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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Amphi Festival - Tag I - Lanxess Arena, Köln - 25.07.2015


Veranstaltungsort:

Stadt: Köln, Deutschland

Location: Lanxess Arena

Kapazität: ca. 20.000

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Ja

Homepage: http://www.amphi-festival.de

Einleitung:

Aller Anfang ist schwer. Diese, doch recht abgedroschene, Lebensweisheit soll speziell an diesem Wochenende noch Erfüllung finden und aufzeigen, wie viel Wahrheit doch so manches Mal in einem einfachen Spruch stecken kann. Doch nicht nur eben erwähnter Anfang, sondern auch das Aufstehen aus dem warmen Hotelbett, gestaltet sich am heutigen Morgen alles andere als leicht. Spät ist es geworden, als ich letzte Nacht die Tür zu meinem Zimmer aufschloss, sehr spät. Immerhin dauerte die Eröffnungsveranstaltung auf der MS RheinEnergie, als auch der Rückweg zum Hotel, bis in die frühen Morgenstunden an. Und desto weniger Schlaf der geneigte Festivalgänger bekanntlich hat, umso schwerer gestaltet sich der nächste Morgen. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich leicht verschlafen und somit das Frühstück verpasst habe. Ich nutze die Zeit um langsam aber sicher wach zu werden und mich dann für die anstehenden Stunden fertig zu machen. Bevor ich mich anziehe, werfe ich in alter Tradition noch einen Blick auf mein Handy, um genauer zu sein, auf die offizielle Facebook-Seite des Amphi Festival. Wie auch ich in den vergangenen Tagen gehört hatte, wurde für den Samstag eine Unwetterwarnung über Nordrhein-Westfalen ausgerufen. Das diese jedoch einen besonders starken Einfluss auf die beiden Tage am Wochenende haben könnte, befürchtete ich, wie wohl auch die meisten anderen, bis dato keineswegs. Wie ernst Meldungen und Berichte dieser Art zu nehmen sind, varriert ja zumeist unterschiedlich stark und so ließ ich keinen Zweifel daran, dass der Wettergott gnädig sein und Köln bei seinem stürmischen Vorhaben festivalfreundlich übergehen würde. Dem Amphi und all seinen Besuchern zuliebe. Dieses Denken sollte sich jedoch, im späteren Verlauf des Tages, noch das ein ums andere Mal als äußerst falsch herausstellen.

Die Facebook-Seite vermeldet lediglich eine kleine Änderung des Programms, nichts weiter. Die beiden Industrial-Bands "Centhron" und "[x]-Rx" werden aufgrund der Wetterlage von ihren ursprünglichen Positionen auf der "Green Stage" abgezogen und in die Lanxess Arena, auf die Mainstage verlegt. Erstere sollen schon am frühen Morgen, noch vor der Band "Schöngeist", eröffnen. Zweitere hingegen, bekommen einen Slot, welcher nach "The Crüxshadows" angesetzt ist. Keine schlechte organisatorische Entscheidung, kann das Open Air-Programm so immerhin vor einem Ausfall bewahrt und alles weitere für diese Bühne beobachtet, abgewartet und gegebenenfalls auch umgeplant werden. Wie dann in einem wettertechnischen Ernstfall mit den, im Zeitplan nachfolgenden Bands, oder gar den Künstlern der zweiten Bühne unter freiem Himmel, genannt "Orbit Stage" verfahren und sich arrangiert wird, frage ich mich zu dieser Zeit nur geringfügig. Weniger schön ist dann die Erkenntnis, dass das interaktive Songwriting mit "Welle:Erdball"-Fronter Honey auf der Hauptbühne, aus Zeitgründen leider entfallen muss. Dafür das ein Unwetter ansteht, ziemlich moderate Abänderungen im Programm, wie ich finde. Zumal das verantowrtliche Team offenkundig sogar versucht einige Bands, zur Zufriedenheit der Fans, umzudesponieren und sich die Möglichkeit des abwartens für das weitere Programm offen hält. Diese Art der Organisation ist schon eine kleine Kunst, wenn man sie beherrscht. Und so begebe ich mich positiv gestimmt aus dem Hotel und steige in ein Taxi, direkt Richtung Bahnhof Köln-Deutz. Mittlerweile hat es zu regnen begonnen, zuerst nur ganz leicht, dann immer stärker. Auch der Himmel ist trostlos und grau, von einem wirklichen Regenschauer oder gar Unwetter sind wir aber noch meilenweit entfernt, wie ich finde. Kein wirkliches Festival-Wetter, wie einige andere und auch ich, nach einer kleinen Stärkung am Bahnhof auf dem Weg zur Arena befinden. Doch bleibt im weiteren Verlauf des Tages ja noch genug Zeit zur Besserung, einige Bands auf meiner Agenda, bespielen sowieso die Hauptbühne im Inneren und zwischendrin könne man ja in bester Open Air-Manier zwischen den Verkaufsständen, sowie den beiden Bühnen flanieren. Weder ein grauer Himmel, noch ein wenig Regen haben meiner Erfahrung nach bisher ein Festival-Erlebnis zu sehr beeinträchtigt oder gar vorzeitig beendet. Kein Grund zur Sorge also. Die Bändchen-Ausgabe findet auf dem Weg zu Arena, seitlich des Parkhauses und auf einer kleinen Erhöhung am Rande statt. Dort befindet sich auf die Tageskasse, an welcher noch ein kleines Kontingent zur Verfügung zum Kauf steht. Da ich meinen Zutritt schon einen Tag zuvor, auf dem Eröffnungsevent, bezogen habe, kann ich mir diesen leicht zeitaufwendigen Umstand ersparen.

Samstag, 25.07.2015 - Amphi Festival Tag 1:


