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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Zoodrake - Thomas Passon - Black Nail Cabaret (2020)


Zoodrake - Purified (2020)

Genre: Electro / Pop

Release: 27.03.2020

Label: Echozone

Spielzeit: 42 Minuten

Fazit:

„Zoodrake“ ist das neue Projekt von Sänger und Produzent Hilton Theissen. Mit den ersten beiden Singles „Sent To You“ und „Our Light“ gab es 2019 einen Vorgeschmack auf das Debütalbum, das am 27.03.2020 erscheinen wird. Mit „Purified“ vervollständigt sich das musikalische Bild, welches den elektronisch basierten Synth-Pop und EDM um Alternative-Rock und Retro-Wave-Elemente bereichert. „Zoodrake“ setzt auf charismatische Vocals, emotionales Songwriting und atmosphärische Sounds, die gern stilistische Grenzen überschreiten. Die zehn Titel werden 2020 zusammen mit einigen Song-Interpretationen von Hiltons ehemaliger Band "Seadrake" und seiner alten Stammformation "Akanoid" auf Tour präsentiert. Das Quasi-Debüt „Purified“ kommt am 27.03.2020 über Echozone in den Handel eures Vertrauens.

Hoch gestimmte Synthesizer und ein enorm druckvoller Bass katapultieren den Hörer sofort und ohne viele Umschweife in den Song hinein. Die ach so weit entwickelte Menschheit vernachlässigt, aller technischen Versiertheit und jeden bislang errungenen Fortschritts zum Trotz, noch immer vornehmlich sich selbst. Frei von jeglicher Rücksicht und Empathie haben wir uns gegenseitig in dieser Welt allein zurückgelassen, sind darüber hinaus gläsern und berechenbar geworden... Wir brauchen dringend ein „Upgrade“! Der höchstmelodische Refrain, der seine schiere Intensität nicht zuletzt dem extrem einnehmenden, signifikanten Gesang von Theissen zuzuschreiben hat, schraubt die Dramatik dann noch zusätzlich in die Höhe und unterstützt die dunkel-melancholische Electro-Note, in welcher sich minimalistisch gesetzte Ruhephasen die Waage mit kräftig powernden Mid-Tempo-Passagen halten, zusätzlich bis zur bloßen Perfektion. Als deutlich treibender erweist sich danach „Death Bloom“, das sogleich einen exotischen Beat im Stil eines nebulös groovenden, kühl verzerrten E-Gitarren-Riffs offenbart. Hier legen sich die teils stark verfremdeten Vocals über den hintergründig pochenden, angespannten Beat, der dann zum harmonisch aufstrebenden Chorus allmählich wieder fordernder wird. Das angenehm poppige „Lasting“ lässt schon ab der ersten Sekunde verträumte Stimmung in charmanter 80er-Manier aufkommen. Die sphärisch perlenden Synthies und oldschoolige Beats sorgen bei dieser angenehm runden Nummer zusammen mit dem schwelgerisch aufgeladenen Refrain für absolut positive Vibes in Vollendung, welche sich dann genauso beim bereits im Dezember als Single ausgekoppelten „Our Light“ fortsetzen. Es ist durchweg lupenreiner Synth-Pop, der wirklich schnell ins Ohr geht und sich darüber hinaus als sehr tanzbar erweist. „For A While“ splittet technoiden Future-Pop mit finster wabernden Wave-Elementen auf, während der melancholisch schmachtende Gesang stilsichere Echos in die dramaturgisch isolierten Strophen zaubert und jene sodann in einem leidenschaftlichen Hauptteil implodieren lassen. Das von einer groovenden Gitarre getragene „Faster“ hingegen hätte wohl