noch genau wissen, wie man böse Tanzflächen-Killer produziert.

Eingängige Bassläufe und die einzigartige Stimme von Sänger Chris L. drücken den Finger in die Wunden und Abgründe der Gesellschaft. „Midget Vampire Porn“ treibt einem den Pfahl direkt durch das Herz! Die Club-Hits „Blutgruppe Jesus (-)“, „Schmerzpervers 2.0“, „Antiheld“ oder „Homme Fatale“ mischen sich perfekt mit den atmosphärischen Tracks „Teufelskind“ oder „True Blood“. Mid-Tempo-Nummern wie „A Vampire Tale“ und „Kiss Me, Kill Me“ überzeugen mit ihrer hymnenartigen Stimmung. Mit Gerrit Thomas ("Funker Vogt") als Verantwortlichen für das Mastering kann man sicher sein, dass diese Veröffentlichung Pflicht für alle Clubs und DJs dieser Welt sein wird und speziell die streng limitierte Doppel-CD im Digipak wird erst recht ein Pflichtkauf für alle „Agonoizer“ dieser Welt. 

"We are Agonoize and we are still alive..." - #haterswelcome

Kritik:

"We are Agonoize and we are still alive

So go and fuck you, so please fuck you

We are Hellektro made in Germany

So please fuck you, just go and fuck yourself!"

Ein gewaltig lauter Knall. Ein markerschütterndes Dröhnen, einer flächendeckenden Druckwelle von beängstigendem Ausmaß gleich. Irgendwie unerwartet und ganz plötzlich aus dem Nichts heraus. Ein messerscharfes Schneiden, wie von einer blank gewetzten Klinge, dann eine Sekunde der vollkommenen Stille. Der friedliche Schein trügt, bevor schließlich abgründig tiefe Synthies wie ein gespenstisches Echo in der gähnenden Leere nachhallen und sich danach unverhofft wieder verlieren. Gefolgt von einem mechanisch rauen Fiepen, irgendwie seltsam kaputt und zunächst kaum wahrnehmbar, während im pochenden Unterbau unruhig die geißelnde Finsternis brodelt und immerzu gefährlich gierend hochkocht. Fast schon verzweifelt sucht sich jetzt eine klagende Streicher-Front, bestehend aus einer einsam isolierten Violine, unsicher ihren verworrenen Weg durch die nahezu erdrückende Schwere. So, wie ein winzig kleiner, hilflos nach Luft ächzender Hoffnungsschimmer kurz vor dem endgültigen Ersticken. Dann ein weiterer Knall, abgelöst von einer nebulösen Frauenstimme, welche die beschwörenden Zeilen eines geheimnisvollen Mantras zu sprechen scheint, gemeinsam mit exotischen Gesängen und epochal niederdonnernder Percussion eine vereinnahmend mystische Atmosphäre auf dem pechschwarzen Fundament zu erbauen: „Apeirophobia“ beschreibt eine panische Störung, die näher als Angst vor der Unendlichkeit oder dem ewigen Leben zu definieren ist. Dabei quält die Betroffenen der unruhige Gedanke, dass der Tod für sie weder das Ende, noch die endgültige Erlösung bedeute und somit niemals die ewige Ruhe eintreten kann. Dass es für diese Besorgnis tatsächlich auch allen Grund gibt, untermauert danach das sich ohne Umschweife anschließende „Weltenschmerz“. Eingeleitet durch ein nervös summendes Gewirr aus zahllosen, undefinierbaren Lauten und Geräuschen, schüren bereits die ersten Sekunden ein ungutes Gefühl. Angriffslustig flirrende Electro-Linien winden sich wie giftiger Efeu langsam und hinterhältig um die Gehörgänge und fusionieren dann mit scharfen Synthie-Spitzen, bis der Bass ordentlich nach vorne drückt und die dämonisch verzerrte Stimme von Chris L. zur ersten Strophe erklingt. „Haben wir nichts gelernt!?“, fragt er im mahnenden Duktus, während der Sound heftig prügelt und sich immer weiter zu einem diabolischen Reigen steigert. Auch ansonsten ist die thematische Grundstimmung apokalyptisch gehalten: Die heutige Gesellschaft richtet sich und ihren Planeten mit immer mehr Ignoranz, Egoismus und Geltungssucht selbst zu Grunde. Die Augen fest verschlossen, der Horizont begrenzt. Blinde Profitgier und zerstörerisches Machtgehabe stehen über dem Leben eines jeden Individuums. Reflexion? Fehl am Platz. Die Dystopie regiert! „Homo homini lupus“ - Der Mensch ist des Menschen Wolf. Das ist schon seit jeher so, doch niemals so überdeutlich wie dieser Tage. Die Lage spitzt sich zu... Ein schwerwiegender Faktor, der jener Fehlentwicklung seit allem Anfang sicher recht zuträglich gewesen sein dürfte, ist der Glaube und all seine folgenreichen Auseinandersetzungen. Wenn zwei besonders vernichtende Extremen, wie Konservative und Fundamentalismus aufeinandertreffen, endet das nur in den seltensten Fällen friedlich. Hinter der brüchigen Maske der falschen Frömmigkeit lauert ein verblendeter Katalysator für proletenhafte Machtdemonstration, der sich dem Verzicht und der Folgsamkeit seiner Jünger stets bewusst, durch die Menschheitsgeschichte bewegt. „Labe dich, zehr vom Fleisch. Religion wird zum Schwanzvergleich!“, predigt L. zynisch von der schwarzen Kanzel herab. Sakrale Kirchenchöre vermischen sich mit einem verzerrt leiernden Sound, der danach die enorm powernde Marschrichtung vorgibt. Im technoiden Style geht es hier bei voller Energie straight, eingängig und vor allem ungemein tanzbar nach vorne. Hart und catchy geht nicht? Von wegen. Es wird unmissverständlich klar: „Glaube wird aus Angst geboren!“. Absolut keine Frage „Blutgruppe Jesus (-)“ ist ein Hellektro-Hammer der Sonderklasse, wenngleich die längere Single-Version durch einen überraschenden Break und gelungene Details sogar noch eine kleine Ecke mehr überzeugt.

