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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

VNV Nation - „Christmas Party"-Tour - Kulttempel, Oberhausen - 15.12.2017


Veranstaltungsort:

Stadt: Oberhausen, Deutschland

Location: Kulttempel

Kapazität: ca. 500

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Nein

Homepage: http://www.kulttempel.com

Einleitung:

Wir schreiben Freitag, den 15.12.2017. Es ist früher Abend, etwa 18.40 Uhr, als ich in Oberhausen an der Haltestelle Feuerwache aus der örtlichen Straßenbahn aussteige. Unbarmherzig weht mir sofort eine kühle Brise entgegen und ich steige die lange Treppe hinauf, um mich anschließend auf den Weg zum nahegelegenen Kulttempel zu machen. Bereits im Oktober startete der Vorverkauf für die insgesamt zwei exklusiven Shows von Szene-Legende „VNV Nation“, die an diesem Wochenende ihre ganz eigene, besondere Weihnachtsfeier in familiärem Rahmen veranstalten. Das heutige Konzert ist seit Wochen längst restlos ausverkauft, das Morgige ebenso. Schon im vergangenen Jahr spielte die beliebte Electro-Institution während ihrer „Automatic Empire“-Tournee hier an zwei aufeinanderfolgenden Tagen auf und sorgte ausnahmslos für ein volles Haus. Wohlwissend um die begrenzten Kapazitäten des kleinen Clubs, habe ich beschlossen, mich dieses Mal deutlich eher in die Schlange vor der Location einzureihen, um mir noch einen guten Platz sichern zu können. Ich habe tatsächlich Glück, denn als ich gegen 19.00 Uhr vor dem Eingang eintreffe, stehen noch nicht allzu viele Wartende davor. Mit der Zeit werden es jedoch immer mehr Besucher, die bei freundlichen Gesprächen und warmen Getränken mehr oder weniger geduldig auf den nahenden Einlass warten. Als sich pünktlich um 20.00 Uhr die Türen ins wärmende Innere endlich öffnen, geht alles ganz schnell. Nach einer kurzen Kontrolle der Tasche und Eintrittskarte im Foyer, kaufe ich noch schnell ein T-Shirt am Merchandising-Stand und eile danach die Stufen zur kleinen Empore so schnell wie nur irgendwie möglich hoch. Auf den recht versteckten Oberrang hat sich offensichtlich noch niemand sonst verirrt und somit ist hier erfreulich viel Platz. Sehr schön. Auf der rechten Seite des Balkons entdecke ich zwei andere Fans, ansonsten sind wir noch völlig allein. „Ist hier noch frei?“, frage ich lächelnd. „Klar doch!“, grinsen die beiden und so hole ich mir einen der herumstehenden Barhocker, rücke ihn möglichst nahe an das Geländer heran und schaue hinunter. Der Tempel wird in eisblauem Licht angestrahlt, neben der linken Theke steht sogar ein großer, aufblasbarer Santa Claus und winkt den nahenden Besuchern als liebevolle Dekoration fröhlich zu. Anstelle der üblichen Musikauswahl aus Synthie Pop, EBM oder Alternative Rock schallen klassische Weihnachtslieder aus den Boxen durch den Club. So umfasst die festliche Playlist echte Juweln und internationale Klassiker wie beispielsweise „It‘s The Most Wonderful Time Of The Year“ von Andy Williams, Dean Martins „Let It Snow“, den „Jingle Bell Rock“ von Bobby Helms und natürlich Gene Autrys „Rudolph The Red-Nosed Reindeer“. Langsam füllt sich der Platz vor der Bühne mehr und mehr, einige Fans tragen stilecht Weihnachtsmützen, Rentiergeweihe oder andere festliche Accessoires. Ungewohnt und völlig anders, als sonst bei anderen Konzerten so üblich, aber es ist ja immerhin auch ein ganz besonderer Anlass.


