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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Subway To Sally - „Eisheilige Nacht" - Phantastischer Lichterweihnachtsmarkt, Dortmund - 22.12.2023



Veranstaltungsort:


Stadt: Dortmund, Deutschland


Location: Phantastischer Lichterweihnachtsmarkt


Kapazität: ca. 3.000


Stehplätze: Ja


Sitzplätze: Nein


Homepage: https://www.phantastischer-lichterweihnachtsmarkt.de/


Einleitung:

Wer den Fredenbaumpark in Dortmund kennt, dem ist vermutlich auch das „Mittelalterlich Phantasie Spectaculum“, kurz MPS, ein Begriff. Die seit 1994 von Gisbert Hiller ins Leben gerufene Event-Reihe hält genau das, was ihr Name verspricht, und vermischt das Konzept der von üblichen Märkten bekannten, mittelalterlichen Lebensweise mit entsprechenden Elementen aus Sagen und Fantasy in Form einer quer durch Deutschland reisenden Mega-Veranstaltung für Klein und Groß. Im Angebot enthalten ist dabei von allerhand kulinarischen Köstlichkeiten über das Handwerk bis zu einem bunten Unterhaltungsprogramm aus Kleinkunst, Gauklern, Artistik und Turnieren nahezu alles, was das Besucher-Herz so begehrt. Selbstverständlich garniert mit viel typischer Live-Musik aus dem Folk-Genre und seinen mannigfaltigen Grenzgebieten auf den umgebenden Bühnen. Mittlerweile gab und gibt es einige Sonder-Ableger desselben Veranstalters unter dem bekannten MPS-Banner, wie beispielsweise das ehemalige Mittelalter-Hallen-Festival, die große MPS-Konzertparty zu Hillers Geburtstag in der Dortmunder Westfalenhalle 1, die Allerheiligen Kirmes Soest oder auch den sehr beliebten Weihnachtsmarkt Telgte. Sogar nach Schottland ging es 2011 mit einem kleinen Gastspiel schon. Dabei wechselten sich die jeweiligen Spielorte im laufenden Jahr immer ab, doch der große Erfolg war nicht überall gegeben, sodass manche Hochburg mehrmals bespielt werden konnte, manch andere Regionen, wie etwa der Süden Deutschlands, aufgrund mangelnden Andrangs oder behördlicher Auflagen hingegen ersatzlos wegfallen mussten. Zwischen 2017 und 2019 gab es viele der Veranstaltungen letztmalig, generell wollte man die Anzahl der Termine weiter reduzieren. Aufgrund der weltweiten Pandemie fand 2020 erstmalig kein Spectaculum statt, zumindest nicht in seiner bis dato gewohnten Form: Doch der Veranstalter zeigte sich äußerst kreativ und richtete anhand der damals geltenden Auflagen einen fantasievollen Skulpturen-Park in Bückeburg und ein Jahr darauf die „Hock-Rock“-Reihe aus, bei welcher die sonst üblichen Konzerte mit stark begrenzter Kapazität vor einem auf Bierzeltgarnitur sitzendem Publikum gegeben wurden. Damit einher ging natürlich auch die traurige Absage der geplanten sechsten Ausgabe des extrem erfolgreichen „Phantastischer Lichterweihnachtsmarkt“, welcher bis dahin seit Spätherbst 2015 im Fredenbaumpark Dortmund veranstaltet worden ist und seitdem einen festen Platz in den winterlichen Terminkalendern der MPS-Besucher aus Ruhrgebiet und Umland innehatte. Auch die zunächst angedachte Alternative „Phantastische Fabelwesen Weihnachtsmarkt“, das Pendant zum Skulpturen-Park, fiel dem „großen C“ zum Opfer. Ferner gab es bereits zuvor einige Unklarheiten bei der Wahl des Spielortes, als die Behörden der Stadt Dortmund den erneut angefragten Fredenbaumpark erst verweigerten. Man wolle die Parkanlage gerade im Sommer schonen und mehr der Bevölkerung zugänglich machen, hieß es da in einer Stellungnahme. Auch der angefragte Volksgarten Mengede sollte es nicht werden. Irgendwie kam es dann aber scheinbar noch zu einer überraschenden Einigung und so durfte das mittelalterlich-fantasievolle Winter-Spektakel ab 2022 doch wieder in altbekannter Umgebung stattfinden!