Zum folgenden „Schmerzpervers 2.0“ flackern schon gleich zu Beginn dunkel surrende Synths auf, konterkarierend durchzogen von fein perlenden Synthie-Sounds. Dann setzt ein druckvoll stampfender Bass ein und dreckige Beats füllen das raue Arrangement fortan aus, welche der Tanzbarkeit jedoch keinerlei Abbruch tut. Im Gegenteil: Hier gibt’s 100% „Agonoize“ in Top-Form, was durch den lasziven Text nur nochmal umso mehr verdeutlicht wird - „Extrem ist, was du daraus machst, denn leiden ist auch Leidenschaft!“. Monströs verzerrte, wütende Schreie lassen jetzt panisch aufhorchen, nur wenig später dröhnt eine tiefgestimmte Orgel unheilvoll aus dem Hintergrund heraus, vereint sich mit einem schwer drückendenBeat und einer dezent poppigen Attitüde: „Kiss Me Kill Me“. Die Strophen bleiben dabei musikalisch überraschend zurückhaltend im Mid-Tempo, das hauptsächlich durch die Stimme von Chris L. dominiert wird. Erst im mitreißenden Chorus, der das vorausgegangene Prinzip wieder aufgreift, wird damit gebrochen. Eine hektisch flirrende Electro-Basis bildet hier das anfängliche Fundament, geht dann zusätzlich in treibende Industrial-Elemente und atmosphärisch dunkle Untertöne über, welche fortan immerzu von rhythmischen Minimal-Versatzstücken abgelöst werden. „Wie erbärmlich bist du!?“, giftet L. in Richtung aller selbsternannten Kritiker, die im scheinbar rechtsfreien Raum namens „Internet“ ihre negativen Energien anscheinend nur allzu gerne darauf verwenden, die provokanten Berliner seit jeher gefährlich ins Fadenkreuz der haltlosen Vorwürfe zu rücken. Wer es bis jetzt noch immer nicht verstanden haben oder sich sogar direkt angesprochen fühlen sollte, bekommt auf diesem Weg eine unmissverständliche Message samt erhobenem Mittelfinger mitten ins Gesicht gebrüllt. Dein Hass macht „Agonoize“ höchstens eines: „Populär“! Im Folgenden versprühen minimalistisch angelegte Sound-Fragmente nun wenige Sekundenbruchteile lang retroesque Vibes, rotieren wild umher und fusionieren sodann mit sanften Glockenschlägen, um sich mit fortschreitender Spieldauer beständig zu einem bebenden Aggrotech-Monster allererster Güte aufzubäumen, das nicht mit detaillierteren Spielereien und unvorhersehbaren Sprüngen zwischen heftigem Tempo und beißender Aggressivität geizt. Viel mehr scheint die Musik lebendig und organisch auf die Lyrics ausgerichtet zu reagieren, was diesen Song gerade dadurch so ungemein abwechslungsreich werden lässt. Thematisch bündeln sich zertrümmerte Gefühlswelten in pechschwarzer Manier von tiefer Resignation zu blindem Hass und rasender Wut. Ich hab’ das Böse gesehen in dir: „Teufelskind“. Mit der atmosphärischen Schauergeschichte „A Vampire Tale“ steht dem Hörer danach der Quasi-Titeltrack bevor, der sich in nahezu seiner gesamten Struktur merklich von den bisherigen Stücken abgrenzt. Die mit wenigen Worten erzählte, doch nicht weniger dichte Narrative aus der lockenden Perspektive eines Blutsaugers, präsentiert sich zunächst im kühlen Slow-Down-Tempo, dessen schwer schleppenden Rhythmus schon bald zügig weiter anzieht. Immerzu durchzogen von röhrenden Club-Synthies und EBM-lastigen Hammerschlägen. Messerscharfe Synthies gehen in einen stampfenden Beat über und leiten danach das böse grollende „Bullet“ ein, welches, trotz seiner englischsprachigen Betitelung, nahezu komplett in Deutsch gehalten ist. Inhaltlich schließt man mit verhältnismäßig wenig Text zum vorausgegangenen „Populär“ auf und bietet eine klare Ansage an alle Hater.