VNV Nation:

Etwa gegen 21.26 Uhr erlischt die gesamte Beleuchtung im komplett ausverkauften Kulttempel und hüllt den kleinen Club unter euphorischen Zurufen für einige Sekunden fortan in tiefe Dunkelheit. Plötzlich durchbricht ein repetitives, maschinelles Dröhnen die Stille und dämmriges Licht taucht die Szenerie fortan in ein dunkles Rot. Unter flirrenden Electro-Salven betritt zuerst die Live-Band aus Schlagzeuger Sebastian Rupio, sowie den beiden Keyboardern Grigory Feil und André Winter das Zentrum aller Aufmerksamkeit, nur wenige Augenblicke später entert auch Mastermind Ronan Harris die Bretter, um mit „Chrome“ den Abend zu eröffnen. Die Bühne ist spartanisch gehalten: Vor einem schwarzen Backdrop wurde das große E-Drumset mittig platziert, zu den Seiten davon stehen jeweils die beiden Stative für die Synthesizer. Eingerahmt wird diese Front durch insgesamt vier Scheinwerfer. Alle Instrumente wurden, passend zum festlichen Anlass, mit Lametta und blinkenden Lichterketten weihnachtlich dekoriert. Aufwändige Video-Projektionen oder andere Spielereien gibt es heute nicht, der Fokus liegt ganz auf der Musik selbst, die schon jetzt einmal mehr zeigt, dass viel mehr auch überhaupt nicht erforderlich ist, um das ganze Publikum innerhalb nur kürzester Zeit traditionell in ekstatische Stimmung zu versetzen. „Könntet ihr bitte die Gläser und Tassen hier wegnehmen?“, bittet der Sänger die Fans in der ersten Reihe, welche ihre Getränke auf der vorderen Kante abgestellt haben. Natürlich leisten sie diesem Wunsch sofort Folge, sodass der bestens gelaunte Ire sich auch beim folgenden „Sentinel“ gewohnt energetisch und ohne Sturzgefahr bewegen kann. „Einen schönen guten Abend!“, begrüßt Harris alle Anwesenden fröhlich und wirft einen prüfenden Blick in die begeisterte Menge. „Na, ihr Elfen, störe ich etwa? Oh, da sehe ich ein Rentier und so viele schwarze Mützen überall... Da hinten ist sogar Santa Claus. Vielen Dank fürs Kommen, es ist Weihnachten, liebe Leute!“, freut er sich und wendet sich anschließend noch mit einem ernst gemeinten Hinweis an die vielen, liebevoll verkleideten Konzertbesucher. „Wenn ihr fotografieren möchtet, dann bitte ohne Blitz und wenn ihr filmt, haltet die Kamera nicht hoch, sondern vor eure Augen. Das stört uns und die Personen in eurer Umgebung sonst einfach. Die Leute haben keine Karte gekauft, um die Show durch ein Handy zu sehen. Es geht einfach um den gegenseitigen Respekt füreinander, alles ist okay. Das wär’s auch schon! Singt, tanzt, schreit und habt Spaß, das ist es. Einfacher geht’s nicht!“, beendet der Mann mit der markanten Stimme seine kurze Ansprache und bekommt dafür verdienten Applaus, bevor es mit dem powernden „Space And Time“ auch schon im Set weitergeht. Insbesondere hier zeigt sich wieder einmal, wie sehr es der charismatische Frontmann eigentlich versteht, die Massen mitzureißen. Egal, ob es nun wenige Hundert in einer familiären Diskothek oder tausende von Menschen auf einem gigantischen Festivalgelände sind. Ronan Harris hechtet ausdauernd von links nach rechts, animiert zum mitmachen, klatschen, tanzen oder innehalten. Alles geschieht perfekt auf seine Zeichen hin, was auch beim Klassiker „Darkangel“ selbstverständlich keinesfalls anders ist. Es war und ist jedes Mal wie ein gegenseitiger, kollektiver Transfer von positiver Energie, die für alle Zuschauer deutlich spürbar in der Luft liegt. Ein Geben und Nehmen von diversen Emotionen, die unterbewusste Festigung von Willenskraft, Reflexion Stärke, Schmerz, Liebe und Träumen, eine gemeinsame Erfahrung. Dementsprechend rücksichtsvoll und herzlich ist der Umgang miteinander, nicht nur wegen dem bevorstehenden Weihnachtsfest. Dafür lieben die Fans „VNV Nation“ und ihre Musik liebt sie. Unbeschreiblich.