Seit dem vergangenen Jahr arbeitet das MPS in unterstützender Partnerschaft mit der SKH Spectaculum GmbH, welche nun mehrere Standorte übernommen hat, wozu auch der Lichterweihnachtsmarkt Dortmund gehört, hier ausgelagert an die extra dafür neu gegründete Lichterloh Event GmbH. Im Rahmen des oben genannten Konzepts sorgen seit letztem Winter wieder allerlei Markständen für das leibliche Wohl der Besucher oder bieten ihre Waren feil. Zudem warten hier natürlich viele weitere Aktivitäten und Programmpunkte vor aufwändig dekorierten Themen-Kulissen auf alle Gäste, wie beispielsweise kinderfreundliche Familien-Vorstellungen der umherziehenden Gaukler oder eine abendliche Feuer-Show. Im beheizten Party-Zelt mit Stehtischen und gemütlichen Sitzgelegenheiten kann an den Wochenenden zudem bis 0.00 Uhr zu kostenloser Live-Musik wechselnder Künstler gefeiert werden. Das unverkennbare Highlight sind jetzt jedoch die exklusiven Konzerte gegen einen separaten Aufpreis auf der großen Bühne in der goldenen Mitte des Parks: So wurde für die meisten Freitage und Wochenenden auf der ehemaligen „Weihnachtsbühne“, welche in den Vorjahren von beliebten Markt-Bands aus dem MPS-Kader wie „Die Streuner“, „Saor Patrol“, „Reliquiae“, „Rapalje“, „Vroudenspil“, „Knasterbart“, „Omnia“, „Mr. Hurley & Die Pulveraffen“ und natürlich „Saltatio Mortis“, aber auch selteneren Gästen wie „Qntal“ oder „Corvus Corax“ bespielt worden ist, ein Paket aus jeweils drei stilistisch passenden Bands geschnürt. Die Preise für die Konzerttickets rangieren dabei immer von ca. vierzig bis sechzig Euro, der generelle Markteintritt in Höhe von fünfzehn Euro ist darin bereits inkludiert. Bei der Premiere in 2022 waren unter anderem „Trobar De Morte“ - „Rauhbein“ und „Versengold“, „Storm Seeker“ - „Haggefugg“ und „Feuerschwanz“, Katja Moslehner - „The O‘Reillys And The Paddyhats“ und „Schandmaul“, „Vogelfrey“ - „Tir Nan Og“ und „Saltatio Mortis“ oder „Fuchsteufelswild“ - „Korpiklaani“ und „In Extremo“ dabei. Ein wenig Genre-fremd hingegen die Hamburger Dark Rocker von „Mono Inc.“ mit Unterstützung von „Delva“ und „Manntra“ sowie die „Rammstein“-Tribute-Band „Völkerball“ als krönender Abschluss. Ein voller Erfolg! Innerhalb des extra eingezäunten Bereichs, zu dem natürlich nur Besucher mit gültiger Konzertkarte Eintritt erhielten, fanden sich einige Feuerstellen zum Aufwärmen, ein Merch-Zelt und einige Gastronomie-Hütten. Der Nachteil: Das unberechenbare Wetter mit Wind, Regen, Frost und Schnee ließen das einzigartige Winter-Open-Air-Flair zum puren Glücksspiel werden… Denn ganz ehrlich: So ungewöhnlich-schön es auch war, mitten im Dezember unter freiem Himmel echter Live-Musik mit Festival-Charakter lauschen zu dürfen, hat wahrscheinlich kein Fan große Lust darauf, bei klirrenden Minusgraden stundenlang im Schauer zu stehen, oder? Von den erschwerten Bedingungen für die Musiker, die auf der Bühne teilweise in winterfester Kleidung schwitzen mussten und somit ordentlich Gefahr liefen, im Anschluss krank zu werden oder durch die Witterung gar ihr teures Equipment beschädigt zu sehen, wollen wir gar nicht erst anfangen… Aus diesem Grund gibt es ab 2023 betreffend der Bezahl-Konzerte eine einschneidende Änderung: Ausnahmslos alle der gesonderten Exklusiv-Shows finden nun nämlich in einem großen Acht-Mast-Zelt, hier „Chapiteau“ genannt, statt! Im Inneren gibt es zwei große Getränke-Theken, eine zu jeder Seite, eine Rollstuhlfahrer-Tribüne, Stehtische und Barhocker im hinteren Segment und einen neuen VIP-Bereich für insgesamt zweihundert Gäste: Für knapp siebzig Euro pro Person zusätzlich zum regulären Eintrittspreis gibt es einen Platz auf entsprechender Tribüne, einen Parkplatz nahe am Gelände, direkten Zugang ins Infield-Zelt über den zweiten Eingang und eine Getränke-Flatrate, die dazu berechtigt, während der Show so viel alkoholfreie Getränke, Kinderpunsch, Bier vom Fass und Glühwein zu trinken, wie man mag. Auch 2023 glänzt das illustre Line-Up wieder mit vielen großen Namen aus der Gothic- und Folk-Szene, die sich entweder wieder oder erstmalig im Herzen des Fredenbaumparks die Klinke in die Hand geben werden: Während unter anderem etwa „Mr. Hurley & Die Pulveraffen“, „dArtagnan“, „Faun“, „Völkerball“, „Feuerschwanz“, „Versengold“ und „In Extremo“ in verschiedenen Support-Konstellationen zurückkehren, gastieren „ASP“ mit „Two Minds Collide“ und „Diary Of Dreams“, Future-Pop-Legende „VNV Nation“ in Begleitung von „Versus Goliath“ und „Adam Is A Girl“ sowie das traditionsreiche Festival „Eisheilige Nacht“ von und mit „Subway To Sally“ zum ersten Mal auf dem Markt in Dortmund…

Einleitung II:


Es ist Freitag, der 22.12.2023. Nur noch zwei Tage bis Weihnachten und für mich steht damit heute das letzte Konzert des aktuell laufenden Jahres auf dem Programm. An diesem frühen Abend geht es nochmals in Richtung Dortmund und dort zum Fredenbaumpark, wo im Rahmen des dort beheimateten Lichterweihnachtsmarkts erstmalig die beliebte Indoor-Festival-Reihe „Eisheilige Nacht“ von und mit Gastgeber „Subway To Sally“ stattfinden wird. Diese schöne Tradition gehört für mich persönlich nunmehr seit 2010 fest in die Dezember-Planung. Unter anderem auch, weil ich lange Zeit den wirklich schönen Luxus genießen durfte, es in der kalten Jahreszeit nicht besonders weit zu den Konzerten zu haben, war das Event doch von 2011 bis 2019 stets am zweiten Weihnachtsfeiertag im RuhrCongress Bochum beheimatet. Seitdem habe ich keine einzige Ausgabe in der Heimat verpasst. Für 2020 stand überraschend ein Wechsel des Spielorts nach Köln ins Haus, wozu es allerdings aufgrund der weltweiten Pandemie nie kam, welche die Festivitäten in 2020 und 2021 leider ausfallen ließ. Erst 2022 sollte die Edition zum dreißigjährigen Jubiläum wieder stattfinden können, hier unter einem abermaligen Wechsel der Lokalität in die Turbinenhalle Oberhausen, wo die winterliche Konzertreihe zuletzt 2010 schon gastierte. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich diese Station erstmals aussetzen. Umso mehr freue ich mich darauf, heute Abend wieder genau dort anknüpfen zu können, wo das große C die Live-Musiklandschaft einst global zum Stillstand zwang. Unser letzter Besuch auf dem Lichterweihnachtsmarkt liegt überdies erst knapp zwei Wochen zurück, dementsprechend fällt unsere Orientierung hinsichtlich der Suche eines geeigneten Parkplatzes heute auch deutlich versierter aus, als noch kürzlich bei „VNV Nation“. Der lokale Autohändler nahe des Parks, der sein Gelände noch vorletzte Woche zu genau diesem Zweck gegen einen beträchtlichen Obolus zur Verfügung gestellt hatte, hat jetzt noch geöffnet, womit diese Option leider flachfällt. Die Straße etwas weiter runter werden wir nach überraschend kurzer Suche dennoch fündig und haben es damit immerhin nicht allzu weit. Gut, denn das Wetter ist echt zum Vergessen und es regnet in Strömen ohne Unterlass. Wie schön, dass die Live-Konzerte dieses Jahr nicht unter freiem Himmel stattfinden! Heute müssen wir nicht zwingend zur Hauptkasse, sondern nehmen den kleineren Eingang auf der gegenüberliegenden Seite des Fredenbaumparks, da meine Begleitung und ich reguläre Tickets haben. Aus Zeitgründen habe ich auf eine Akkreditierung verzichtet. Nach einer kurzen Taschenkontrolle von zwei sehr freundlichen Mitarbeitern unter einem durchnässten Zeltdach, geht es dann auch schon sofort auf das recht spärlich besuchte Marktgelände, welches aufgrund des immens schlechten Wetters so gut wie leergefegt ist. So dermaßen wenige Gäste haben wir auf dem Phantastischen Lichterweihnachtsmarkt noch nie gesehen, aber wer möchte sich schon stundenlang in ständigen Schauern aufhalten? Natürlich könnte man sich als regulärer Besucher bei schlechtem Wetter auch im Party-Zelt aufhalten, das übrige Ambiente ginge so allerdings völlig verloren und dafür ist der Eintritt einfach zu hoch. Also absolut kein Vergleich zum üblichen Gedränge, wie es selbst vorletzten Sonntag überraschend der Fall war. Für all die Schausteller und Standbetreiber natürlich mehr als ärgerlich und sicher ein Verlustgeschäft. Für uns hat es allerdings den großen Vorteil, sich nach dem Ende der heutigen Veranstaltung endlich mal ganz in Ruhe und ohne lästige Schieberei überall umsehen und einige Köstlichkeiten probieren zu können, denn später am Abend soll sich das Wetter tatsächlich noch ein bisschen beruhigen. Jedenfalls müssen wir auf den größtenteils unbefestigten Wegen zum großen Zelt durch dichten Schlamm waten und sind ehrlich froh, als wir schließlich vor dem Eingang in Form eines Plexiglas-Vorbaus ankommen. Hier werden kurz die Tickets und ein weiteres Mal die Taschen kontrolliert, danach können wir endlich hinein ins Warme… „Eisheilige Nacht“ 2023 - Los geht’s!