Auf ganz ähnlichen Pfaden wandelt dann auch der „Antiheld“, der jedoch auf vielen Ebenen um einiges ausgefeilter und zudem nochmal eine ganze Spur angriffslustiger daherkommt: Musikalisch gibt es eine ungemein fette Industrial-Walze voll bitterer Inbrunst und erbarmungsloser Power in bester „Fuck you!“-Attitüde aufs Gehör. „Küss meinen faltigen Arsch an meinem Todestag. Just kiss my ass, goodbye!“, singt L. da ohne Reue und Rücksicht auf Verluste, zu keiner Zeit verlegen darum, sarkastisch und augenzwinkernd mit der Vergangenheit abzurechnen. Eine knallharte Hymne, die thematisch durchaus als verwandter Nachfolger zum beliebten „Staatsfeind“ gesehen werden darf. Ein waschechtes Pendant folgt dann im letzten Drittel aber tatsächlich noch mit „Homme Fatale“, das überraschend eine direkte Fortsetzung zum absoluten Club-Favoriten „Femme Fatale“ darstellt. Dabei greift man die Melodie des langjährigen Klassikers in ihren Grundfesten auf und modifiziert diese um ausreichend frische Nuancen. Wer die Band jetzt des Plagiats an sich selbst bezichtigen und der Einfallslosigkeit beschuldigen möchte, liegt falsch. Der vertonte „Morgen danach“ dreht den Spieß gehörig um und beleuchtet die Gedankenwelt des lyrischen Ichs aus dem ersten Part mit ganz viel Charme für Kenner. Das Arrangement punktet mit extrem viel Catchyness und Wiedererkennungswert, ist gleichzeitig aber auch weit genug vom großen Vorbild entfernt, dass es an notwendiger Eigenständigkeit keinesfalls mangelt oder wie schon einmal gehört klingt. Viel mehr befeuert der jeweilige Beat die Tanzbarkeit als wirkungsvoller Bonus und geht sofort ins Ohr. Die perfekte Mischung aus Alt und Neu, so muss das! Mindestens ebenso clubtauglich gestaltet sich „No Place For Strangers“, das sich in einem ungebändigt prügelnden Gewand aus dröhnendem Bass, technoid flirrenden Beats und einem enorm eingängigen Chorus präsentiert. Dennoch überwiegt die musikalische Extreme hierbei nicht zu sehr und lässt dem zugrundeliegenden Instrumental stets ausreichend Raum für die Balance zwischen versteckten, derben Aggrotech-Hieben und sogar leicht poppigen Nuancen, während L. hier gesanglich einmal mehr die dystopische Underdog-Thematik in wenigen Versen aufgreift und so ausgiebig den Außenseiter-Status zelebriert. Zum großen Finale mit „True Blood“ wird es hingegen erstmals verdächtig ruhig, ja, fast schon sanftmütig. Das minimalistisch erbaute Fundament besticht anfangs mit seiner arg zurückhaltenden Orchester-Andeutung aus einer engelsgleich klingenden Harfe und schwebenden Streichern. Die einzelnen, nahezu gehauchten Zeilen werden derweil von zarten Piano-Tupfern und elegischen Chorälen ausgefüllt, bis das sphärisch wabernde Geflecht gegen Ende leicht ansteigt und in bestialischem Gebrüll endet, was einen erheblichen Kontrast zu jenem friedlichen Regiment setzt, das sodann so unscheinbar versöhnlich in behutsamer Stille zerfließt, wie es einst gekommen ist und praktisch als eigenständiges Exempel für das gesamte Album in all seinem Facettenreichtum steht. Alles gleich und doch ganz neu, vor allem aber Blut für Blut „Agonoize“!