am ehesten starkes Potential für die Heavy Rotation in allen Radiostationen: „Zoodrake“ erschaffen mit diesem Stück süßlich hoffnungsfrohen Pop-Rock, jedoch ohne damit aufdringlich, unglaubwürdig oder zu gewollt zu erscheinen. Insbesondere der unterschwellig im Refrain eingeflochtene Kinder-Chor trägt zur zügigen Eingängigkeit bei, das mit all seiner puren Catchyness fortan einfach nicht mehr aus den Ohren schwinden will. „Sent To You“, welches quasi einst das erste, musikalische Lebenszeichen nach der Umbenennung und Neustrukturierung des Projekts darstellte, setzt ebenso sehr auf organische Teil-Einflüsse und macht somit abermals Gebrauch von der griffig melodiösen Unterstützung des bekannten Saiteninstruments in nahtloser Kombination mit der elektronisch behafteten Schlagseite. Jene glänzt allen voran durch ihre zwar relativ dominante, zugleich aber auch nicht überladene Präsenz, die zusammen mit der stimmlichen Übermacht Theissens ein wirklich schönes Ergebnis beschert. Dieser ungemein sanftmütige, weiche Gesang ist es darüber hinaus auch, der das folgende „Fear“ nachdrücklich bestimmt und äußerst gelungen durch die leicht retroesk wirkende Future-Pop-Nummer führt. Im Vergleich zu den übrigen Songs, die in ihrer bekömmlichen Spieldauer durchschnittlich nicht viel länger als vier Minuten betragen, sticht „Solitude (You Will)“ auffallend heraus und auch klanglich unterscheidet sich die düster angehauchte, arg schwermütige Mid-Tempo-Nummer erheblich vom übrigen Material. Der durchdacht konstruierte Aufbau lässt sich eingangs auffallend viel Zeit im Wachstum seiner auditiven Inszenierung, bis zur endgültigen Manifestation in einem fast schon cineastisch behafteten Power-Epos. Diese Art der experimentierfreudigen Verspieltheit und der Mut zu mehr Komplexität hebt das Gefühl beim Hören auf eine völlig neue Ebene und zeigt erst auf, zu welch variablem Spektrum Theissen überhaupt in der Lage ist, wüsste man es aus der Vergangenheit nicht schon besser. Das letzte Stück in der Tracklist bewegt sich jedoch auf ähnlich vielschichtigem Terrain und ist mit „I Am The Drake“ herrlich selbstprophezeiend betitelt worden, schlägt also gekonnt eine Brücke zu „Seadrake“, sowie dem Neuanfang. Hier regieren vornehmlich rhythmisch getriebenes Drumming, messerscharfe, verquere Elektronik und die verzerrte Stimme im sperrigen Unterbau, bis der aufbrausende Refrain dann nochmal eine überraschend aggressive Wendung nimmt - Wow! Wenngleich das musikalische Spektrum auf „Purified“ durchaus sehr facettenreich ausfällt, so wäre manchmal etwas mehr in der aufregend unberechenbaren Machart des letzten Drittels einer breiteren Ausgewogenheit doch zuträglich gewesen. Nichtsdestotrotz präsentiert Hilton Theissen einmal mehr ausnahmslos hochklassigen, verträumten Synthie-Pop-Rock mit stilsicheren Achtziger-Zitaten, einer wahnsinnig hohen Hit-Dichte und enorm viel Abwechslung, der für einen eingängigen Ohrwurm nach dem anderen sorgt und dabei zu 100% überzeugen kann. Willkommen zurück!

Impressionen:

https://www.zoodrake.de

https://www.facebook.com/zoodrake/

 

Thomas Passon - Anders (2020)

Genre: Rock / Alternative

Release: 27.03.2020

Label: Motor Entertainment (Edel)

Spielzeit: 36 Minuten

Fazit:

