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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

DieKlute - Frontline Assembly - Blutengel (2019)


DieKlute - Planet Fear (2019)

Genre: Electro / Alternative

Release: 01.02.2019

Label: Deadline Music (Membran)

Spielzeit: 51 Minuten

Fazit:

Gestatten, eine neue Supergroup gibt sich die Ehre: Unter dem Namen „DieKlute“ haben sich Jürgen Engler („Die Krupps“), Claus Larsen („Læther Strip“) und Dino Cazares („Fear Factory“) zusammengeschlossen, die auf dem Album „Planet Fear“ nun 12 Früchte ihrer gemeinsamen Arbeit präsentieren. Herausgekommen ist dabei die erwartbare Ohrenweide, die knackig-bissigen Industrial-Metal auf allerhöchstem Produktionsniveau bietet. Als Überraschungsbonbon kredenzt das Trio zudem eine gelungene Coverversion des „Public Enemy“-Klassikers „She Watch Channel Zero?!“ von 1988. Der Videoclip zur ersten Single „It‘s All In Vain“ wurde bereits abgedreht und soll Szenen aus dem Horrorfilm „Devil‘s Revenge“ enthalten, der vom mitwirkenden Schauspieler William Shatner (aka Captain Janes T. Kirk) geschrieben und produziert wurde. Der Song wird auch Teil des Soundtracks sein. "Planet Fear" erscheint am 01.02.2019 über Deadline Music (Membran) digital und als CD.

Einen recht kompakten Ausblick darauf, was den Hörer während der folgenden zwölf Songs in etwa erwarten wird, bietet schon der energiegeladene Opener „If I Die“ in Hülle und Fülle. Das grundierte Fundament ist rein elektronisch gehalten, mächtig drückende Beats tun ihr Übriges und scharfkantig aufblitzende Gitarrenwände schreddern immerzu lüstern hindurch. Gesanglich dabei stets getragen durch die sehr markanten Stimmen von Larsen und Engler, die ihrem Handwerk in bester Tradition alle Ehre machen. Das Tempo im stampfend marschierenden Rhythmus ist treibend und lässt schon jetzt keine Pausen zu. Nein, im Gegenteil: Spätestens ab dem Refrain entladen sich alle Kräfte in einem einzigen Power-Tornado! So stark und eindrucksvoll der Auftakt gerade eben noch ausgefallen ist, so belanglos wirkt das gewöhnliche „Out Of Control“ vor diesem Hintergrund, welches zwar keineswegs schlecht ausgearbeitet ist oder gar unhörbar wäre, jedoch mindestens leider auch genauso wenig Innovationen hervorbringt und im Vergleich mit vielen der übrigen Tracks regelrecht untergeht. Um ein Vielfaches besser kommt da schon „The Hangman“ weg, das den immensen Druck nochmals gefühlt erhöht und das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrückt. Der Bass wummert heftig und zeigt keinerlei Gnade... Es geht ordentlich zur Sache! Diesen Standard hält „Rich Kid Loser“ quasi im Handumdrehen und überschlägt sich in seinem aggressiv herausfordernden Tempo fast selbst. Das raue, kantige Arrangement rüttelt mächtig an allen Ecken und Enden, macht keine Anstalten sich drosseln oder dem Hörer gar einen kleinen Moment der Ruhe vergönnen zu wollen. Dennoch schießt man nicht allzu sehr über das gewünschte Ziel hinaus und lässt genügend freien Raum für Vielseitigkeit. Es geht vorwärts und immer weiter, denn jetzt werden fürwahr keine Gefangenen mehr gemacht! „For Nothing“ fährt jenen Standard danach zumindest minimal herunter und erdet die Komposition stattdessen angenehm in ihren Grundfesten, was insbesondere dem kratzigen Sound der Gitarre anstelle der pumpenden Electro-Fraktion eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteil werden lässt. Wirklich ruhig ist dieser Titel deswegen natürlich lange noch nicht. Es regieren pointiertes Drumming und gemäßigte Synthies, Schwermut macht sich zunehmend breit. Ein temporärer Zustand, der schon alsbald mit dem harsch attackierenden Doppel aus „Human Error“ und dem inklusive Video veröffentlichten Vorgeschmack „It's All In Vain“ wieder in alle Einzelteile zerlegt werden soll, kehrt man doch sehr schnell zu seinen eingangs zelebrierten Prinzipien zurück. Das Trio steht mächtig unter Strom und lässt seiner rasenden Wut in sekündlich eskalierenden Hochgeschwindigkeitsbahnen freien Lauf, prescht bis zum Maximum und wirft keinen Blick mehr zurück. Vor ähnlichen Eskapaden macht auch das bretternde „Born For A Cause“ keinen Halt, nur leider kann das nahende Finale aus „Infectious“, „Push The Limit“ und „She Watch Channel Zero“ dieses Niveau folglich nicht einmal im Ansatz erhalten... Mit dem bärenstarken Beginn und einer äußerst soliden, erste Hälfte scheinen „DieKlute“ ihr Pulver nämlich weitestgehend verschossen zu haben. Das ist gerade deshalb schade, weil die drei Instanzen durch ihre bekannten Hauptprojekte eigentlich so ungemein viel Expertise und Können zu bieten haben, dieses hier aber nur bedingt nutzen, sich gegen Ende zunehmend in Wiederholungen oder Selbstzitaten verlieren und allgemein zu sehr auf Nummer Sicher gehen. Echte Ausreißer nach unten sind dabei freilich nicht zu verzeichnen, denkwürdige Überraschungen oder der nächste Über-Hit aber leider ebenso wenig. Treue Fans der entsprechenden Künstler, welche die nächsten Releases ihrer Helden quasi nicht erwarten können, dürften hier aber musikalische Befriedigung finden und auch Genre-Fremde müssen sich wohl eingestehen, dass hier wohl niemand ruhig sitzen bleiben kann. Ein Umstand, der das Projekt vor allem für breite Interessenkreise spannend macht. Hier sollte definitiv jeder Sympathisant der elektronischen Fraktion zumindest reingehört haben, wenngleich „DieKlute“ trotz ihres immensen Aufgebots auch nicht sonderlich darum bemüht scheint, etwaige Neudefinitionen des gespielten Stils wagen zu wollen. Dafür bewegt man sich zu strikt auf lange erobertem Boden. Etwas bitter, geht hier doch ein Kollektiv zu Werke, dessen Akteure fraglos zu den absoluten Pionieren ihres Fachs gezählt werden können. Das wäre vermutlich die seltene Chance gewesen, die teils doch sehr stagnierende Sparte etwas zu lockern und abermals Geschichte zuschreiben. So bleibt abschließend das dezent enttäuschende Gefühl, dass hier in so manchen Aspekten definitiv mehr drin gewesen wäre. Viel Laune macht „Planet Fear“ aber allemal! Und wer weiß schon, was die Zukunft noch alles bringt?