Jetzt soll es aber erst einmal wieder etwas gemäßigter zugehen, denn der nächste Song setzt einen effektiven Ruhepol für Band und Publikum gleichermaßen. Hellgrüne Farben durchfluten den ganzen Saal, der Boden vibriert unter dem Druck des pulsierenden Beats von „Carbon“, welches der Frontmann jetzt vor einem Mikrofonstativ, das mit weiteren Lichterketten verziert ist, gedankenversunken performt. Die Dramaturgie und schwerfällige Melancholie dieser ergreifenden Ballade ist jetzt mit jeder Faser zu spüren, Oberhausen hält den Atem an und gibt sich ganz der Musik hin, was auch bei den folgenden Nummern „Epicenter“ und „Joy“ nicht anders ist, wenngleich diese beiden Tracks eine gänzlich gegenteilige Stimmung bei den Anwesenden entfachen. Die technoiden Bässe donnern nur so aus den Boxen und setzen eine schweißtreibende Mischung aus Industrial und EBM frei, die für ordentlich Bewegung sorgt. Überall sieht man die Besucher tanzen, in den vordersten Reihen springt man gar ausgelassen im Takt. Die Hitze sammelt sich beständig hinter den dicken Backsteinmauern und Schweiß rinnt förmlich die Wände hinab. Es gibt kein Halten mehr, weder auf noch vor der Bühne. Dazu gibt es besten Future Pop, wie etwa das leidenschaftliche „Off Screen“ oder auch „Gratitude“ vom gefeierten Erfolgsalbum „Automatic“. Die facettenreiche Auswahl der Titel wirkt zu jeder Zeit wie aus einem Guss, ist abwechslungsreich und deckt fast alle relevanten Hits ab, ohne aber dabei allzu berechenbar zu sein. Kein Wunder, immerhin können „VNV Nation“ mittlerweile aus einem umfassenden Pool aus siebenundzwanzig Jahren Bandgeschichte schöpfen. So zeigen sich die Fans bei ausnahmslos jedem Track ungemein textsicher, ganz egal, ob sie nun die Strophen und den Refrain eines wütenden „Nemesis“ oder anrührenden „Illusion“ lautstark mitsingen. Die ehrliche Begeisterung für die vielseitige Musik ist und bleibt auch nach all den Jahren noch immer ungebrochen. Für viele Anhänger ist es so viel mehr als nur das, sie alle fühlen sich akzeptiert, bestätigt und verbunden. Und genau das merkt man auch. Den Akteuren selbst scheint es da nicht viel anders zu gehen: Beim sphärischen „Homeward“ entdeckt Harris ein sich küssendes Paar in der ersten Reihe und muss sofort lächeln. „Ich finde das wirklich schön!“, kommentiert er gerührt und sieht die beiden freudestrahlend an. Mit dem verträumten „Everything“ und „Farthest Star“ geht es dann gewohnt stark weiter, ehe das brachiale „Control“, in dessen Anschluss sich die Band erstmalig von der Bühne verabschiedet, dem Publikum nochmals alle möglichen Reserven abverlangt.