Thomas Passon kehrt mit einem neuen Album zurück. Es enthält so vielfältige und abwechslungsreiche Sounds, dass man zu dem Schluss kommen muss, dass er sein eigenes Genre geschaffen hat. Ein bedeutungsschweres Genre. Ein Rock-Genre. Semantic Rock. Verwoben mit synthetischen Klängen und transponierenden Gedanken. „Anders“ ist - neben dieser Musik-Art an sich - auch sowohl der Name des Albums als auch der ersten Single. Ein nachdenklicher Song im Angesicht des beständigen Wandels. “Alles Sein ist Werden und Vergehen”, sagt ein Sprichwort. Diese Wahrheit ist das Leitmotiv des gesamten Albums. Die Veränderung. Mit seinem neuesten Werk nimmt Thomas Passon den Zuhörer mit auf eine innere Reise. Man taucht mit ihm in die tiefe Psyche ein, ein surrealer und furchteinflößender Ort, an dem innere Dämonen mit dunklen Zeilen bekämpft werden, wo das Schattenselbst von einer dröhnenden Bassline in den Abgrund gestoßen wird, wo nichts so ist, wie es scheint, und selbst Kreativität einen schwarzen Mantel der Verzweiflung trägt. Dort, in dieser apokalyptischen Welt des Unterbewusstseins, findet man Thomas, der im Schatten zwischen diffuser Fantasie und harter Realität gefangen ist. Wenn man näher heranrückt, sieht man, dass er gekonnt einen retro-futuristischen „Rocktail“ aus Klängen zusammenstellt, ein seltsames und ungewohntes Rezept, um den musikalischen Gaumen zu verwöhnen: Man nehme einen Teil Schlagzeug, einen Teil Bassgitarre und füge ein paar klassische Rockriffs hinzu. Diese verlockende Destillation vollendet man mit einem sorgfältig ausgewählten frischem Stück 80s-Synth-Pop und katapultiert es in die postmoderne Zukunft, serviert auf Eis! Thomas Passon nannte viele Proberäume Wuppertals sein Zuhause. Mit vielen Musikern hat er gespielt. Mit einigen von ihnen bis heute. Seit Jahrzehnten begleiten ihn Elmar Schmidt, Marc Heidermann und Dennis Eisermann. Alle waren Mitglieder verschiedener Schüler-Bands, die mit ihrer Musik vor allem in den 1990ern gemeinsam aktiv zur Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur in zahlreichen Ländern beigetragen haben. Nun trafen sie wieder aufeinander. Damit setzen sie ein Projekt fort, das sie 2018 mit dem Album „Illusion“ begonnen haben. „Anders“ kommt am 27.03.2020 unter Motor Entertainment auf den Markt.