Manntra:


Zuerst sind heute Abend „Manntra“ an der Reihe. Die vierköpfige Band stammt aus Kroatien. Genauer gesagt, aus der kleinen Hafenstadt Umag an der Nordwest-Küste Istriens, nahe der kroatisch-slowenischen Grenze und gründete sich 2011 aus der ehemaligen Industrial-Metal-Formation „Omega Lithium“ von Lečei und Sekul. Weitere Mitglieder stießen im Laufe der Zeit hinzu, einige Besetzungswechsel folgten in den kommen Jahren. Im Spätherbst 2012 erschien das Debüt „Horizont“, welches vom Sänger in absoluter Eigenregie eingespielt wurde. Gefolgt vom Zweitling „Venera“ drei Jahre später und dem dritten Release „Meridian“ in 2017, das in gewisser Weise als kleiner Durchbruch für die junge Band angesehen werden kann: Der Sänger Michael Robert „Das letzte Einhorn“ Rhein von „In Extremo“, der seinen Zweitwohnsitz in Kroatien hat, wurde auf „Manntra“ aufmerksam und konnte somit als Feature-Gast für den Song „Murter“ auf dem vierten und erstmals englischsprachigen Langspieler „Oyka!“, dieses Mal über das Hamburger Label NoCut Entertainment veröffentlicht, gewonnen werden. Auch lud er die Band dazu ein, auf dem eigenen Jubiläumsfestival „20 Wahre Jahre“ auf der Freilichtbühne Loreley in St. Goarshausen aufzutreten und einige Shows der folgenden „Quid Pro Quo“-Tournee als Support zu eröffnen, was für ordentlich Auftrieb sorgte. In den Folgejahren nahm die Band unter anderem am kroatischen Vorentscheid für den Euro Vision Song Contest in Tel Aviv teil und spielten sogar auf einigen der größten Szene-Festivals, wie dem Rockharz oder Wacken Open Air. 2021 erschien das vorletzte Album „Monster Mind Consuming“, im Herbst desselben Jahres die EP „Nightcall“. Nur ein Jahr darauf begleitete man die Dark Rocker und Label-Flaggschiff „Mono Inc.“ auf ihrer großen „The Book Of Fire“-Tour und den zugehörigen Open-Air-Shows, bis im Sommer 2022 die „Kreatura“ auf den Markt losgelassen wurde. Am 22.09.2023 wurde mit „War Of The Heathens“ das vorerst letzte und aktuelle Werk veröffentlicht… Was für ein Output! Etwa um 17.20 Uhr geht es dann auch schon los: Schlagzeuger Andrea Kert, Bassist Zoltan Lečei, Gitarrist Dorian „Dodo“ Pavlović und Sänger Marko Matijević Sekul betreten die Bühne, um mit „Heathens“ und „Morana“ vom neuesten Release zu beginnen. Nebulöse Gitarren bauen sich innerhalb der Strophen langsam auf und manifestieren sich später immer wieder zu dichten Riff-Wänden. Der griffige Stil-Mix lässt sich am ehesten als eine Mischung aus Industrial Rock und Folk-Metal beschreiben. Der raue und zugleich doch ziemlich eingängige Sound fährt gerne voluminöse Drums, knisternde Elektronik und beißende Riffs mit einigen Tempowechseln und kernigem Gesang auf. Der Spirit der kroatischen Wurzeln flammt derweil immer wieder mit kurz eingeflochtenen Traditional-Passagen in den hymnisch-melodischen Refrains auf, so etwa bei „Ori Ori“. Zu „Barren King“, ebenfalls von „Monster Mind Consuming“, welches heute Abend mit ganzen drei Songs den größten Teil der Setlist ausmacht, betritt selbiger dann in Kapuzenumhang und schaurige Totenschädel-Maske gehüllt den Ort des Geschehens, um sich alsbald, auf einer Art Stand-Up Paddle Board stehend, von den zahlreichen Händen über die Menge tragen zu lassen. Mit „In The Shadows“ gibt es danach den einzigen Track von „Oyka!“ auf die Ohren. Generell merkt man, dass sich „Manntra“ bei ihren Live-Shows hauptsächlich auf das Material neueren Datums seit dem Label-Wechsel konzentrieren. Und so gibt es mit „Et It Peccatum“ gleich noch einen Song von der aktuellen Scheibe, ehe mit „Nightmare“ das rund halbstündige Set beendet wird. Geht man nach dem sehr wohlwollenden Applaus, kann davon ausgegangen werden, dass „Manntra“ an diesem Abend einige neue Hörer gewonnen haben!