Ich gehe den Weg zur Lanxess Arena weiter hinauf und befinde mich, nach einer kurzen Bändchen- und Taschenkontrolle, auch schon auf dem weitläufig abgesperrten Gelände um die Arena. Einige Wagen, welche wohl bald eröffnen und diverse kulinarische Köstlichkeiten anbieten werden, stehen auf dem ganzen Vorplatz. Zahlreiche Zelte, welche ebenfalls verschlossen sind, sind auch zu sehen. Ein Blick zu meiner Linken verrät mir, dass dort wohl eine der beiden Open Air-Bühnen zu finden sein wird. Der Weg dorthin ist durch einige Bauzäune abgesperrt und der Bereich somit nicht zugänglich. Weiter zur rechten Seite werden die Gäste von weiteren Bauzäunen eingegrenzt. Bevor ich mich fragen kann, ob der angekündigte Amphi-Eventpark hier schon endet, blicke ich etwas weiter, durch die Zäune hindurch. Weitere Zelte, darunter eines von "Out Of Line", mehrere Wagen und ein offizieller Festival-Merch sind zu sehen. Auch diese sind geschlossen und verlassen. Mehr ist nicht zu sehen und ich beginne langsam darüber nachzudenken, wann sie wohl eröffnen werden. Da allen Besuchern und auch mir derzeit keine anderen Optionen zur Erkundung offen stehen, begebe ich mich in den imposanten Bau direkt vor mir. Unzählige Glaswände und Türen zieren die Fassade, einige davon geöffnet. Ich trete durch eine der geöffneten Türen und fühle mich direkt ein wenig verloren. Ein wummernder Bass donnert durch die überfüllten Gänge, die erste Band scheint bereits zu spielen. Vorbei an einigen wenigen Ständen innerhalb der Arena, suche ich mir meinen Weg zu einer der großen Türen, über welchen immer die Aufschrift des jeweiligen Blocks geschrieben steht. Da ich keinen Plan der Örtlichkeiten zur Hand habe und daher nicht weiß, zu welchem der Ränge diese Tür führen wird, ziehe ich probeweise einfach daran. Alles weitere werde ich ja dann im Inneren sehen. Verschlossen. Ich bahne mir meinen Weg gegen den aufkommenden Besucher-Strom zurück und gehe einfach zum nebenliegenden Block. Ebenfalls verschlossen. In der Befürchtung noch zu müde zu sein oder das die Türen klemmen, ziehe ich etwas energischer an ihr. Wieder nichts. Auch zwei weitere Versuche bringen keinen Erfolg mit sich, kurz darauf nähert sich mir ein anderer Gast mit einem Bier in der Hand. "Is' die zu?", fragt er mich freundlich lächelnd. "Ja, anscheinend schon.", antworte ich leicht irritiert von der gesamten Situation. Was ich noch nicht weiß: Die Aufgänge zum Unterrang und den nebenliegenden Eingängen Richtung Innenraum, bleiben während der laufenden Show eines Acts verschlossen. Einen erneuten Eintritt während eines Konzerts gibt es nicht, lediglich der Oberrang schafft da Abhilfe. In den erwähnten Innenraum vor die Bühne, werden die Gäste lediglich gelassen, wenn wiederum andere diesen verlassen. Ein teilweise verständliches, wenn auch leicht frustrierendes, fragwürdiges und vor allem verbesserungswürdiges Einlass-Konzept. Da ich es als sinnlos erachte, mein Glück an weiteren Türen zu probieren, beschließe ich mich in der Halle umzusehen. Neben eben angesprochenen Ein- und Ausgängen der Blocks, sowie den Aufgängen zum Oberrang, bietet die Multifunktionsarena noch ausreichend sanitäre Anlagen, als auch Speisen und Getränke, eine Art Stellvertretung für die geschlossenen Stände im Außenbereich. Softgetränke und Bier sind dort dezent günstiger als am Tanzbrunnen zu haben, Brat- und Currywurst, Krakauer, Pommes und Pizza der Firma "Wagner" sind ebenfalls erhältlich und füllen das Fast Food-Angebot aus. Ein leuchtendes Schild weist auf einen Stand mit offiziellem Band- und Festival-Merch hin, einige andere Stände mit Accessoires, Bekleidung und einem leicht durchwachsenen Tonträger-Angebot schließen sich im Rund der Arena an. Nach einer kleinen Runde an der frischen Luft und einigen Gesprächen, mache ich mich erneut ins Getümmel auf und habe dieses Mal Glück, als ich eintrete: Die Türen zu den Unterrängen stehen offen. Ich werfe einen Blick hindurch und habe offenbar eine gute Wahl getroffen. Ich scheine einen Block nicht weit der Hauptbühne, mit gutem Blick auf diese und ohne Einschränkung auf das Geschehen, erwischt zu haben. Obwohl die Umbaupause noch in vollem Gange ist und einige Roadies auf der Bühne alles vorbereiten, bleiben die Lichter in der Halle ausgeschaltet und so wird es durchgängig bleiben, bis der Headliner des Tages sein Set beendet. Durch den Umstand bei hellichtem Tage direkt ins Dunkle abzutauchen, benötigen die Augen einen Moment um sich zurechtzufinden. Vielen anderen Besuchern scheint es genauso zu gehen und so tastet man sich vorsichtig, im schalen Licht der Handy-Taschenlampe, vorwärts, die Treppen hinab. Ohne weitere Zwischenfälle finde ich einen Sitzplatz und breite mich bequem aus. Die nächste Band steht auf dem Programm und nach einem kurzen Rundum-Blick, erlischt endlich das Licht auf der Bühne. Es geht los!

Arena-Stage, 11.30 Uhr - Schöngeist:

Nachdem "Centhron" bereits den Festival-Tag eröffnet hatten, waren nun die Münchener Gothic Rocker "Schöngeist", um Frontmann Timur Karakus an der Reihe. Die Musiker betreten zusammen die Bühne. Schlagzeuger Manuel Di Camillo, Bassist Andreas Socher, als auch die beiden Gitarristen Daniel Beutner und Michael Hirschberger, sowie Violinistin Henriette Becker nehmen ihre Positionen ein und eröffnen mit dem treibenden "Sonne Der Nacht". Recht elektronisch wird es dann mit "Tief" und dem hart rockenden "Wieder", beide vom aktuellen Album "Wehe!". Musikalisch als auch textlich, wissen die Künstler schon nach kurzer Spielzeit, so einige der Interessierten von sich zu überzeugen und setzen ihr Set gelungen mit weiteren Ohrwürmern wie "Traumtanz" und "Kenne Mich" fort. Der Sound in der Arena entpuppt sich zumeist als recht klar und sauber, die Stimmung und Fülle der Halle sind trotz der frühen Stunde beachtlich. Das zerbliche und traurig-schöne "Zusammen Allein" bildet dann mit dem Titelsong der neuesten Veröffentlichung den Abschluss eines kurzen, dafür umso erinnerungswürdigeren Auftritts. Eine Band, von welcher man in Zukunft noch öfter hören wird.