Unheimlich dumpf pochende Synthie-Spitzen bohren sich in den atmosphärisch dichten Unterbau aus dunkel wabernder Elektronik, bis als einschneidender Kontrast dann eine hell gestimmte Akustikgitarre zusammen mit der sanften Stimme von Mastermind Thomas Passon einsetzt, der sich jetzt scheinbar als stiller Beobachter durch die nachdenkliche Melancholie bewegt. Jene speist sich neben der bewusst reduzierten, doch dabei nicht weniger wirksamen Instrumentierung insbesondere aus der kryptisch introvertierten Poesie, die dennoch sonderbar aussagekräftig verbleibt, um sodann von einem kernigen Schlagzeug und stark prägenden Riff aufgebrochen zu werden, das darauf in einem ausgiebigen Solo mündet. Jähes Ende oder doch Neuanfang? „Alles steht in Flammen, alles schon verbrannt. Alles wird zu Asche, alles ist...“ - „Verdammt“: Was für ein verdammt gelungener Einstieg! Na, wer spielt ein „Spiel“ mit mir? Ein verzerrt aufheulender Electro-Beat, der nun zusammen mit dem unterschwellig agierenden Bass und donnerndem Drumming den fordernden Rhythmus vorgibt, steigert sich erst stetig in höhere Up-Tempo-Gefilde, nur um im englischsprachigen Refrain dann wieder überraschend abzuflachen. Dazu tänzelt der säuselnde Gesang im knackig verspielten Reimschema behände über die vertrackten Zeilen und unterstreicht somit zusätzlich die weite Spanne zwischen ungeahnter Bedrohung und verführerischer Verlockung zur Selbstbestimmung oder doch viel eher -zerstörung? Volles Risiko, denn „it‘s your turn, it‘s your life!“. Das folgende „Über“ bricht hingegen sofort aus dem noch eher zurückhaltenden, düster gehaltenen Rahmen seiner beiden Vorgänger aus und erweist sich durch seinen flotten Rhythmus und stimmungsvollen Blechbläser-Einsatz, wie auch schönen Wortspielen mit dem Titel selbst und groovenden Soli gegen Ende als durchaus partytauglicher Mid-Tempo-Stampfer, der das Gaspedal von jetzt auf gleich beherzt durchdrückt und positiv ausgelassene Vibes verströmt. Danach geben das Schlagzeug und ein dezenter Beat den leicht treibenden, aber nicht zu aufgeregten Takt vor, der von verzerrt angedeuteten Gitarren und kleinen Piano-Tupfer aufgelockert wird. Hier liegt der hauptsächliche Fokus einmal mehr auf dem signifikanten Gesang und lyrischen Eigenheiten, bei denen es wieder lohnt, ganz genau hinzuhören, wenn man sich mal augenzwinkernd, mal sympathisch reflektiert oder gar optimistisch hoffnungsvoll dem Thema „Angst“ widmet. Passend zur bestärkenden Message blüht der Song im Refrain musikalisch beschwingt auf und geht schnell in Ohr und Beine, was nicht zuletzt von der anregenden Arbeit an den metallischen Saiten herrührt. Ganz anders dann wieder „Ungesagt“, das anfangs weitestgehend von minimalistisch pulsierenden Electro-Beats und einem rhythmischen Bass dominiert wird, wobei gegen Ende zudem noch das Keyboard im Style einer Hammondorgel charmant durchschimmert und kräftige Gitarren das Geschehen intensivierend unterstreichen. Das melancholische „Interstellar“ setzt seinen futuristischen Kontext aus dem übertragenden Sinne dann auch musikalisch perfekt um: Die prägenden Synthies tönen hier leicht retro und auch die dezent verfremdete Stimme erinnert in diesem Zusammenhang sicher nicht ganz zufällig an den bekannten Hit „Major Tom“ von Peter Schilling aus dem Jahr 1982. Der durch und durch hymnische Chorus offenbart dann ein schier übermächtiges Riff-Gewitter, dessen einziger Widerstand der schwelgerisch zarte Gesang Kontraste darstellt, wenn Einsamkeit, Freiheit und Sinnsuche sich irgendwo in einer anderen, fremden Galaxie scheinbar die Hände zu reichen scheinen. „Völlig losgelöst von der Erde...“? Bei „Eis“ paaren sich eingangs dann finstere Elektronik, die dabei fast schon erschreckend eindringlichen Ambient erschafft, mit Passons unendlich weit entfernter Stimme, bis ein tanzbarer Beat sich in den verzweifelten Zeilen verliert. Es ist der klagende Versuch, Augen und Herzen für das Elementare, ja, die wirklich wichtigen Dinge öffnen zu wollen. Vergebens und längst schon zu spät? Nicht nur ein Moment, in dem die Zeit gefriert, sondern auch klarer Verstand auf Ignoranz trifft, was umso mehr die Aussichtslosigkeit im Diesseits unterstreicht. Wiederum mehr von verspielten Rhythmen und einer vielschichtigen Melodie aus analogen Synth-Tupfern innerhalb der Strophen und organischen Gegensätzen in Bridge und Refrain getrieben, sind danach „Fremder“ oder auch „Halt“, wenngleich Letzteres seine inhaltliche Schwere dafür auch mit viel instrumentaler Gelöstheit lockert, was im Verlauf einem wahren Befreiungsschlag gleichkommt. Der Titeltrack ist zugleich auch der Abschluss: „Anders“ arbeitet die sympathisch entrückte Pop-Rock-Front wieder etwas mehr heraus und bewahrt sich auch ansonsten seine zuvor etablierten Stärken aus wehmütiger Reflexion und dem belebenden Fundament der Musik, die doch nie um ihre hoffnungsvolle Aussicht verlegen ist. Mit dem zweiten Studioalbum „Anders“ nehmen Thomas Passon und seine Band den Hörer auf eine psychologische Reise ins Innerste mit und decken darauf die weitreichende, dunkelbunte Farbpalette menschlicher Emotionen ab. Dabei bedienen sich die Musiker aus Wuppertal einer ambitionierten Mischung aus Alternative, Indie und Rock, angereichert um viele verschiedene und doch immer perfekt passenden Nuancen aus atmosphärisch grundierenden Electro-Versatzstücken und hochklassigem Pop. So entstehen zwar oftmals sehr eingängige, aber niemals für den schnellen Konsum und Mainstream glattgebügelte Songs, sondern durchweg frische Melodien, die in ihrer kreativen Zusammensetzung einfach nur sofort das Interesse des Hörers wecken müssen. Abgerundet wird all das von der komplex verkopften Lyrik, die mal vielschichtig und verschroben, dann wieder sehr direkt und aufrüttelnd daherkommt, gleichzeitig jedoch nie zu abwegig, überzogen oder gar pathetisch, denn authentisch und glaubhaft wirkt. Fakt ist, dass der Zweitling der völlig zurecht aufstrebenden Wuppertaler Querdenker in der Tat eines mit absoluter und nicht zu leugnender Sicherheit ist: „Anders“... Und genau das ist auch verdammt gut so!