Letzte Instanz:


Als zweite Band stehen an diesem Abend die sechs Brachialromantiker von „Letzte Instanz“ aus Dresden auf der Bühne, die mittlerweile schon zum sage und schreibe fünften Mal zu Gast auf den eisheiligen Nächten sind. Einige Minuten nach der angekündigten Startzeit von 18.00 Uhr treten Schlagzeuger Andy Horst, Cellist Benni „Cellini“ Gerlach, Violinist Rico „M. Stolz“ Schwibs, Bassist Markus Vieweg, der Adrian Kehlbacher seit dem diesjährigen Dresdener Stadtfest „Canaletto“ ablöst, Gitarrist Bernie Geef und Sänger Rainer Stefan „Holly Loose“ Hoffmann dann schließlich auf die Bretter vor das übergroße Backdrop, welches vom imposanten Cover-Artwork ihres noch immer aktuellen Studioalbums „Ehrenwort“ aus 2021 geziert wird. Dessen gleichnamiger Titeltrack fungiert hier auch als powernder Opener voll mitreißender Energie und legt damit schon mal den Grundstein für das weitere Set. In diesem ist mit dem folgenden „Entzündet Die Feuer“, einer eingängigen Mid-Tempo-Hymne über Zusammenhalt und Freundschaft, gleich noch weiterer Song aus jenem Werk enthalten. „Ihr seid so geil!“, freut sich Hoffmann und übergibt danach an Cellini, der jetzt das Wort ergreift: „Ihr Lieben, wusstet ihr eigentlich, dass als die Instanz noch ganz klein und jung war, wir eine Band hatten, die unsere Helden waren? Vor fünfundzwanzig Jahren, ja, wir sind dieses Jahr so alt geworden…“, setzt er an und wird von lautem Jubel aus dem Publikum unterbrochen, bevor er fortfahren kann. „Das feiern wir nächstes Jahr auch nach und zwar am 07.12.2024 in Dresden! Jedenfalls haben uns unsere Helden damals an die Hand genommen und gesagt, „Kommt, kleine Instanz, ihr seid cool!“… Wir sind übrigens immer noch befreundet und heute stehen sie später noch auf der Bühne und zwar als Headliner. Bedankt euch bei „Subway To Sally“, die hören das ganz bestimmt! Das ist echt wunderbar, wenn man schon so lange auf den Beinen ist. Da gibt’s dann so einige ergraute Lieder, von denen pustet man irgendwann wieder den Staub runter und dann geht’s plötzlich wieder!“, berichtet er und spielt damit auf das kommende Medley an, welches aus drei Stücken der frühesten Vergangenheit der Instanz besteht: Dabei macht das Instrumental „Der Geigenschüler“ den Anfang, zu dem der Cellist bei seinem virtuosen Spiel erst mitsamt seines Instruments mächtig umherwirbelt, bis dann auch Schwibs an der Geige und Geef an der Gitarre hinzutreten, sodass fortan als mehrsaitiges Trio gerockt wird. Ebenfalls vom 1998er Debüt „Brachialromantik“ ist die sich nahtlose anschließende und leicht aufgepeppte Version von „Egotrip“, die daraufhin wiederum in „Mein Todestag“ von „Kalter Glanz“ aus dem Jahr 2001 übergeht. Eine ganz witzige Idee: Die gesampelte Frauenstimme des zynischen Klassikers übernimmt unterdessen eine kleine, rosafarbene Handpuppe, die sich der Sänger zuvor übergestülpt hat. „Vielen Dank, Leute! Habt ihr Bock zu tanzen? Dortmund, habt ihr Bock!?“, fragt er anschließend und führt weiter aus: „Ich muss euch sagen, ich selber kann überhaupt nicht tanzen… Das sieht so scheiße aus. Meine ehemaligen Mitschüler aus der Waldorfschule denken immer noch, dass ich ganz anders heiße… Aber es ist auch gar nicht so wichtig, gut zu tanzen, sondern viel!“, spaßt Hoffmann und weiter geht es mit der wunderschönen Power-Ballade „Wir Sind Eins“ von „Liebe Im Krieg“ aus 2016 und wie gewünscht wird getanzt. Zwar dank des Zeltdachs nicht unter den Wolken im Regen, wie eigentlich in den Strophen besungen, aber immerhin. „Ich bin ja leider ein bisschen erkältet, ihr auch? Wir machen jetzt mal eine kleine Stimmprobe. Mal sehen, wie gut ihr am Start seid! Sind heute Männer da?“, erkundigt sich der Frontmann und scheint nicht ganz zufrieden. „Keine Jungs… Männer!“, stichelt er und schon wird das Echo lauter. „Okay, sind auch Frauen am Start?“. Sind sie.

„Passt auf, die Tonart ist völlig egal. Was ist das schon unter Freunden, hm? Stellt euch einfach vor, das hier wäre ein Regler…“, lächelt Hoffmann, hebt seine Hand und senkt sie wieder, um mit dem Publikum die Tonhöhe beim gemeinsamen Singen zu bestimmen. „Nicht schlecht! Wir machen das jetzt seit fünfundzwanzig Jahren und es hat das erste Mal auf Anhieb geklappt. Sehr geil!“, freut er sich. Der Text ist dabei so simpel, wie zuvor versprochen und so singt Dortmund nun zum eingängigen Up-Tempo „Finsternis“ laute „Ohoho“-Chöre. Mit „Komm“, welches wie auch das vorherige Stück ebenfalls vom „Schuldig“-Album aus 2009 stammt, wird es wieder etwas düsterer und viele Fans tanzen den hier beschworenen Feuertanz. Zur besinnlichen Vorweihnachtszeit gehört ja bekanntlich vor allem die passende Musik, welche einen gehörigen Anteil an der festlichen oder wahlweise gestresst-entnervten Stimmung hat. Traditionelles Liedgut oder gar „Last Christmas“ steht im Folgenden zwar nicht zu befürchten, dafür interpretiert die „Letzte Instanz“ mit dem süßlich-verkitschten „All I Want For Christmas Is You“ von Mariah Carey nun jedoch einen anderen, etwas moderneren Saison-Hit der weihnachtlichen Neuzeit. Passend dazu haben sich die beiden Streich-Virtuosen der Band jetzt ordentlich in Schale geschmissen, wobei Schwibs in ein ziemlich unbequem aussehendes Christbaum-Kostüm samt bunter Kugeln gezwängt wurde und Cellini stilecht mitsamt roter Robe, Mütze und weißem Rauschebart den Santa Claus gibt, der eifrig einige CDs und T-Shirts als milde Gaben ins Publikum wirft. Das sicher gut gemeinte Cover gestaltet sich zugegebenermaßen doch als etwas chaotisch und disharmonisch, ja, fast schon improvisiert, ist aber trotzdem eine kurzweilig-spaßige Angelegenheit und macht gut Laune. Generell muss ich persönlich sagen, dass es dem Auftritt zumindest nach meinem individuellen Gefühl irgendwie am gewissen Etwas fehlt. Woran genau das liegt, lässt sich nur schwer sagen, zumal mein letztes Instanz-Konzert mittlerweile leider schon einige Jahre zurückliegt, obwohl ich die sympathische Band sowohl live als auch auf Platte ausgesprochen gerne mag, wenngleich ich mich mit dem neuesten Studioalbum seit Veröffentlichung nicht ganz anfreunden konnte. Gefühlt wirkt die heutige Show im Vergleich ein bisschen kraftlos, insbesondere Hollys Stimme habe ich von den bisher erlebten Konzerten sehr viel voluminöser und sicherer im Gedächtnis. Vielleicht liegt es auch an der Song-Auswahl, die aufgrund der stark limitierten Spielzeit natürlich nur einen kleinen Bruchteil des großen Backkatalogs abdecken kann. Wer weiß. Danach ist es mit „Rapunzel“ und dem kleinen „Deichkind“-Crossover „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)“ wieder an der Zeit für rockigere Töne, bei welchen sich Benni Cellini auch zu einem kurzen Stage-Dive-Ausflug hinreißen lässt. „Vielen Dank, Leute! So, wir haben noch ein letztes Lied für euch und dann kommen wir zum angenehmen Teil des Abends und feiern zusammen mit „Fiddler‘s Green“ und natürlich „Subway To Sally“, okay?“, verabschiedet sich der Sänger im Namen der gesamten Band, die nun mit dem melancholischen „Noch Einmal“ von „Morgenland“ nach knapp vierzig Minuten ihr gefühlt viel zu kurzes Set zum Abschluss bringt.