Arena-Stage, 12.30 Uhr - Chrom:

Danach wurde es Zeit, für die ersten Elektronik-Sounds des Tages. Diese Aufgabe übernimmt Synth Pop-Duo "Chrom" aus Düren. Während der große Bandschriftzug im Hintergrund prangt, betreten die beiden Protagonisten das Feld. Christian Marquis und Thomas Winters begeistern vom ersten Song an, mit ihrer ganz besonderen Symbiose aus klassischen EBM-Elementen, Pop und Electro-Sounds. Nahezu jedes ihrer Lieder entpuppt sich nach und nach als sehr eingängig und hochgradig melodiös. Trotz früher Stunde ist gerade der Innenraum bestens mit Interessierten und Fans gefüllt, auch die Ränge weisen dichte Reihen auf. Die gebündelte Aufmerksamkeit und Begeisterung der Anwesenden ist zum greifen nah, was dann auch lautstark nach jeder der gespielten Nummern zu hören ist. "Chrom" präsentieren in relativ kurzer Spielzeit, eine beachtliche und beeindruckende Auswahl, ihrer beiden Alben "Electroscope" und dem 2012er Werk "Synthetic Movement". Die beiden Musiker wirken auf der riesigen Bühne der Lanxess Arena zuweilen etwas zurückhaltend und verloren, doch auch diesen Umstand meistern sie grandios mit fortschreitender Spielzeit. Ältere Songs mischen sich perfekt mit neuerem Material, wie dem sanften "Loneliness" oder dem poppigen "Memories". Nach einigem Applaus und einem gelungenen Gig, verlassen die beiden Musiker die Bühne. Den herzlichen Beifall haben sie sich erneut mehr als verdient!

Arena-Stage, 13.45 Uhr - Rabia Sorda:

Der Innenraum und auch die Ränge füllen sich mittlerweile immer mehr, denn auch den nächsten Act, wollen sich nur die wenigsten entgehen lassen. Das Nebenprojekt "Rabia Sorda", von "Hocico"-Mastermind Erk Aicrag hat sich auf der großen Bühne angekündigt. Zum dramatisch-spannenden Intro erscheinen die Bandmitglieder, Marcus Engel an der Gitarre und Erks Bruder Fabian am Keyboard. Festivaltypisch sitzt die Zeit im Nacken und so legen die Electro-Punker mit dem straighten "I'm Tragedy" und "Die In Berlin" krachig los, schon kurz danach folgt das bekannte "Out Of Control" zur Freude aller Anwesenden. Das fehlende Backdrop im Hintergrund wird durch passende Video-Installationen und stimmige Beleuchtung kompensiert. Top Aktuelles Material präsentiert man mit "Deaf" vom letzten Studioalbum und "Obey Me! (Promises Of Monsters)" aus der EP "Animales Salvajes". Begeistert geklatscht und gesprungen wird dann zu einer weiteren bekannten Nummer der Bandgeschichte, dem donnernden "Eye M The Black Sheep". Die Band zeigt sich den Auftritt über als äußerst aktiv und spielfreudig, mit einer erheblichen Dosis mexikanischem Temperament gesegnet, weiß Aicrag die Reihen anzuheizen und die jeweiligen Songs stimmlich überzeugend zu performen. Ab der Hälfte des Sets, erschweren einige technische Pannen den Musikern den Auftritt. Fällt anfangs lediglich der Sound des Saiteninstruments über kurze Strecken aus, so ist es danach ein Zusammensturz des gesamten Keyboard-Stativs, welches inmitten eines laufenden Songs versagt. So schnell die Roadies auch versuchen die Probleme zu lösen, fällt es den Künstlern in den ersten Momenten nicht ganz leicht, die Ruhe zu bewahren. Während Erk unbeeindruckt der Probleme sicher weiter performt, arbeitet man im Hintergrund zeitgleich an der schnellen Behebung ebendieser. Und so bietet die Band dem Publikum, mehr und mehr ungeachtet der Widrigkeiten, Songs wie "Abuse Me", "Radio Paranoia" und "Indestructible" mit einer Drum-Einlage seitens Engel. Mit dem Titelsong des letzten Albums, dem elegischen "Hotel Suicide", schließen "Rabia Sorda" ihr Set ab, zu dessen Ende Fabian sein Instrument aus Unmut in Kleinteile zerschlägt. Zum Abschluss der Show, zelebrierte Köln dann noch den Geburtstag von Gitarrist Marcus, zu welchem die Fans "Happy Birthday" sangen und Amarantha LaBlanche mit einem Kuchen die Bühne betrat. Alles in allem sicher kein perfekter, dafür aber umso sympathischerer und professioneller Auftritt, einer authentischen Band.