Impressionen:

http://www.thomas.passon.online

https://www.facebook.com/thomas.passon.official/

 

Black Nail Cabaret - Gods Verging On Sanity (2020)

Genre: Electro / Alternative

Release: 15.01.2020

Label: Dependent (Alive)

Spielzeit: 38 Minuten

Fazit:

Wir schreiben das Jahr 2020 und „Black Nail Cabaret“ haben sich gerade einen mustergültigen Start in die neue Dekade gesichert. Sie haben sich nicht nur einen Plattenvertrag bei Dependent gesichert, sondern sind gleichzeitig noch als Support für die demnächst startende „Fieldworks“-Tour von „Covenant“ bestätigt, was ihre Popularität deutlich erhören dürfte: Das ungarische Dark-Electronic-Duo ist nicht zuletzt für seine eindrucksvollen Liveauftritte bekannt. Und nur wenige Tage später wird ihr neues Album "Gods Verging On Sanity" im Laden stehen. Perfektes Timing. Hinter „Black Nail Cabaret“ steckt mehr als nur perfektes Timing und eindrucksvolle Konzerte, nämlich ein starker thematischer Unterbau, wie er sich im Konzept des Albums widerspiegelt: "Wir schreiben das Jahr 2020, und Götter sind der Vernunft nahe. Es handelt sich dabei um uns, die Menschheit. Wir sind Götter - mit Anus. Wir denken über unseren Platz in der Welt und die Bedeutung unseres Todes nach. Obwohl wir Schönes entdecken und schaffen, essen, koten und vermehren wir uns wie alle anderen Tiere auf diesem Planeten. Wir sind existenzielle Organismen, und unser Verstand tut sich mit diesem Dualismus schwer. Wir kämpfen auf unterschiedliche Weise gegen unsere Sterblichkeit an - die einen mittels Fortpflanzung oder Kunst, die anderen durch Macht, und manche nehmen sie kampflos hin. Wie weit sind wir gekommen, und wohin gehen wir von hier aus? Wie streifen wir unsere alte Haut jetzt ab, da darunter eine neue wächst?". „Black Nail Cabaret“ verbinden Musik und Kunst mit Dichtung, Kostümen und BDSM-Erotik. Bei ihnen wimmelt es vor sexuellen Anspielungen, die allerdings stets an eine existentialistische Weltanschauung geknüpft sind - die dunkle Seite des Menschseins, die auch einen der Hauptaspekte von "Gods Verging On Sanity" ausmacht. Sängerin Emese Arvai-Illes begann als Bühnendarstellerin in einer Fetisch-Horror-Theatergruppe in Budapest, fand in Programmierer und Produzent Kristzian Arvai, mit dem sie auch liiert ist, aber bald ihr musikalisches Pendant. „Black Nail Cabarets“ Verschmelzung von Hell und Dunkel, Schön und Brutal mit verstörender Kunst zeichnet sich durch opulente Harmonien aus. Moderne Electro-Sequenzen treffen auf ein ausgeprägtes 1980er-Flair, beeinflusst von Grenzgängerinnen wie Grace Jones oder auch „Eurythmics“. Tradition in Kombination mit neuen Visionen macht "Gods Verging On Sanity" zu einem der aufregendsten neuen Alben dieses noch jungen Jahrzehnts. "Gods Verging On Sanity" erscheint am 08.05.2020 als CD im sechsseitigen Digipak und auf limitiertem 180g-Vinyl via Dependent Records.