Wirklich lange soll es aber glücklicherweise nicht dauern, bis Oberhausen seine Helden wieder in Empfang nehmen darf. Zurück auf den Brettern, reißt der Sänger sogleich eine große Plastiktüte auf und wirft zahlreiche Tröten in den Innenraum, der natürlich sogleich damit beginnt, davon Gebrauch zu machen. „Das ist doch eine Party, oder?“, fragt er scherzend und muss anschließend laut loslachen, als er von der Aftershowparty in Hamburg berichtet, bei welcher der ganze Club zu „Military Fashion Show“ von „And One“ getrötet habe. Mit der Bitte, sie weiter nach hinten durchzureichen, öffnet man großzügig eine zweite Tüte, damit auch wirklich jeder Besucher gut ausgestattet ist. In der ersten Reihe kommt es durch den regen Gebrauch schon zu tragischen Abnutzungserscheinungen des spaßigen Gimmicks. „Oh, ist’s kaputtgegangen? Ich werde ein Lied für dich schreiben!“, scherzt Harris mit der betroffenen Besucherin und wirft ihr einen neuen Artikel zu. „Das ist wirklich total dumm... Aber lustig!“, grinst er angesichts der ungewohnten Geräuschkulisse. „Wer von euch kennt denn eigentlich das Lied „Standing“?“. Natürlich gehen alle Hände sofort nach oben. „Und wer kann es auch singen? Nicht schreien. Singen. Wir machen jetzt Karaoke!“, fordert er alle Freiwilligen dazu auf, sich zu ihm zugesellen. Erwartungsgemäß dauert es einige Minuten, bis die Hemmschwelle abgebaut und insgesamt drei Kandidaten gefunden worden sind. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der möglichen Nachwuchstalente, beginnt die Band auch schon damit, den jeweiligen Song anzuspielen. Ronan verteilt derweil Textblätter und ermutigt Kiki, Anne und Dorian zum singen. Verständlicherweise gibt es zunächst noch einige Startschwierigkeiten, aber gerade Letzterer schafft es, mit seiner spaßigen Performance viele Fans zum Lachen zu bringen. Im Refrain singt dann sowieso wieder das ganze Publikum mit dem Trio zusammen, was soll da noch schiefgehen? Mit großem Applaus werden die Drei von der Bühne verabschiedet und können sich eines einzigartigen Erlebnisses sicher sein. Eine schöne Idee! Die warmen Töne von „Nova“ ziehen danach so einigen Jubel nach sich und lassen ganz von allein zahlreiche Feuerzeuge in die Höhe schnellen. Im eingängigen Chorus richten dann alle vier Scheinwerfer ihre güldenen Kegel gebündelt auf die Discokugel unter der Decke - Ein einmaliges Bild! „Die Handytaschenlampen einmal alle einschalten und hochhalten!“, ruft Ronan und bittet den Lichttechniker, der heute zum ersten Mal mit von der Partie ist und überdies einen wirklich tollen Job macht, die Halle abzudunkeln. „Das ist immer mein Lieblingsmoment des ganzen Konzerts!“, schwärmt der Sänger mit gerührtem Blick auf ein rhythmisch wogendes Lichtermeer. Wie immer ein absoluter Höhepunkt eines jeden „VNV“-Konzerts, aber der Abend soll noch nicht enden. Das ermutigende „Resolution“ bringt die Menge wieder schnell zum feiern und selbst der aufblasbare Weihnachtsmann wackelt durch die Bewegung der Fans nun vergnügt hin und her, was zu einem beherzten Lachanfall von Harris führt. Kein Finale ohne „Perpetual“! Der ikonische Dauerbrenner wird in einer rund zehnminütigen Version dargeboten, die obligatorischen Fan-Chöre samt Tröten-Intermezzo inklusive. Ein toller Abschluss, wie er wohl intensiver und stimmungsvoller nicht hätte sein können. Nach einer kurzen Dankesrede bedankt sich Ronan Harris nochmals bei allen für ihr Erscheinen und wünscht ein frohes Fest, bevor es für die rund fünfhundert Besucher im Anschluss entweder zur Party oder in die kalte Nacht hinaus geht.


Setlist:


01. Intro

02. Chrome

03. Sentinel

04. Space And Time

05. Darkangel

06. Carbon

07. Epicentre

08. Joy

09. Off Screen

10. Gratitude

11. Nemesis

12. Illusion

13. Standing

14. Homeward

15. Everything

16. Farthest Star

17. Control

18. Standing (Karaoke)

19. Nova

20. Resolution

21. Perpetual

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