Nach diesen Gigs verlasse ich meinen Sitzplatz und gehe die Stufen des Blocks hinauf. Ich öffne die Tür, trete hinaus und beschließe, mich erneut etwas umzusehen und mich über das Open Air-Gelände zu erkundigen. In der Halle ist es mittlerweile noch voller als zuvor geworden, unzählige Besucher strömen aus dem Innenraum und benachbarten Blocks heraus, einige stehen draußen vor der Tür, andere wiederum suchen sich ihre Wege im großen Rund der Arena. Es dauert ein wenig, bis auch ich mich an der frischen Luft wiederfinde. Bis jetzt, bin ich dennoch recht zufrieden und positiv überrascht, über die neuen Gegebenheiten des Amphi Festivals. Klar, die Location ist etwas völlig anderes, als es der Tanzbrunnen war. Besonders ein hohes Maß an Atmosphäre büßt das Festival durch das fehlen der schönen Außenbereiche hier ein. Weder ein Park, noch eine Strand-Lounge mit Blick auf den Rhein zum entspannen finden sich hier. Für einen kleinen Ausgleich und das Bewahren des Festival-Gefühls, wird dann sicher in wenigen Stunden der Event-Park mit seinen beiden Bühnen sorgen, wie ich hoffe. Positiv anzumerken sind derzeit die zahlreichen sanitären Anlagen auf mehreren Etagen, sowie die Freiheit die Konzerte im stehen, als auch im sitzen genießen zu können. Das kulinarische Angebot soll ebenfalls erweitert worden sein, was sich ebenfalls mit der Eröffnung des Außengeländes zeigen wird. Auch die ausgeweitete Kapazität, welche durch den Umzug erfolgt ist, ist ein absolutes Positiv-Merkmal. Zu oft wurde es, in den letzten Jahren am Tanzbrunnen, drückend voll. Der Abriss des Staatenhauses hätte diesen Umstand dann alles andere als positiv beeinflusst. Dennoch kann ich mich nicht gegen das seltsame Gefühl wehren, eher mehrere Hallen-Konzerte zu besuchen, anstatt auf einem echten Festival zu sein. Als ich mich umsehe, schießen mir wieder einige Gedanken durch den Kopf, welche ich anfangs erfolgreich verdrängt hatte. Bis jetzt lief das Programm im Inneren der Halle wie geplant ab, alle Bands konnten spielen und auch die beiden ersten Acts der "Green Stage", wurden erfolgreich untergebracht. Doch die Zeit vergeht langsam immer mehr und noch ist unklar, was mit den übrigen Künstlern passieren wird, welche für das Außengelände geplant waren. Was wird aus den Lesungen von Christian von Aster oder den Auftritten von "The Devil And The Universe", "Aeon Sable", "Inkubus Sukkubus" oder auch "The Creepshow", auf der verlassenen "Orbit Stage"? Werden die Auftritte in eine der umliegenden Locations, wie etwa dem "Henkelmännchen" verlegt? Werden die Spielzeiten mancher Bands auf der "Arena Stage" gekürzt, sodass die Künstler beider Außenbühnen, doch noch auftreten können? Was passiert aber dann mit den Shows der Headliner? Werden dann auch diese beschnitten? Und wo erfährt man überhaupt von den Änderungen und Ausweichterminen, falls es sie überhaupt gibt? Und mit einem Mal fühle ich mich wieder so allein gelassen und verloren, wie vor einigen Stunden. Weder ist es mein erster Festival-Besuch, noch mein erstes Konzert in der Lanxess Arena, doch wächst die Angst davor, einige der Auftritte zu verpassen. Ebenso steigt meine Unsicherheit, aufgrund totaler Orientierungslosigkeit. Ich checke die Facebook-Seite und die offizielle Webseite, doch außer einigen Kommentaren, in welchen der Unmut mancher Besucher kundgetan wird, entdecke ich nichts. Ich beginne einigen Gesprächen zu lauschen. Nicht wenige der Besucher haben eine weite Anreise hinter sich. Eine junge Frau beispielsweise wollte gern die Show von "Lebanon Hannover" sehen, doch die Bühnen bleiben weiterhin gesperrt. Aufgeregt fragt sie einige der Besucher, wo und wann denn der Auftritt stattfinden würde. Ich weiß nicht, ob es mich beruhigen soll, dass anscheinend niemand so recht weiß, wo hier was zu finden ist oder passieren wird. Auf Facebook lese ich von einem Info-Stand, welchen ich in diesem großen Gewirr jedoch nicht auffinden kann. Einige Gäste haben Flyer dabei, in diesen steht jedoch nur der reguläre Programmablauf geschrieben, sowie ein Plan des Geländes ist abgebildet. Langsam beginne ich mich zu fragen, ob es überhaupt einen Plan B gibt oder die Auftritte der Bands, welche die beiden Bühnen des Außengeländes bespielen soll(t)en, komplett gestrichen werden. Meine Gedankengänge werden immer wieder von einer lauten, automatisierte Durchsage durchbrochen, welche die Besucher darum bittet, aufgrund der Unwetterwarnung die Arena zu betreten. Da es immer windiger und kühler wird, beuge ich mich der Forderung und stehe wieder in einem der Gänge. Ein wenig beruhigt werde ich durch die Tatsache, das andere Events dieser Art bereits abgessgt worden sind und auch am Tanzbrunnen wäre das Amphi wohl ins Wasser gefallen. Das schützende Dach der Arena, bietet immerhin einen sicheren Unterschlupf, dennoch bleiben meine Fragen zuerst offen. Ein Blick auf die zahlreichen Bildschirme in der Arena, zeigt ebenfalls nur die alten Running Order an, weitere Durchsagen gibt es nicht. Jedoch lenkt mich die Erinnerung positiv ab, das in wenigen Minuten "Eisbrecher"-Frontmann Alexx Wesselsky den Auftritt mit seinem Solo-Programm beginnen wird. Darauf habe ich mich schon den ganzen Morgen gefreut und so gehe ich in den Innenraum und suche mir einen Platz vor der Bühne. Vielleicht bringt mich die Show ja auf andere Gedanken...

Arena-Stage, 14.45 Uhr - The Other:

Schon einen Blick auf die Bühne später, erkenne ich, dass mich der Auftritt von "Wesselsky" nicht auf andere Gedanken bringen wird. Und zwar kein bisschen. Entsetzt muss ich feststellen, dass der sympathische Kapitän am heutigen Nachmittag nicht mit alten "Megaherz"-Klassikern auftreten wird. Vor meinen Augen, wird ein Backdrop mit der riesigen Aufschrift "The Other" hochgezogen. Hatte ich mich gerade eben noch entspannen können, so bin ich nun wieder vollkommen irritiert. Ich durchsuche das Line-Up auf meinem Handy: Weder für den Samstag, noch für den Nachfolgetag, war diese Band angekündigt. Warum "Wesselsky" nicht, dafür aber die Horror-Punker auftreten und ob der Auftritt verschoben wird, weiß ich nicht. Ich beginne einige Gespräche, doch auch kein anderer Besucher hat eine Ahnung. Eine Ansage oder Information, gibt es nicht. Und aufeinaml merke ich, dass meine Laune erheblich sinkt, immer mehr. Konnte ich mich bis vor ein paar Stunden noch mit einigen der Umständen arrangieren, so ist dieses Verständnis nun verschwunden. Viele andere scheinen ebenfalls nicht begeistert über die absolute Informationsarmut und die offensichtliche Absage, welche man selbst herausfinden musste. Einige Besucher scheinen überrascht über den unangekündigten Act und freuen sich. Und bevor ich mich weiter in meine schlechte Laune steigern kann, erlischt das Licht und "The Other" beginnen ihre Show. Die Nordrhein-Westfalener stürmen die Bühne, wie gewohnt, in ihren kunstvollen, schrillen Outfits, welche Erinnerungen an klassische Grusel-Filme wachrufen. Mit einer guten Mischung älterer Hits, wie "Beware Of Ghouls" und neuen Nummern wie dem rockenden "Bloodsucker" oder "Nie Mehr", vom aktuellen Album "Fear Itself", sorgte die Band um Rod Usher für gute Stimmung. Der Sound in der Arena erweist sich weiterhin als recht klar und so haben die Künstler ein leichtes Spiel, die Massen mit ihrer Musik für sich zu gewinnen. Die Gitarren schrillen auf und krachende Drums, unterstreichen den harten, schnellen Stil der Gruppe bestens. Nach weit über einer halben Stunde Spielzeit verabschieden sich die Punker und ernten verdienten Applaus für ihre Vertretung. Eine gute Show und sichere Performance. Immer noch verärgert über die unangekündigte Absage und vieles mehr, gehe ich wieder nach oben. Ein Getränk und eine Runde an der frischen Luft später, steige ich die steilen Stufen zu den Oberrängen hinauf, um dem regen Treiben in der Arena etwas zu entgehen und mir die nächste Band anzusehen. Die Sicht ist beeindruckend, die Ruhe vom allgegenwärtigen Trubel ist es auch und entschädigt für so einiges.