Informationen:

https://dieklute.bandcamp.com/album/planet-fear

https://www.facebook.com/WeAreDieKlute/

 

Frontline Assembly - Wake Up The Coma (2019)

Genre: Electro / Alternative

Release: 07.02.2019

Label: Metropolis Records (Soulfood)

Spielzeit: 62 Minuten

Fazit:

Die Electro-Industrial-Band „Front Line Assembly“ hat die Grenzen des Genres, welches sie einst zu definieren geholfen haben, schon immer verschoben. Dies gilt nach wie vor, auch auf „Wake Up The Coma“. Eine furchtlose, führende Kraft. „Front Line Assembly“ bieten überraschende, neue Elemente, wie etwa das Cover von Falco‘s Amadeus (feat. Jimmy Urine), musikalische Beiträge von Robert Görl („DAF“), Nick Holmes („Paradise Lost“) und Chris Connelly („Revolting Cocks“, „Cocksure“). Wer jetzt endgültig aus seinem komatösen Zustand herausgerissen werden will, hat ab dem 07.02.2019 die große Gelegenheit dazu, wenn "Wake Up The Coma" sowohl digital als auch auf CD und sogar Vinyl über Metropolis Records (Soulfood) in die Regale kommt.

Das neue Studioalbum beginnt sogleich mit einem ganz besonders exemplarischen Stück, nämlich dem bereits im November letzten Jahres als Single veröffentlichten „Eye On You (feat. Robert Görl)“. Eine Kooperation mit der ikonischen Rhythmus-Maschine von „DAF“, die ohne Umschweife mit ihren treibenden Bässen aufgeladen nach vorne geht und sich vielleicht entgegen so mancher Erwartungen zwar erstaunlich wenig oldschool, dafür aber als echter, moderner Industrial-Kracher erweist. Weitaus klassischer wird es dann schon danach mit dem puristischen „Arbeit“. Einem charmanten Viervierteltakt-Stampfer in bester EBM-Manier und multilingualer Intonation, der sich entsprechend des Genres zuerst nicht allzu viele Experimente wagt, dann aber mit so netten Umbrüchen dem Rahmen entflieht und darüber hinaus einige andere Elemente zulässt. Deutlich überraschender und vor allem unkonventioneller ist das nächste Stück: „Rock Me Amadeus (Jimmy Urine)“, welches tatsächlich ein Cover des unverwüstlichen, gleichnamigen „Falco“-Gassenhauers darstellt! In Zusammenarbeit mit James „Little Jimmy Urine“ Euringer, dem Sänger der US-amerikanischen Punk-Band „Mindless Self Indulgence“, ist hier eine wagemutige Alternativ-Version entstanden, die sich selbstredend maßgeblich von ihrem Original unterscheidet, aber trotz oder gerade wegen ihrer bloßen Fremdartigkeit den Charakter des Originals sorgsam wahrt und einfach nur Spaß macht. Das anschließende „Tilt“ kommt zwar im Mid-Tempo daher, enthält als Kontrast jedoch einige krasse Breakbeats in bester Manier von „The Prodigy“ und Konsorten. Der Gesang mutet stark verzerrt anmutet und den dunkel vibrierenden Synth-Schleier mit seinem Mantra bedrohlich intensiv unterstreicht, bis der basslastige Electro-Berserker „Hatevol“ jene hypnotischen Zeilen ablöst und sich dafür in einer scheppernden Erbarmungslosigkeit ergibt, die dennoch gewisse Melodiösität nicht vermissen lässt. Ganz klar: Futter für die Clubs! Dagegen wirkt ein „Proximity“ fast schon unscheinbar, wenn sich erstmalig deutlich ruhigere, dezent elegische Töne bemerkbar machen oder „Living A Lie“ durch seinen tonalen Facettenreichtum besticht, sich vorerst klobig vertrackt und dann irgendwie doch packend tanzbar gibt. Hier regieren die Gegensätze... „Wake Up The Coma (feat. Nick Holmes)“ markiert eine weitere Kollaboration, die zudem wohl als eines der Highlights gezählt werden kann. Dieses Mal mit dem Frontmann der britischen Dark Rocker „Paradise Lost“, was im ersten Moment ob der stilistischen Differenzen vielleicht etwas ungewohnt wirken mag, aber umso runder funktioniert, wenn strikte Grenzen aufbrechen, langsam verschwimmen und brettharte Gitarren im rauen Grunge-Style mit elektronischer Dominanz kollidieren. So entsteht plötzlich etwas ganz und gar Neues, dem man nur zu gern Gehör schenkt, wohingegen „Mesmerized“ wiederum eher erwartbares Territorium betritt. Auch „Negative Territory“ wandelt auf entsprechenden Pfaden, tauscht seine anfängliche Schwere im späteren Verlauf aber gegen konterkarierende Harmonien ein, die eine fast schon poppige Affinität durchsickern lassen, welcher sich „Structures“ im Folgenden ebenfalls zu weiten Teilen bedient. Dass man sich bei so dermaßen viel Abwechslungsreichtum auch beim zerbrechlich emotionalen Closer „Spitting Wind (feat. Chris Connelly)“, dem der ehemalige „Ministry“- und „Revolting Cocks“-Kopf seine Stimme beisteuert, ebenso sehr aus der eigenen Komfortzone bewegt, verwundert da fast kaum mehr. „Erwartet das Unerwartete!“, könnte auch anno 2019 wohl das Motto von Bill Leeb und seinen Mannen gewesen sein. Etwa exakt dann, wenn man sich neben typischen Sounds dem Klassiker eines wohlbekannten Österreichers annimmt oder verstärkt Metal-Anteile in seine Songs aufnimmt. Nach fast dreißig Alben kristallisiert sich somit sofort heraus, dass sich die fleißigen Kanadier noch immer nicht auf ihren verdienten Lorbeeren ausruhen und stattdessen auch weiterhin bestrebt sind, ihren Klangkosmos beständig zu erweitern. Die spannendsten, weil unberechenbarsten Momente, erreicht man dabei gerade in den vielen Features mit illustren Gästen, in denen sich zwei Welten oder gar ganze Generationen kreuzen und somit Eins werden. Wer will da bitte nicht endlich aus seinem Koma hochschrecken!?