Fiddler's Green:


Zum nunmehr insgesamt vierten Mal bei der „Eisheiligen Nacht“ als einer von drei befreundeten Support-Acts mit dabei sind die 1990 gegründeten „Fiddler‘s Green“ und wer bisher schon einmal in den Genuss eines Live-Konzerts der sechs Erlangener gekommen ist, der weiß ganz genau, was das jetzt heißt: Alle Zeichen stehen ganz klar auf maximal ausgelassener Party und garantiert guter Laune, wenn in der nächsten Dreiviertelstunde 100% bester Irish Speed Folk das große Zelt auf dem Lichterweihnachtsmarkt Dortmund fest im Griff hat! Dementsprechend voll ist es jetzt auch vor der Bühne, als die Band aus Schlagzeuger Frank Jooss, Akkordeonspieler Stefan Klug, Geiger Tobias Heindl, Bassist Rainer Schulz, Gitarrist Patrick „Pat“ Prziwara und Sänger Ralf „Albi“ Albers zum spaßigen Intro „In Want To Be Irish“, der diesjährig veröffentlichten und äußerst charmanten Hommage an den Neunziger-Hit „I Wanna Be A Hippie“ des britischen Produzenten-Duos „Technohead“, erst mit einiger zeitlicher Verzögerung die Bretter stürmt, um dann sofort mit „Life Full Of Pain“ vom 2009er Album „Sports Day At Killaloe“ gewohnt temporeich durchzustarten. Dicht gefolgt vom kürzlich veröffentlichten „Shanghaied In Portsmouth“, einem schönen Vorgeschmack auf das schon bald am 29.12.2023 erscheinende Studioalbum „The Green Machine“. Hier natürlich ohne die Feature-Beteiligung von „Mr. Hurley & Die Pulveraffen“, was aber rein gar nichts ausmacht, denn die neue Nummer steht auch so für sich selbst. Zwei heiß geliebte, junge Klassiker gibt es mit „Bottoms Up“ und „Perfect Gang“ von der „Devil‘s Dozen“ aus 2016 gleich hinterher, sodass das Publikum bestens aufgewärmt für das folgende Set ist. Und das ist auch sehr gut so, denn zum ebenfalls brandneuen „The Bog“ werden jetzt mehrere große, grüne Ballons und ein riesiger in Gelb mit einem aufgemalten Peace-Zeichen der feiernden Menge übergeben, die daraufhin während des gesamten Songs über den Köpfen hin- und herfliegen - Ein großer Spaß! „Den Großen brauchen wir aber später wieder, ja?“, versichert sich Albi scherzend. Zu „Greens And Fellows“ schwenken zwei als Rentiere verkleide Crew-Mitglieder auf den Egorisern große Fahnen, die Fans wiegen derweil die Arme im Takt und schunkeln selig dazu. Diesen Moment der etwas abgekühlten, beseelten Stimmung nutzen „Fiddler‘s Green“ dazu ein wirklich schönes und gewohnt kreatives Instrumental-Stück einzubinden: Während Klug nun weiter im Hintergrund einer Art Leierkasten eine ruhige Melodie entlockt, gibt Heindel an der Geige zunächst ein ausgedehntes Solo, welches sehr stark nach irischem Traditional klingt, bis plötzlich Jooss hinzutritt und mit rhythmischer Percussion an einer Trommel einsteigt, auf welche eines der Crew-Rentiere mit einem kleinen Fass Wasser zu gießen beginnt. Es folgen „The Galway Girl“ und weitere ausgelassene Tänze. Die Stimmung hat ihren vorzeitigen Siedepunkt erreicht.

„Gibt‘s hier jemanden, der uns noch nie gehört hat? Echt!? Das folgende Stück braucht euch nach jeder Zeile. Ich mache das mal kurz vor…“, erklärt der Sänger zur gesanglichen Interaktion bei „One Fine Day“, um nur wenige Sekunden später lachend zu bemerken: „Okay, ich muss ja gar nix mehr sagen!“. Zu „Down“ mit seinem kleinen Schwenk zum italienischen „Bella Ciao“ sollen dann alle Zuschauer auf Albis Handzeichen hin in die Hocke gehen und anschließend hochspringen, was selbst trotz des recht beengten Raums direkt vor der Bühne gut klappt. Danach wird inmitten des Publikums eine Klappleiter für Heindel aufgestellt, der alsbald über den Köpfen der Fans zu „Mrs. McGrath“ eifrig zu musizieren beginnt - Eine coole Idee! „Wahnsinn! Als Dankeschön für euren Einsatz kommt gleich aus gegebenem Anlass ein Rentier zu euch. Bringt sie uns wohlbehalten zurück, ja?“, bittet Albers und schon wenige Minuten später wird zur sehr gelungenen Cover-Version von „Rudolph, The Red-Nosed Reindeer“ vom letztjährig veröffentlichten Weihnachtsalbum „Seven Holy Nights“ ein verkleidetes Crew-Member in einem Schlauchboot von den zahlreichen Händen der begeistert strahlenden Gäste getragen, die nun mit allerlei Süßigkeiten beschenkt werden. Witzig: Als der weihnachtliche Song schließlich schneller wird, bildet sich dazwischen sogar ein kleiner Circle Pit. Rudolph und Folk Rock? Warum auch nicht! „Einen Applaus für unser Rentier, bitte. Kommen wir jetzt zu unserem allerliebsten Thema… Ihr wollt nämlich bestimmt ein Sauf-Lied hören, oder? Jetzt kommt ein neues Stück von unserem Album, das schon bald am 29.12. raus kommt. Das Video dazu erscheint übrigens noch heute Abend, das könnt ihr euch dann später anschauen.“, kündigt der Sänger gut gelaunt an und so wird anschließend „A Good Old Irish Bar“ zum Besten gegeben, das sich am ehesten als klassische Fiddler‘s-Nummer beschreiben lässt und dementsprechend sofort gut ankommt. „Das ist wirklich wunderbar mit euch! Wollen wir nochmal zusammen springen?“. Was für eine Frage! Zum großen Finale werden mit dem energetisch groovenden „Yindy“ und „Victor And His Demons“ dann die ganz großen Hits ausgepackt, bevor „The Night Paddy Murphy Died“ die wie immer kurzweilige und extrem spaßige Folk-Party nach knapp fünfzig Minuten beendet. Dortmund ist glücklich und das merkt man auch!