Arena-Stage, 15.45 Uhr - The Crüxshadows:

Das Bühnenbild, mit seinem übergroßen Backdrop, Logos und zusätzlichen Belichtungsanlagen, ist bereits aufgebaut. Zahlreiche Instrumente und Podeste, weisen auf eine wahrhaft aufwendige Show hin. Doch bevor "The Crüxshadows" ihre Show beginnen können, betreten drei Personen die Bühne. Es sind Dr. Mark Benecke, der Comedian "Der Tod", stilecht in eine schwarze Kutte gehüllt und Oliver Klein, mit einer Moderationskarte in der Hand. Man verkündet kurzerhand, dass das Open Air-Gelände mit seinen beiden Bühnen an diesem Tag aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben wird, die örtliche Feuerwehr hat eine Öffnung untersagt. Desweiteren werden die neuen Spielzeiten durchgegeben, unter anderem sollen die "Green Stage"-Headliner, "DAF", noch an diesem Abend in der Lanxess Arena spielen. Weitere Bands, wie "Diorama" oder "[:SITD:]", sollen auf den nächsten Tag verschoben werden, was einigen Unmut bei Tageskarten-Besitzern auslöst. Offenbar wird versucht, so vielen Künstlern wie nur möglich ein Forum zu gewähren und so wenig wie möglich ausfallen zu lassen, doch gestaltet sich dieses Vorhaben denkbar schwierig, bei nur einer verfügbaren Bühne. Auch die Kommentare auf Facebook häufen sich zeitgleich, viele der Besucher prangern die mangelhafte Informationspolitik an. Man wolle nichts verkünden, was noch nicht spruchreif ist, dennoch werde man im Hintergrund bestmöglich an den Änderungen arbeiten und das Publikum zeitnah informieren wollen. Verständlich, wenn auch die Social Media-Plattform, sowie die Webseite eher hätte miteinbezogen werden müssen. Auch die Flatscreens und die Option der Durchsagen, könnte besser eingebunden werden. Dennoch gebe ich mich vorerst mit dem aktuellen Stand der Dinge zufrieden. Die spektakuläre Show der nun folgenden Band, wird Abhilfe schaffen. Mit dem gewohnten Maß an positiver Energie und Spielfreude, betreten die Musiker die Bühne und beginnen ihr Set mit dem melancholischen "And I Believe". Die Synth-Rocker überzeugen sofort mit ihrem individuellen Sound und einer außergewöhnlichen Präsentation der Stücke. Die elektronische Komponente vereint sich immer mehr mit organischen Elementen, verzerrte Gitarren mischen sich mit dem virtuosen Violinenspiel von David Wood und JoHanna Moresco, trifft auf melodische Elektronik und vereint sich mit krachiger Perkussion. Die klare Stimme von Frontmann Rogue umschmeichelt seine Hörer, während er immer wieder den Kontakt zum Publikum sucht, in den Innenraum hechtet und beim Hit "Birthday", sogar einen wilden Tanz mit einem Fan, während eines Solos wagt. Die Songs sind gewohnt eingängig und mitreißend, "Halo" animiert direkt zum mitsingen, "Valkyrie" und das traurig-schöne "Winterborn" begeistern ebenso. Die Band zieht ihre Show professionell und stimmig durch, der Sound überzeugt und auch die Show mit Tanzeinlagen, weiß zu gefallen. Nach fast einer ganzen Stunde verabschieden sich "The Crüxshadows" und hinterlassen einen bleibenden Eindruck beim Publikum.

Arena-Stage, 17.00 Uhr - [x]-Rx:

Ein spontaner Blick auf die Uhr, macht mich mit einem Mal stutzig. Durch eine etwas längere Umbaupause, haben "The Crüxshadows" die Bühne erst um einiges später betreten. Da sie ihre reguläre Spielzeit dennoch beibehalten haben, erfolgt deren Ab- und der Aufbau für die nachfolgende Band, sowie der unumgängliche Soundcheck, mit großem, zeitlichen Verzug. Ein Umstand, welcher sich leider auf die Spielzeit von "[x]-Rx" auswirkt und das Duo dazu zwingt, ihr Set erheblich kürzen zu müssen. Viele der Fans zeigen sich enttäuscht, waren sie doch zuerst froh darüber, dass der Gig gerettet und in die Halle verlegt werden konnte. Gegenseitige Rücksichtnahme, Fairness und Respekt geht anders. So zeigen sich die beiden Kölner Pascal Beniesch und Jan Teutloff, als auch deren Live-Drummer beim leicht chaotischen Treiben auf der Bühne und Dr. Mark Beneckes bemühten Ansagen verständlicherweise nur wenig begeistert. Während Band und Roadies alles menschenmögliche versuchen, um einen möglichst schnellen Beginn zu gewährleisten, versucht sich Benecke daran, humorige Interviews mit allen Beteiligten noch während der Arbeiten auf der Bühne zu führen, was nur auf wenig Gegenliebe stößt. So wirkte diese Art der Unterhaltungseinlage, um das Publikum bei Laune zu halten, in diesem Moment mehr als fehl am Platz. Nach einiger Zeit konnten die Musiker dann doch starten und bemühten sich, professionell und konzentriert, sich nichts anmerken zu lassen. Die ausgewogene und stimmige Mischung aus Industrial, Techno und Hardstyle-Elementen, kam gut an. Egal ob "Escalate" oder der gefragte Club-Hit "Stage 2", die Halle genießt die harten Rhythmen und tanzt sich Richtung Ekstase. Der Sound ist gut, die Performance sicher und routiniert. Nach gerade mal vier gespielten Songs, müssen die Künstler ihr Heimspiel dann vorzeitig beenden, um einem weiteren Ablauf, gemäß des vorgesehenen Zeitplans, nicht zu behindern. Band und Fans sind sichtlich niedergeschlagen, dennoch applaudiert man verdient. Ein gelungener Auftritt, welcher leider an den ungünstigen Rahmenbedingungen scheitert und einen weiteren faden Beigeschmack an diesem Wochenende hinterlässt. Und so werden auch "[x]-Rx" zu weiteren Leidtragenden ungünstiger Umstände, an diesem Wochenende. Schade!