Informationen:

https://myspace.com/thefrontlineassembly

https://www.facebook.com/frontlineassembly/

 

Blutengel - Un:Gott (2019)

Genre: Pop / Alternative

Release: 15.02.2019

Label: Out of Line Music (Rough Trade)

Spielzeit: 70 Minuten

Fazit:

Zwei Jahre nach dem Top-5 Album „Leitbild“ und mit drei Vorabsingles im Rücken veröffentlichen Blutengel ihr neues Album „Un:Gott“. Einmal mehr gewährt Frontmann Chris Pohl einen Blick in seine Welt, die musikalisch wie auch textlich vor allem eins geworden ist: Größer! Wo vor genau 20 Jahren mit „Child Of Glass“ die Reise begann, schließt sich der Kreis nun, denn „Un:Gott“ schlägt den Bogen von der Frühzeit bis in die Zukunft. Der traditionelle und von Fans geliebte Stil wird bis zur letzten Konsequenz ausgereizt. Epische Melodiebögen verbinden sich mit tanzbaren Beats zu sinistren, absolut eingängigen Hymnen, die vom Sangesduo Chris Pohl und Ulrike Goldmann getragen werden. Die Refrains gehen noch direkter ins Ohr, die Melancholie ist noch ein bisschen düsterer, die wütenden Parts sind noch zorniger, die Hoffnung noch ein bisschen strahlender, die transportierten Emotionen noch intensiver. Dabei überzeugt die Band in ihrer Kompromisslosigkeit, mit der sie ihre Trademarks pflegt und mit viel Gefühl in die neue Zeit trägt. Das zeigt auch das Textkonzept, das die alte, aber doch aktuelle Frage nach Gott und Teufel und der Verantwortung des Menschen für Gut und Böse aufgreift und mit vielen persönlichen Tönen verknüpft. Der "Un:Gott" kommt ab dem 15.02.2019 digital, als reguläre CD oder Doppel-CD im Digipak, Doppel-Vinyl oder sogar limitierte Fa-Box mit reichlich Bonusmaterial über Out Of Line Music (Rough Trade) über euch.