Ein abgrundtief dunkler, massiv verzerrter Sound fräst sich aufbrausend und erbarmungslos in die aufmerksamen Gehörgänge, verhallt dann nur wenig später auch schon wieder im weiten Nichts, rotiert hintergründig lauernd zurück und wiederholt sich alsbald in gesteigerter Intensität. Während sich jetzt der hart pulsierende Bass eindrücklich nach vorne hämmert, betört Arvai-Illes mit ihrer zarten, von hallenden Effekten besetzten Stimme als omnipräsentes Echo und leitet durch die pechschwarz-samtige Dark-Electro-Melange, welche mit ihren puristischen klirrenden Einflüssen nun allmählich immer schneller und unnachgiebiger zu werden scheint, um dann im Refrain eine dominante Front aus scharfkantig aufheulenden Synthesizern und wehklagenden Chorälen regieren zu lassen. Erst danach setzt kurzzeitig eine entschleunigende Passage konterkarierend ein, nur um das anfängliche Muster dann wieder lückenlos aufzufangen: „Black Lava“ ist eine überraschend intensive Erfahrung. Ein selbstbewusst ausbalancierter Grenzgang, irgendwo zwischen sanft einschmeichelnder Grazie und finster durchtriebener Sogwirkung. Ein wagemutiger, fragiler Drahtseilakt, fernab von Licht und Schatten, welcher dabei doch ganz und gar zielsicher, scheinbar von Leichtigkeit beseelt zu einem abrupten und dennoch pointierten Abschluss kommt. Eine analoge Maschinerie sendet ihre ominösen Signale aus, klopft kratzig und verschroben immerzu ihre losen Fragmente in den Äther. Irgendwie weit entfernt und zugleich doch so nahe. Fremd und andersartig, doch merkwürdig bekannt: Der minimalistisch vibrierende Beat von „Spheres“ mutet bewusst leicht oldschoolig, jedoch nicht veraltet an. Nein, viel mehr zitiert dieser Sound charmant vergangene Tage und führt jene durch und durch lebhaft mit dem Diesseits zusammen. Er dient dem markanten Gesang hier als schlüssig funktionierender Dreh- und Angelpunkt und bietet diesem eine genügsame Basis, ohne zu sehr zu überschatten. Alsbald nehmen die Synthesizer charmante 80er-Züge an und schaffen der friedvollen Mid-Tempo-Nummer ein wärmendes Korsett zur freien Entfaltung. Das sexy verruchte „No Gold“ wandelt dann wiederum auf deutlich bestimmteren, modernen Szene-Pfaden. Hochklassig anmutiger, dunkel beschwingter und zügellos verführerischer Wave nimmt den Hörer zusammen mit den leidenschaftlich gehauchten, sinnlich interpretierten Lyrics mit auf eine sphärisch beflügelte, bestimmt groovende Reise voll pechschwarzer, fein perlender Eleganz. Ein wenig kompromissloser gibt sich dann „To Die in Paris“ mit seinem strikt marschierenden Rhythmus. Die puristisch und schroff röhrende Sound-Collage legt hier zeitweise durchaus einen leicht experimentellen Touch offen, ohne den bisher geschmeidig etablierten Charakter drastisch einschneidend zu konfrontieren. Die technoiden, zügig elektrisierenden Synthesizer züngeln dann im tough powernden Refrain kraftvoll und trotzdem geschmeidig tänzelnd, um den starken Kern weiterhin gehaltvoll zu festigen - Wow! Das ätherische „My Casual God“ geht in instrumentaler Hinsicht zurückgenommen und deutlich bedachter zu Werke, fokussiert stattdessen eher auf den Gesang und aussagekräftigen Text als bewusst anvisierte Grundlage. Erst die disharmonischen, verqueren Töne nach dem Chorus schrecken