Arena-Stage, 17.40 Uhr - DAF:

Glücklicherweise konnte der, für den Headliner-Slot der "Green Stage" vorgesehene, Act noch relativ kurzfristig in das laufende Programm der Arena integriert werden. Niemand geringeres, als die Elektro-Pioniere der "Deutsch Amerikansichen Freundschaft" waren es, die an diesem frühen Abend die Bühne enterten, um mit einem wahren Best Of-Set ihren Status einer Legende zu unterstreichen. Während die Bühne in trübes, blaues Licht gehüllt wird und Nebelschwaden aufziehen, betritt Schlagzeuger Rober Görl den Ort des Geschehens, wenig später folgt unter lautem Applaus Sänger Gabi Delgado. Ohne viel Zeit zu verlieren, eröffnet das Duo ihr Set direkt mit "Verschwende Deine Jugend" und dem vertrackten "Ich Und Die Wirklichkeit", bevor mit "Der Mussolini" ungewöhnlich früh einer der absoluten Hits dieser Kombo zum Tragen kommt. Delgado glänzt wie gehabt mit einer energiegeladenen Performance und sprintet von der einen zur anderen Seit, läuft apathisch im Kreis umher, überschüttet sich mit großen Wassermengen, immer die kurzen, doch prägnanten Textzeilen auf den Lippen. Und so feuern die beiden Musiker ohne Unterbrechungen durch lange Ansagen einen Song nach dem anderen heraus. Von "Ich Will", bis hin zu "Muskel", "Mein Herz Macht Bum" und einer neuen, aufpolierten Version von "Der Sheriff". Auch das bedrohlich-düstere "Die Lippe" wird stimmig in Szene gesetzt, "Osten Währt Am Längsten" und das beliebte "Sato-Sato" schließen sich an. Etwas ruhiger wird es dann mit dem lüsternen "Liebeszimmer", doch sogleich zieht man das Tempo mit "Nachtarbeit" und "Verlieb Dich In Mich" strikt wieder an. Einen weiteren Klassiker gibt es dann mit "Alle Gegen Alle" zu hören, zu welchem im Innenraum, wie bei den meisten der präsentierten Stücke, feierlich in alter Manier gepogt wird. Die drei Stücke "Verlier Nicht Den Kopf", "Die Lüge" und "Als Wär's Das Letzte Mal" beschließen dann den regulären Teil der Setlist. Unter Applaus verabschieden sich Görl und Delgado dann von der Bühne, nur um kurze Zeit später mit äußerst guten Neuigkeiten wiederzukehren. Der Veranstalter gewährt ihnen einen weiteren Song zum Abschluss, man entscheidet sich für das bizarre "Der Räuber Und Der Prinz". "DAF" überzeugen abermals mit ihrem bekannten, reduzierten Sound, ganz viel Energie, Spielfreude und einer nahezu lückenlosen Auswahl an Klassikern im Set. Einzig und allein die beiläufig erwähnte Information, das Projekt doch nicht beenden zu wollen, ist für Fans wohl noch schöner, als der eigentliche Auftritt an sich.

Arena-Stage, 19.15 Uhr - The Birthday Massacre:

Mittlerweile ist es spät geworden. Ein kleiner Aufenthalt vor den Toren der Lanxess Arena zeigt, dass es langsam dunkel geworden ist und sich das Wetter auch wieder einigermaßen beruhigt hat. Leicht kühl ist es um diese Zeit, ab und an geht mal ein frischer Luftzug, doch bleibt es nun ruhig und gemäßigt. Ein gutes Zeichen für den nächsten Tag und den Amphi Event-Park. Mittlerweile haben auch einige wenige Stände vor der Halle geöffnet. Zur rechten Seite gibt es Schorle und Cocktails, zu recht moderaten Preisen. Als kleine Stärkung bestelle ich einen "Zombie" und schlendere anschließend mit meinem kühlen Getränk ein wenig über den Platz. Da dieser durch die fehlenden Absperrungen nun etwas ausgeweitet wurde, erhasche ich einen guten Blick auf eine der beiden Open Air-Bühnen. Vermutlich die Greenstage, welche unten am Hang einer großen Wiese steht. Auch dort sind einige Stände zu sehen und etwas wehmütig hoffe ich sehr, dass dieses Gelände am nächsten Tag endlich genutzt werden kann. In der Zwischenzeit habe ich mich via Handy ein wenig über das überstandene Sturmtief "Zeljko" und dessen Folgen informiert. Unzählige Events und Großveranstaltungen wurden aufgrund dessen abgesagt oder terminlich verschoben. "Glück im Unglück", denke ich mir und setze meinen Spaziergang fort. Zur anderen Seite haben ein paar Händler ihre Zelte geöffnet und bieten ihre Waren, in Form von Bekleidung an. Als ich wieder zurückgehen will, bemerke ich neben dem "Henkelmännchen" einen Eingang. Gerade als ein paar Gäste hinausgehen, trete ich ein und finde mich in der nahegelegenen Magistrale wieder. Durch fehlende Beschilderung und die unauffällige Tür, sind die meisten wohl daran vorbeigelaufen, ohne das recht geräumige Gebäude wirklich wahrzunehmen. Neben einem Bäcker, welcher speziell an diesem Tag wohl guten Umsatz gemacht haben dürfte, befindet sich noch eine ganze Reihe an Ständen darin, welche unterschiedlichste Accesoires und Kleidung diverser Subgenres verkaufen. Viele der Besucher sehen sich genau um und probieren begeistert an. Trotz der Händler, ist hier noch einiges an Platz. Evenutell hätte man noch einige der draußen positionierten Stände abziehen und ins Innere verlagern können? Und auch für die Lesungen oder improvisierte Konzerte, als Notlösung, als Plan B, würde dieser Komplex eine trockene, sicherer Location abgeben, um die größten Teile des Programms zu erhalten. Die Show von "The Birthday Massacre" versäume ich durch meinen Rundgang leider zum Großteil, sichere mir dann aber rechtzeitig einen guten Platz für die nachfolgende Band.

Arena-Stage, 20.35 Uhr - Agonoize:

Der Bühnenboden, das technische Equipment zu den Seiten und selbst der Graben für die Fotografen, ist mit einigen Folien und Planen zum Schutz bedeckt. Im Hintergrund prangt ein imposantes, malerisches und doch gleichzeitig bedrohlich wirkendes Backdrop. Davor steht auf einem ausladenden Podest, ein mit Tarnnetzen verhangenes Keyboard. Dichte Nebelwolken ziehen auf und erschweren die Sicht auf die Bühne, auf welcher bis gerade eben noch einige Techniker die letzten Vorbereitungen trafen. Als das Licht in der Lanxess Arena ein weiteres Mal an diesem Abend erlischt, erfüllt epochale Musik die Reihen und zu diesem majestätisch anmutenden Intro, betritt Grüdnungsmitglied und Keyboarder Oliver Senger unter tosendem Beifall die Bretter. Kurze Zeit später erscheint auch Frontmann und Sänger Chris in der Bühnenmitte. Die Aggrotech-Meister eröffnen ihr Set auch sogleich ohne Umschweife, mit dem Club-Hit "Glaubenskrieger". Das Messer direkt im Anschlag, intoniert man danach weiteres, harsches Material aus der langjährigen Diskografie und auch die obligatorischen Blut-Duschen fürs Publikum dürfen nicht fehlen. Auch "I Against Me", "To Paradise" und "Running", schlagen in die gleiche Kerbe. Die Stimmung im Innenraum scheint auf absoluten Hochtouren, überall im imposanten Bau, ist Bewegung im Takt zu grellen Stroboskopen und den wummernden Bässen zu vernehmen. Ohne Pause ziehen "Agonoize" unerbittlich ihr Programm durch, lassen dem Publikum keine Zeit zum ausruhen. Das tanzbare "Pavillon 5", stößt auf ein hohes Maß an Begeisterung und auch das düstere "Kind Der Nacht" kommt gut bei den Fans an. Eine ganze Riege an Bewährtem haben sich die Hellektro-Künstler mit "Sacrifice", "Toxin" und "Femme Fatale" aufgehoben. Alle Nummern werden seitens der Fans frenetisch abgefeiert und auch das beliebte "Staatsfeind" bringt die Arena weiterhin auf wahre Hochtouren. Immer wieder schlitzt der Fronter sich mit dem Messer die Arme auf, versprüht mit fontänengleichen Schüben, raue Mengen an Blut in die ersten Reihen und setzt aggressive Shouts mit bekannter, verzerrter Stimme nach, während der Bass gnadenlos durch die Arena schallt. Zwei unterschiedliche Backdrops, Nebelwolken, Strobo-Licht und CO2-Fontänen runden das Bild zusätzlich ab. Von vielen Zuschauern sicher sehnlich erwartet, präsentiert man nun den Tanzflächenfüller "Koprolalie", welcher die Atmosphäre wahrlich überkochen lässt. Als Closer entscheiden die beiden Musiker sich für den Klassiker "Bis Das Blut Gefriert" und wie zu erwarten war, nimmt das Publikum auch diesen unverzichtbaren Song nur allzu gerne dankend an. Trotz einiger kleiner Technikprobleme, ein wie immer rundum gelungener Auftritt, welcher wohl bei vielen Besuchern die Stimmung erheblich aufgebessert hat und ein ansehnliches Spektakel, auf ganz neuem Territorium. Daumen hoch!


Arena-Stage, 22.00 Uhr - Goethes Erben:

In der Zwischenzeit, betreten immer mal wieder Klein oder Pathologe Benecke die Bühne, um die neuen Running Order für den laufenden Abend, als auch den nächsten Tag durchzugeben. Auch auf der Facebook-Seite erfolgte inzwischen ein kurzer Post mit einer aktualisierten Tabelle ebenjener und auf den Screens innerhalb der Arena, sind diese nun endlich in wechselnden Abständen auch zu sehen. Ich beende meinen Rundgang und gehe dann nochmals für einen kurzen Moment an die frische Luft. Ein kurzer Blick auf mein Handy erinnert mich wieder daran, wenig später die Halle zu betreten, denn die nächsten Künstler stehen auf dem Plan. Und diese sind schon lange keine Unbekannten mehr, ihre Auftritte so rar gesät, wie magisch und besonders. Mehr Musiktheater, denn einem einfachen, kurzlebigem Konzert gleich. Die Rede ist natürlich von Szene-Urgestein "Goethes Erben", welche wahrlich Musik-Geschichte geschrieben haben und das Amphi Festival an diesem Samstag mit ihrer Anwesenheit beehren. Offenbar habe nicht nur ich mich sehr auf diese Performance gefreut, immer mehr Neugierige und natürlich Fans, füllen allmählich die Reihen im Innenraum und auf den Rängen, wenn auch das Innere der Halle ausgelasteter sein könnte. Fernab von Effekthascherei, leeren Parolen und auf Eingängigkeit getrimmtem Einheitsbrei, präsentiert das Ensemble um Lyriker und Sänger Oswald Henke, die erlesensten Perlen aus allen Jahren. Die Bühne, mit zahlreichen Instrumenten und detaillierten Skulpturen bestückt, wird in kühle Farbtöne getaucht, als die Musiker erscheinen und ihre Plätze einnehmen, um dem Kölner Publikum in der nächsten Stunde eine klassische, avantgardistische Meisterleistung darzubieten und diese für einige Besucher unvergesslich werden zu lassen. Percussionist Markus Köstner, Bassist Michael Wollersheim, Keyboarderin Mindy Kumbalek, Violinistin Susanne Reinhardt, sowie die beiden Gitarristen Tim Hofmann und Frank Zeutschel, werden am heutigen Abend zusätzlich noch von Sonja Kraushofer, welche einen Tag später auf der "Orbit Stage" ihren Solo-Auftritt absolvieren wird, gesanglich während des Konzerts unterstützt. "Was War Bleibt" eröffnet das Konzert und markiert den Anfang, für eine emotionale Zeitreise. "Nichts Bleibt Wie Es War", das kraftvolle "Himmelblau" und "Tage Des Wassers" schließen sich direkt an. Das Zusammenspiel der einzelnen Musiker ist perfekt aufeinander abgestimmt, alles harmoniert, der Sound in der Halle erweist sich zumeist als klar. Dramaturgische Höhepunkte gibt es in diesem Set so einige, einer davon ist sicherlich das traurig-schöne "Sie Wusste Mehr", bei welchem die grandiose Instrumentierung besonders zur Geltung kommt. Doch auch die Arrangements von Klassikern wie "Kopfstimme", "Die Sonne Schmilzt" oder auch "Mensch Sein", ist immer auf den Punkt genau, Professionalität auf höchstem Niveau. Doch auch optisch bietet sich dem aufmerksamen Zuschauer so einiges, Henke geht, rennt und springt wie Besessener über die Bretter, wirft mit Papier um sich, fällt auf die Knie. Seine Stimmfarbe passt sich immer dem Gesagten an, mal aggressiv und drohend, mal zerbrechlich und verzweifelt. Zum spektakulären Finale hin, betritt auch noch eine Reihe weiterer Akteure das Geschehen, um "Ironie Im Plattenbau" visuell tatkräftig zu unterstützen. Das erhabene "Sitz Der Gnade" geleitet dann aus dem Set und Köln applaudiert dieser Legende zum Abschied herzlich. Man darf auf viele weitere Konzerte in baldiger Zukunft hoffen, die Erben sind zu selten zu sehen. Ein großartiger, hochgradig passionierter Auftritt!