Subway To Sally:


Die vor einigen Stunden eingetretene Verspätung konnte insbesondere durch die zahlreichen, aufwändigen Changeovers zwischen den einzelnen Gigs bisher nicht aufgeholt werden und zieht sich somit weiterhin durch den laufenden Abend, womit diese am Ende selbstverständlich auch nicht vor dem bereits mit viel Spannung erwarteten Gastgeber gnädigen Halt macht. An dieser Stelle übrigens ein großes Lob an die jeweiligen Crews, die so schnell wie versiert sichtlich alles daran setzen, die verlorene Zeit so wieder auszubügeln! So grenzt es bei all den streng getakteten Abläufen, schnellen Umbauten von Technik und Bühnenbildern sowie knackigen Soundchecks beinahe an ein kleines Wunder, dass sich der sehnlichst erwartete Headliner gerade mal mit einer mehr als verkraftbaren Verschiebung von etwa einer Viertelstunde ankündigt, als gegen 20.30 Uhr zum letzten an diesem Abend langsam die Lichter im großen Zelt inmitten des Fredenbaumparks der tiefen Dunkelheit weichen… Von irgendwoher rauscht der Wind, doch dringt jenes Geräusch jetzt nicht etwa von weit draußen ins wärmende Innere, obgleich die seitlichen Planen der Ausgänge aufgrund des widrigen Wetters tatsächlich immerzu ab und an kurz hochklappen. Erst ist es gefühlt nur eine sanfte, kühle Brise, doch je näher der dringliche Klang kommt, desto stärker bäumen sich die wild peitschenden Böen scheinbar auf. Allmählich und nur ganz langsam tauchen Scheinwerfer die mystische, von sanft aufziehendem Nebel eingerahmte Szenerie während der nächsten Sekunden in ein dunkles Blau und geben damit Stück für Stück den Blick auf das Bühnenbild frei: Wie schon auf der im April diesen Jahres gestarteten „Himmelfahrt“-Tournee wird der Hintergrund von einem überdimensionalen Backdrop auf unschuldig-weißem Grund bestimmt, vor welchem sich mächtig das aktuelle Band-Logo der neuen Ära erhebt. Der einst kantige Stierschädel ist nur noch an seinen bloßen Umrissen zu erkennen und gleicht nun viel mehr einem Flugzeug oder mechanischen Steampunk-Vogel aus der Draufsicht. Zugleich erinnert es in seiner hiesigen Ausführung an einen fremdartigen Himmelskörper mitten aus dem All. Irgendwie futuristisch. Stählern. Anders. Aus seinem Inneren bricht gülden gleißender Lichterschein nach außen hervor, wodurch es beim längeren Betrachten beinahe wie ein heiliges Symbol einer unbekannten Kultur erscheint - Wow!

Die übrigen Aufbauten in ihrer klassischen Anordnung wirken dagegen insbesondere im direkten Vergleich mit nahezu allen vorherigen Touren leider etwas karg und abgespeckt, ja, beinahe auf das Notwendigste reduziert: Vor eben jenem Backdrop ragt ein zweistufiges Podest in Koordinatengitter-Optik empor, das neben dem mittig positionierten Schlagzeug auch Erhöhungen für mindestens zwei weitere Musiker zu den Seiten bietet. Eingefasst wird das alles anschließend von einer großen Riege an Scheinwerfern. Video-Leinwände oder andere Deko-Elemente, wie beispielsweise die Zäune und Käfige aus „MitGift“-Zeiten, gibt es dieses Mal leider nicht. Unter laut dröhnendem Herzklopfen, welches fordernd pochend aus den Boxen dringt und den Adrenalinspiegel eines so manchen Fans nochmals so richtig in die Höhe treibt, treten Drehleierspieler Michael „Bodenski“ Boden, Gitarrist Simon Levko und Sänger Erik-Uwe „Eric Fish“ Hecht als Trio ins Zentrum aller Aufmerksamkeit, um gemeinsam das mehrstimmige „Sarabande De Noir“ zu besingen, das die eisheiligen Nächte in der fünfzehnjährigen Festival-Historie bereits so manches Mal feierlich eröffnete. Gewandet in lange Umhänge und tief in die Gesichter gezogenen Kapuzen, beginnen die Drei traditionell die beschwörenden Zeilen dieser legendären Event-Reihe zu singen: „Stille Nacht, heilige Nacht. Alles schläft, nur wir sind wach! Fassen die Hände zum inneren Kreis. Singen von Feuer und ewigem Eis. Stille Nacht, eisheilige Nacht...“.