Tracklist:

01. Apeirophobia

02. Weltenschmerz

03. Blutgruppe Jesus (-)

04. Schmerzpervers 2.0

05. Kiss Me, Kill Me

06. Populär

07. Teufelskind

08. A Vampire Tale

09. Bullet

10. Antiheld

11. Homme Fatale

12. No Place For Strangers

13. True Blood

Fazit:

Fast fünf quälend lange Jahre mussten die treuen Fans der musikalischen Kontroverse warten, doch im hiesigen Spätherbst 2019 ist es endlich wieder soweit und die Berliner Urväter des Hellelektro sind mit einem neuen Studioalbum zurück: „Agonoize“. Unterdessen hat sich natürlich so einiges im Lager der Hauptstädter getan, nicht nur innerhalb der Besetzung, die aktuell leider ohne das langjährige Gründungsmitglied Oliver Senger auskommen muss. Dafür hat Frontmann und Sänger Chris L. mit Sams Tiller und René Dornbusch nun gleich zwei starke Member in der Hinterhand, die sich sowohl im Studio als auch bei den Live-Konzerten schnell als echte Bereicherung erweisen. Allzu signifikante Veränderungen brauchen die Anhänger im Hause der seit jeher polarisierenden Berliner jedoch nicht befürchten, denn musikalisch und thematisch bleibt hier nahezu alles beim Alten, was in Zeiten von merklicher Chart-Ausrichtung innerhalb der schwarzen Szene definitiv als großes Kompliment anzusehen ist. Als massenkompatibler Einheitsbrei für jedermann haben sich „Agonoize“ sowieso noch nie besonders gut geeignet und so gibt es hier wieder einmal feinsten Aggrotech satt. Ganze dreizehn reguläre Songs, um genau zu sein. Wer zur limitierten Edition von „Midget Vampire Porn“ greift, bekommt noch fünf zusätzliche Hochkaräter oben drauf, die sich mehr als nur hören lassen können und dem Hauptwerk in absolut Nichts nachstehen. Im Gegenteil, das kleine Upgrade sei sogar dringend empfohlen, um das gesamte Füllhorn an Hellektro genießen zu können. Eines haben aber alle achtzehn Stücke der randvoll gepackten Doppel-Veröffentlichung gemeinsam: Der übergreifende Sound ist zu jeder Zeit glasklar, druckvoll und fett produziert. Die hier behandelten Themen gewohnt düster, extrem und provokant. Über alledem thronen die wahnsinnig eingängigen, tanzbaren Melodien, die dennoch so kompromisslos hart, brutal und rau verbleiben, wie bekannt. Mehr noch, denn mit grandiosen Kompositionen, wie etwa „Blutgruppe Jesus (-)“, „Schmerzpervers 2.0“, „Populär“, „Teufelskind“, „Homme Fatale“, „1, 2, 3“ oder „Gleichschritt“ haben L. und seine Mannen nach längerer Pause einmal mehr ungemein mitreißende, stimmige Tracks geschaffen, die sich in ihrem hohen Hit-Potential ganz sicher nicht vor den alten Klassikern verstecken müssen, sondern sich heimlich anschicken, sich schon bald mit jenen triumphierend gleichstellen zu können. Ohne Frage, mit „Midget Vampire Porn“ ist „Agonoize“ ein unglaublich ausgewogenes, rundes Album gelungen, das nicht nur zu den stärksten des eigenen Backkatalogs zählt, sondern sich problemlos mit den Besten des Genres messen kann. Eines ist aber schon jetzt auf jeden Fall bombensicher: „There will be blood on the dancefloor!“.

Informationen:

http://www.agonoize.berlin/

https://www.facebook.com/AgonoizeOfficial/

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