Arena-Stage, 23.25 Uhr - Front 242:

Nach einer weiteren Runde an der frischen Luft, mache ich mich wieder auf in die Arena, um dem Gig der Co-Headliner beizuwohnen. Die EBM-Pioniere "Front 242" haben sich angekündigt, um mit ihren kraftvollen Rhythmen und donnernden Beats, dem Publikum einzuheizen. "Commando Mix" und "Punish Your Machine" eröffnen das Set stimmig und auch mit einem der wenigen, deutschsprachigen Titel, "Im Rhythmus Bleiben", schließt man nahtlos an die gestartete Abfolge an Klassikern an. "Taken One", "U-Men" und "Together" bleiben dieser Linie treu und werden von den tanzwilligen Fans abgefeiert. Während Sänger Jean-Luc de Meyer die Menge immer wieder anstachelt, geben seine Bandkollegen an ihren Instrumenten alles. Währenddessen werden auf die Leinwand im Hintergrund, immer wieder mal mehr, mal wengier passende Installationen projiziert, welche bizarre Video-Clips, Bilder und natürlich das Band-Logo beinhalten. "Kampfbereit" kennzeichnet dann einen weiteren, deutschsprachigen Titel und auch das temporeiche "Happiness (More Angels) erweist sich als Stimmungs-Garant. Ein absolutes Highlight ist dann das, seit vielen Jahren nicht mehr live gespielte, W.Y.H.I.W.Y.G.. Die Belgier beschließen ihr Set dann mit einem wahren Feuerwerk an Bewährtem, "Master Hit", "Welcome To Paradise" und das unverzichtbare "Funkahdafi", sorgen nochmals mächtig für Stimmung auf den Rängen und im Innenraum, welcher gegen Ende einem wahren Hexenkessel gleicht. Der Auftritt endet relativ abrupt und für einige überraschend. Alles in allem präsentieren "Front 242" eine gute, wenn auch vorhersehbare Mischung ihres Materials. Obgleich eingefleischte Fans und Neulinge auf ihre Kosten kamen, scheinen Spielfreude, Frische und Abwechslung stellenweise auf der Strecke zu bleiben. Die Performance wirkt zuweilen zu routiniert und leicht lieblos, es ist eine grundsolide Show, mehr nicht. Nicht nur ich scheine eine wenig enttäuscht über das Gebotene. Trotzdem machen die EBMler ihrem Status alle Ehre und zelebrieren die vergangenen Zeiten mit lautem Dröhnen und sorgen damit, wenn auch ohne Überraschungen oder Innovationen, für ein hohes Maß an Stimmung.


Arena-Stage, 00.50 Uhr - And One:

Die Zeit verstreicht immer mehr und ein Blick in die Halle verrät, dass sich langsam aber sicher auch die letzten Nachzügler auf den Rängen und im Innenraum eingefunden haben. Alles wartet gespannt, als Dr. Mark Benecke zum letzten Mal in dieser Nacht die Bühne betritt, um nach weitestgehend abgeschlossener Umbaupause den Headliner anzukündigen. Als er die noch unbelebte Mainstage verlässt, bleibt es noch einige Zeit ruhig. Das Licht ist gedämpft, aus den Lautsprechern erklingen die letzten Takte des "New Order"-Klassikers "Blue Monday". Erst als dieses vollständig verklungen ist, erlischt die Beleuchtung vollends und hüllt die Lanxess Arena in völlige Dunkelheit. Nach einem kurzen Augenblick ist es dann soweit und laute, verzerrte Klang-Salven leiten das Intro zum Opener ein, zu welchem die beiden Keyboarder Nico Wieditz und Rick Schah nun die Bretter betreten und sich auf das Podest an ihre Instrumente begeben. Die vier Säulen zu den Seiten, erstrahlen in einem kühlen blau und als dann auch das über allem thronende Hammermann-Backdrop angeleuchtet wird, schreiten Schlagzeuger Joke Jay und Frontmann Steve Naghavi seitlich ins Zentrum, um die krachige Hymne "An Alle Krieger!" zur Eröffnung anzustimmen. Schon jetzt herrscht ordentlich Bewegung im Innenraum und unzählige Stimmen erheben sich gemeinsam im Refrain und nehmen die Berliner Synthie-Popper gebührend in Empfang. Überraschend präsentiert die Band dann das provokative "Steine Sind Steine" schon an zweiter Stelle des Sets, bevor es mit "Krieger" dann ein wenig gemäßigter zugeht. Eine recht frühe Ruhepause wird dem Publikum dann mit der Ballade "Unter Meiner Uniform" vom aktuellen Release "Magnet" gegönnt und wird ebenso herzlich entgegengenommen, wie der nachfolgende Klassiker "Für". Wilde Tanzeinlagen vor und auf der Bühne sind dann mit dem "The Cure"-Cover "The Walk" garantiert,um einiges härter geht es anschließend mit den beiden EBM-Brechern "Männermusik" vom Album "Propeller" und "Deutschmaschine" zu, welche die Stimmung mehr und mehr anheizen. Die beliebte Interpretation des "Project Pitchfork"-Songs "Timekiller", geht diesen Weg dann konsequent weiter und weiß wie immer zu begeistern. Zwischendrin kokettiert Naghavi wie gewohnt mit den Fans und weiß durch humoristische Ansagen zu glänzen, wenn auch diese durch die geringe Spielzeit, knapper ausfallen als gewohnt. Nach einigen Späßen über den Erwerb des Amphi Festivals und dessen Rückverlagerung zum Tanzbrunnen, welche das Publikum mit Lachern und begeistertem Applaus quittiert, steht mit "Second Voice" eine weitere Old School-Nummer an. In gewohnter Manier fegt der energiegeladene Frontmann wie ein Derwisch über die Bretter, sprintet von einer Seite zur anderen, immer ein paar fordernde Worte zum anheizen der Massen parat. Die gewünschte, kollektive Stimmungseskalation auf Kommando gegen Ende des Songs, erreichen "And One" zwar nicht, dennoch ist die Begeisterung in Form von Jubel und Tänzen allgegenwärtig. Eventuell mag es auch an der recht späten Stunde und den Strapazen des ersten Festival-Tages gelegen haben, welche wohl bei Veranstalter und Besuchern gleichermaßen an Nerven und Kräften gezehrt haben dürften. Das folgende "High", wird wie gewohnt von Drummer Jay intoniert und verbreitet weiterhin gute Laune, unzählige Arme schwingen im Takt des Refrains mit. Zu knallenden Rhythmen und blues-artig angehauchten Sounds, löst Steve Naghavi dann beim schmissigen "Back Home" wieder ab, ehe man den ekstatischen Fans "Military Fashion Show" präsentiert und so direkt lückenlos nachlegt. Das melancholische "Sometimes" leitet dann, nach über einer Stunde, das nahende Ende ein. Gänzlich beschlossen wird das Set dann aber durch "Shouts Of Joy", bei welchem dann alle nochmals mitsingen. Wie immer eine äußerst gelungene Performance, mit stimmiger Song-Auswahl, beeindruckender Lichttechnik und großartiger Stimmung seitens Band und Publikum. Ein würdiger Headliner, welcher die Widrigkeiten des Tages ein wenig vergessen machen und versöhnlich stimmen kann. Und so verlassen die Gäste euphorisiert nach und nach die Arena, mit teils skeptischem, teils zuversichtlichem Blick zum zweiten Festival-Tag.

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