dann beabsichtigt für wenige Momente aus dem hypnotischen Lullaby auf, bevor das Duo den Hörer dann wieder sanft in balladesker Geruhsamkeit wiegt, welche weitestgehend und auch vollkommen ausreichend von den quirlig tröpfelnden Synthie-Linien ausgefüllt wird. Edel, etwas exotisch und parallel dazu trotzdem ein wenig introvertiert, präsentiert sich dann „Make a Run“, das erst von seinem abstrakt inszenierten, sonderbar relaxten Lounge-Charakter lebt und dann im packenden Hauptteil plötzlich umso energetischer und fordernd aufgebrochen wird. Dieser Einschnitt fällt, wie so vieles auf diesem Album, ungleich lässig aus dem Rahmen, bricht aber auch niemals allzu sehr aus, sodass die gewünschte Stimmung gestört oder ruppig aus dem Gleichgewicht gebracht würde. Es liegt klar auf der Hand, dass „Black Nail Cabaret“ wahre Meister in Sachen Wandelbarkeit sind, wie beispielsweise auch ein „Maelstrom“ mit seinem groß angelegten, melancholischen Synthie-Streicher-Bombast und sparsam eingestreuten Retro-Elementen zu belegen weiß. Auch hier setzen kurzzeitig rau einschneidende Beats wieder deutliche Kontraste, die das Gefühl von zielloser Improvisation vermitteln könnten, doch den Gedanken dann schnell wieder ad absurdum und den Faden als perfektes Gegengewicht zurückführen. Es ist genau das, was ausnahmslos jedes Arrangement auf diesem Album so spannend, aufregend und abwechslungsreich werden lässt, ohne die einzelnen Songs überambitioniert mit zu unterschiedlichen Stil-Splittern zu überfrachten. Hervorragend verblüffen kann das Zweigepsann natürlich fraglos, trotz dieser stringenten Fokussierung auf stete Ausgewogenheit. So wirkt selbst ein „Private Religion“ mit seiner fast schon vergnügten, ja, fröhlich verpoppten und dennoch bittersüß-melancholisch behafteten Melodie nicht minder passend in der Tracklist positioniert, vorausgesetzt man kann zwischen den Zeilen lesen, vor allem aber hören und fühlen. Das ist bei „Children At Play“ ebenso notwendig, dem erst ein verspieltes Piano und anfangs sehr bekömmliche Harmonien vorausgehen und den Eindruck eines klassischen Pop-Songs erwecken. Damit soll man nicht ganz Unrecht behalten, doch vereint der Closer später noch wandelbaren Gesang, angedeutete House-Elemente und schräge Sounds in sich, hat also auch zum Schluss genug Ecken und Kanten inne... Keine Frage, die wunderbar eigenwillige Musik von „Black Nail Cabaret“ kann und will ihren charakteristisch sinnlich-anzüglichen Unterton nicht einmal im Geringsten verleugnen, vollbringt dabei jedoch das bemerkenswert virtuose Kunststück, einerseits zwar angenehm komplex und vielschichtig, gleichwohl aber nie zu sehr entrückt zu sein, um sich sofort in Herz und Hirn des Rezipienten zu schleichen, dort festzusetzen und bestimmt nicht mehr so schnell aus dessen Inneren zu verschwinden. Die frische Mixtur aus auf den oberflächlichen Blick kaum zueinander passenden, jedoch untrennbar fest miteinander verschweißten Einflüssen, geht einfach nur gnadenlos gut auf und verdeutlicht, wie kaum eine andere Veröffentlichung des Genres in letzter Zeit, dass Gegensätze sich definitiv anziehen!

Impressionen:

https://blacknailcabaret.bandcamp.com

https://www.facebook.com/bncband/

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