Fast unbemerkt, haben derweil auch Schlagzeuger Simon Michael Schmitt, Violinistin Almut „Ally“ Storch, Bassist Silvio „Sugar Ray“ Runge und Multiinstrumentalist Ingo Hampf ihre angestammten Positionen im Hintergrund eingenommen. Zum schaurig-romantischen Opener „Schneekönigin“ setzen die donnernden Drums und harten Saiten unvermittelt ein, unzählige Hände zeigen wie der hier besungene Kompass nach Norden auf und im Refrain rieselt sacht flockender Schnee von der Decke hinab. Nein, diese Eröffnungszeremonie verfehlt ihre Wirkung niemals! Der einstige Opener der just vergangenen Hallen-Tournee und gleichsam die erste Vorab-Single zu „Himmelfahrt“ setzt das Set dann energiegeladen fort und tatsächlich bietet „Was Ihr Wollt“ mitsamt seinen meterhohen CO2-Fontänen ziemlich viel von dem, was die eingeschworene Fan-Gemeinschaft sich heute Abend wünscht. „Vielen Dank für den tollen Empfang!“, begrüßt Fish das begeistert jubelnde Publikum und leitet sodann zum nächsten Stück über: „Dortmund, macht die Leinen los und lasst uns zusammen in See stechen mit einem Schiff, auf dem stolz nur ein einziger Name prangt…“, fordert er auf und natürlich kann es darauf nur diese eine Antwort geben, die jetzt auch geradezu ohrenbetäubend laut aus hunderten Kehlen hoch zur Bühne zurückschallt: „Subway To Sally“! Zusammen mit den treuen Anhängern legt man nun zum zweiten Vorgeschmack „Leinen Los“ endgültig vom Heimathafen ab und geht auf eine vorweihnachtliche Folk-Metal-Reise, welche in den nächsten neunzig Minuten darüber hinaus noch viele weitere Neuzugänge und geschätzte Klassiker bereithalten soll. „Danke, Danke, Danke! Und morgen früh werdet ihr sagen, ihr habt alles gehört und bekommen, was das Herz will…“, verspricht der Frontmann lächelnd. Natürlich verweist dieser kleine Wink mit dem Zaunpfahl auf „Alles Was Das Herz Will“, der einzig verbliebene „HEY!“-Song in der momentanen Setlist.

„Dankeschön, das fühlt sich so gut an! Noch ein Lied, das ganz sicher auch auf eurem Wunschzettel stand und stehen wird.“, zwinkert er und wird vollkommen Recht behalten, denn die unsterbliche Szene-Hymne „Eisblumen“ ist schon seit unzähligen Jahren längst nicht mehr aus der Setlist einer jeden Subway-Show wegzudenken. Besonders schön dann wie immer das filigrane Violinen-Outro und der obligatorische Fan-Chor, der den Refrain nach Beendigung des Songs beinahe ohne Aufforderung so textsicher wie eh und je nochmals ganz alleine wiederholt. Dass sich auch die ein oder andere neue Nummer bereits größter Beliebtheit erfreut und nur zu gerne laut mitgesungen wird, haben heute Abend die zwei Singles in den ersten Minuten bewiesen, doch auch die melancholische Power-Ballade „Weit Ist Das Meer“, die im Refrain erneut von zischenden Fontänen aus Dampf begleitet wird, nimmt sich da keinesfalls aus und wird wie ein alter Bekannter gefeiert. Das freut die Band selbstredend, die sich mit dem vitalisierenden „Himmelfahrt“ musikalisch wieder mehr an ihren Wurzeln orientieren und Aufschwung erhalten wollten. Nicht zuletzt auch, um sich selbst aus dem Motivationstief der Pandemie zu katapultieren. „Habt Dank! Das war für uns elementar, dass ihr die neue Platte so angenommen habt, wie ihr sie angenommen habt. Das war für uns nochmal so ein „Kick in the ass“ und damit Grund genug, noch etwas mehr davon zu spielen. Kommen wir jetzt also zu meinem persönlichen Liebling. Lasst euch einladen auf einen romantisch-morbiden Spaziergang über einen Friedhof. Legt eurem Nachbarn dazu die Hände auf die Schultern und wiegt euch in unserem Rhythmus…“, wünscht sich Eric Fish zum großartigen „Auf Dem Hügel“, welches rasend schnell Erinnerungen an die Frühwerke der Band der Marke „Traum Vom Tod II“ wachruft.

„Wow, was für ein Kick! Schön zu sehen, dass ihr bei uns seid.“, freut sich der Sänger sichtlich zufrieden und kündigt für den nächsten Song eine Zeitreise zwanzig Jahre zurück an, mit welcher man einer weiteren Tradition frönen möchte. „Mal sehen, wer länger durchhält…Ihr oder der alte Sack!“, scherzt Fish und so wird zur baldigen Ankunft der „Henkersbraut“ mächtig im brachial prügelnden Takt gesprungen oder es werden im Refrain von „Falscher Heiland“, das in all den Jahren an Aktualität leider nichts eingebüßt hat, alle falschen Propheten mit winkenden Händen in die Wüste geschickt. „Peace, Freunde!“, ruft der Frontner und nimmt kurz einen Schluck aus der Wasserflasche. „Das Programm ist wirklich sehr schön, aber darin ist echt kein Platz zum Trinken für mich vorgesehen…“, spaßt er. „Vorhin hatten wir ja schon mal den Schrei. Das sagt euch was? Okay. Wir sind zwar das erste Mal in Dortmund, aber nicht das erste Mal im Pott. Der Schrei ist legendär. Ich weiß, alle Bands haben euch heute schon etwas abverlangt, aber unser Schrei muss und wird lauter sein!“. Gesagt, getan. Dortmund kennt natürlich alle gewünschten Antworten auf die Fragen von „Das Rätsel II“ und auch den hier gleich mehrmals eingeforderten Schrei soll es beachtlich stimmgewaltig aus allerhand vollen Kehlen geben. „Der Wahnsinn! Habt Dank, Freunde. Beim nächsten Stück haben wir schon beim Komponieren ein Bild vor Augen gehabt, was wohl im Saal passieren würde… Und dieses Bild müssen wir nun herstellen. Macht doch mal alle ein großes Loch, wo ich jetzt hinzeige und gruppiert euch zu einem Circle Pit. Nur das passt zum nächsten Lied. Dabei könnt ihr euch dann nämlich umdrehen und eurem Hintermann selbstbewusst zurufen…“, erklärt Fish den folgenden Ablauf und weiter geht es natürlich mit „Ihr Kriegt Uns Nie“, das insbesondere live wirklich viel Laune macht und einen würdigen Vertreter des vorherigen Pit-Anwärters „Besser Du Rennst“ darstellt. „Sehr schön! Nach dem nächsten Lied bauen wir einen kleinen Break ein und danach schauen wir mal, ob ihr dieses bekannte Kinderlied noch von uns bekommt.“, witzelt er über die einfach nicht abreißen wollenden „Blut, Blut…“-Rufe aus dem Publikum. Der Klassiker „Kleid Aus Rosen“, welcher nunmehr seit einigen Jahren live ausschließlich in seiner aktualisierten MMXV-Version gespielt wird, gehört ohne Frage zu den ganz großen, unverzichtbaren Hits im subway‘schen Repertoire und so werden auch die Fans trotz mittlerweile weit vorangeschrittener Stunde nicht müde, die entsprechenden Zeilen voller Inbrunst zu singen. Wie üblich, zerrupft Fish passend dazu noch eine Rose, die ihm aus dem Publikum angereicht wird, um anschließend ihre Blätter zu verstreuen.

Zum instrumentalen Outro der „HEY!“-Tournee verlassen die Musiker danach erstmals die Bühne, während die Fans brav weiter im donnernden Takt klatschen, bis der (vorerst) letzte Tone langsam verklingt. Wer die Ende Oktober überraschend veröffentlichte Standalone-Single, welche so heißt, wie die traditionsreiche Event-Reihe selbst, bisher im Set vermisst hat, darf jetzt endlich beruhigt aufatmen: Nur wenige Minuten später wird die Show mit der brandneuen Hymne „Eisheilige Nacht“ fortgesetzt und folglich der Zugaben-Block eingeleitet. Die harten Riffs und die aggressiv sägende Violine harmonieren ganz hervorragend mit den sphärisch-eindringlichen Strophen und dem geradezu majestätischen Refrain, in welchem es selbstredend erneut von der Decke der Bühne zu schneien beginnt. Ganz bestimmt ein neuer Gassenhauer auch für künftige eisheilige Nächte! „Ein Lied für uns und natürlich auch für euch… Das nächste Stück übrigens ebenso, das stelle ich gar nicht in Frage. Wir zählen es jetzt zusammen ein und zwar mit unseren Stimmen und auch mit den Fingern!“, schlägt Fish vor und hält beide Hände hoch. Jedem Besucher, der mindestens ein einziges Konzert der Potsdamer erlebt hat, weiß ganz genau, welcher Hit jetzt folgen muss: „Sieben“! Nachdem sich Dortmund etwas in Finger-Akrobatik geübt hat, schließt sich eine weitere Nummer an, die laut dem Sänger ganz gewiss auch auf den Wunschzetteln der Fans stehe und die diesen bereits an den ersten Tönen erkennen würden. Stimmt genau, denn schon als der Sänger zur kleinen Tin Whistle greift und die Bühne in orangefarbene Lichter getaucht wird, bricht lauter Applaus los. Alle wissen, es ist an der Zeit für einen heißen „Tanz Auf Dem Vulkan“. Wie bereits seit einigen Jahren, muss auch dieser Song fernab der ganz großen Festivals mittlerweile ohne Feuerschübe oder sonstige Pyrotechnik auskommen, dafür schießt heuer abermals reichlich Nebel empor. Von seiner unbändigen Energie und Wirkung hat der Track dennoch nichts eingebüßt und so bewegt sich Dortmund tänzelnd auf kochendem Gestein bis zur endgültigen Eruption! „Freunde, war das nicht ein denkwürdiger Abend!? Natürlich gibt es auch ein Finale, welches wir uns mal ausgedacht haben und das für alle Zeit seinen Platz haben wird. Dafür kommen jetzt zumindest stellvertretend noch einmal alle Kapellen hier zu uns, sonst wären es auch einfach zu viele auf der Bühne stationiert. Als da wären…“, verkündet Eric Fish und begrüßt anschließend Marko Matijević Sekul von „Manntra“, Benni „Cellini“ Gerlach, Rico „M. Stolz“ Schwibs und Stefan „Holly Loose“ Hoffmann von „Letzte Instanz“ sowie Stefan Klug, Tobias Heindl und Ralf „Albi“ Albers von „Fiddler‘s Green“ zurück auf den Brettern.

Seit den eisheiligen Nächten 2014, bei denen damals „Saltatio Mortis“ als Co-Headliner auftraten und den Zugabe-Block unter dem Motto „Das Gipfeltreffen der wahren Volksmusik“ gemeinsam mit „Subway To Sally“ während vier Songs bestritten, hat sich in den Folgejahren daraus die wirklich schöne Tradition entwickelt, gegen Ende des Sets nochmals einige Musiker aller Bands des jeweils aktuellen Line-Ups für ein ganz spezielles Lied zurück ins Rampenlicht zu bitten. Dabei unterstützen sich die Instrumentalisten, zumeist aus der Streicher-Fraktion, gegenseitig, während die Sänger der entsprechenden Bands die Strophen gerecht untereinander aufteilen. So wird der psychedelisch-rockende Klassiker „Veitstanz“, hier ebenfalls in der MMXV-Version, zur gemeinschaftlichen Folk-Party unter Freunden und alle machen mit - Toll! Den endgültigen Abschluss bildet dann jedoch, wie sollte es auch anders sein, das wie immer unablässig eingeforderte „Julia Und Die Räuber“. Nach einer kurzen und gewohnt unterhaltsamen Einstimmung durch die nunmehr weihnachtlich bemützten Boden und Levko, bei der die Tonhöhe sorgsam spaßend abgeglichen werden, geht es auch schon los: Michael, Runge und Hampf stehen auf den Podesten bereit, während die ebenfalls Zipfelhauben tragenden Storch und Fish, übrigens in glitzerndem und schwarzem Farbton, weiter vorne agieren. Dortmund singt sich zu den Klängen der Marktsackpfeife noch einmal so richtig die Seele aus dem Leib, sodass es selbst draußen vor dem Zelt noch zu hören sein muss. Vorweihnachtliche Besinnlichkeit auf Folk-Rock-Art! Und so werden die glücklichen Fans circa gegen 22.00 Uhr schließlich in die Nacht und damit auch in die sehr bald kommenden Feiertage entlassen. Manche strömen aus dem Fredenbaumpark zu den Parkplätzen, doch einige verweilen auch noch auf dem Gelände auf ein heißes Getränk oder einen anderen Gaumenschmaus. Im kleinen Partyzelt gibt es überdies ebenfalls noch Live-Musik bis 23.30 Uhr, heute von den „Cobblestones“. Wer im kommenden Jahr dem vorweihnachtlichen Stress wieder ein wenig entkommen und stattdessen für ein paar Stunden in phantastische Welten abtauchen will, ist herzlich zur nächsten Ausgabe der nächsten Folk-All-Star-Party des legendären Traditionsevents „Eisheilige Nacht“ eingeladen! Am 20.12.2024 wieder im Fredenbaumpark Dortmund. Auf ein Wiedersehen!

Setlist:


01. Sarabande De Noir (Intro)

02. Schneekönigin

03. Was Ihr Wollt

04. Leinen Los

05. Alles Was Das Herz Will

06. Eisblumen

07. Weit Ist Das Meer

08. Auf Dem Hügel

10. Henkersbraut

11. Falscher Heiland

12. Das Rätsel II

13. Ihr Kriegt Uns Nie

14. Kleid Aus Rosen MMXV

15. Eisheilige Nacht

16. Sieben

17. Tanz Auf Dem Vulkan

18. Veitstanz MMXV 19. Julia Und Die Räuber Impressionen:

 

Jobst Meese - Jodocus Obscurus Photography

 

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