Das eröffnende „Together As One“ fungiert eingangs viel mehr als eine Art überlanges Intro, anstatt eines vollwertigen Songs. Ein filigran gestimmtes Klavier, tiefe Glockenschläge und erhabene Chöre bilden hier das dramatische Fundament, auf welches die sakral inspirierten Zeilen „Come To me, shine again together as one“ fortan aufbauen. Der Spannungsbogen wird konstant gehalten und immer weiter aufgezogen, auf einen endgültigen Ausbruch wartet man hingegen vergeblich, was über die gesamte Spielzeit leider auch zulasten der Abwechslung geht. Viel klassischer geht es da schon beim eigentlichen Opener „Into The Void“ zu, der wiederum mit bekannten Elementen wie einem treibenden Mid-Tempo-Beat und dezent Wave-lastige Gitarren aufwartet. „König“ ist danach der erste deutschsprachige Titel in der Tracklist und versucht sich, ähnlich einigen Anteilen des direkten Vorgängerwerks, an einer ordentlichen Prise Sozialkritik, die sodann ebenso auch beim sich anschließenden „Praise The Lord“ in veränderter Form zum Tragen kommt. Der Sound ist treibend und vorrangig elektronisch arrangiert, das recht weit gespannte Konzept des Albums wird aufgegriffen und hinterfragt somit abermals gefährliche Leitfiguren und falsche Götter, was zwar schon längst nicht mehr besonders innovativ ist, dafür aber immerhin musikalisch ziemlich catchy ausfällt und zudem gut unterhält. Das traurig sinnierende „Not My Home“ gestaltet sich mit seiner sphärischen Ader beschwerlich und gemächlich, was zwar in den lyrischen Kontext passt, aber dennoch ohne echte Höhepunkte auskommt und dadurch fast schon so etwas wie Langeweile aufkeimen lässt. Mit „Alles“ gibt es wieder einen echten Ohrwurm nach klassischer Formel, melodisch und tanzbar zugleich. Einfach wie für die Clubs gemacht! Etwas eindringlicher und besonnener wird es danach bei „Seductive Dreams“, das mit kleinen Details gespickt und verspielten Elementen veredelt wurde. Der gewohnt harmonische Gesang von Ulrike Goldmann gliedert sich passend in das Arrangement ein und schöpft nochmal etwas Potential aus der ansonsten eher unspektakulären Ballade, welcher man unterm Strich eine gewisse Hymnenhaftigkeit dennoch nicht absprechen kann. Auch die erste Single namens „Vampire“ kommt über das wohlwollende Prädikat „Mittelmaß“ nicht wirklich hinaus, es ist eben der still geforderte Nachschub für die sich danach sehnende Fangemeinde, das den untrüglichen Eindruck der Auftragsarbeit hinterlässt. Nach dem größtenteils instrumental fokussierten Quasi-Duett „Surrender To The Darkness“ geht es mit „I‘m Alive“ schließlich doch nochmal steil bergauf. Die intelligent aufeinander abgestimmte Symbiose aus organisch-rockigen Klängen und paralleler Industrial-Walze weiß durchaus sehr zu gefallen und schlägt eine nicht zu verachtende Brücke zum pausierenden Nebenprojekt „Terminal Choice“ - Sehr schön! Nach dem melancholisch behafteten Quoten-Liebeslied „Am Ende Der Zeit“, das den gerade eben erst aufgebauten Fluss erneut an Tempo beraubt und zweifellos genauso gut auch in die erfolgreiche „Tränenherz“-Ära gepasst hätte, erlaubt Pohl sich mit dem giftigen „Teufelswerk“ und „Resurrection Of The Light“, welches nicht allein ob seines stark verwandten Titels spontan etwaige Erinnerungen an einen Song auf „Demon Kiss“ weckt, plötzlich zwei dunkle Bass-Hammer, die es wirklich in sich haben. In diesen Momenten punkten „Blutengel“ nach wie vor am meisten: Nämlich dann, wenn sie weniger auf gewollte Bedeutungsschwere setzen und sich stattdessen um mitreißende Dancefloor-Affinität mühen. Dass die Berliner jedoch durchaus auch beide Komponenten hervorragend miteinander verquicken können, veranschaulicht hier wohl kein Track besser, als das grandiose „Morningstar“. Das von einer epischen Orgel, aggressiven Metal-Saiten und einem brachial peitschenden Takt bestimmte Stück, setzt den zarten Part von Goldmann in einen hervorragenden, interessanten Kontrast mit der gnadenlos brettharten Schlagseite der dominanten Gitarren und macht nicht nur deshalb viel Spaß beim Hören. Das tragisch-bedrückende „The Last Song“, das trotz seines englischen Namens komplett in deutscher Sprache intoniert wird, bewegt sich dann mit seinem durchweg finster wabernden Sound passend auf die Zielgerade zu... „Blutengel“ halten also auch anno 2019 an ihrem typischen Zyklus fest, innerhalb dessen in vorhersehbarer Regelmäßigkeit eines zweijährigen Rhythmus stets ein neues Studioalbum bei verlässlicher Qualität auf dem Markt erscheint. Das hat sich im Kreise der treuen Vollblut-Fans zwar durchaus bewährt, lässt aufgrund des Termindrucks zeitgleich allerdings keine wirkliche Weiterentwicklung oder experimentierfreudige Ausreißer zu. Aber warum sollte das so gefeierte, wie gleichsam belächelte Duo auch etwas daran ändern? Das Konzept funktioniert bei der breiten Fan-Base nach wie vor sehr gut und gibt somit keinerlei Anlass für einen einschneidenden Bruch. Und so kredenzt man mit „Un:Gott“ wieder einmal eine recht ausgewogene Mischung aus deutschen und englischen Liedern, die sich zumeist sehr plakativ um Themen wie Glaube, Religion, Dämonen, Vampire, Liebe, Lust, Schmerz und das zu gewollt rebellierende Wir-Gefühl der schwarzen Szene drehen. Durch jene Vorhersehbarkeit und das scheinbare Abarbeiten dee bewährten Checkliste, verliert sich etwaiges Hit-Potential leider nur allzu oft im Nirvana, sodass (zu) viele der Stücke nicht über das Mittelmaß hinauskommen und demnach an sich selbst scheitern. Auch wenn sich Pohl und Goldmann im Vergleich zum deutlich gefälligeren Vorgänger „Leitbild“, der sich überdeutlich an den Mainstream anzubiedern versuchte, auf dem vorliegenden Album rein inhaltlich und stilistisch wieder eher zu ihren Wurzeln bekennen, wird das Rad hier ganz sicher nicht neu erfunden, was aus oben genannten Gründen auch gar nicht das angestrebte Ziel zu sein scheint. Die auszeichnenden Trademarks sind ebenso sehr dieselben, wie die über die Jahre oft angebrachten Kritikpunkte. Wer die Musik des polarisierenden Projekts schon immer mochte, wird mit dem Anti-Gott ganz sicher weiterhin seinen Spaß daran haben. Wer mit dem Schaffen der Gothic-Pop-Schmiede bisher hingegen nicht warmgeworden ist, wird es unter Garantie auch jetzt nicht... Und so bleibt am Ende das sonderbare Paradoxon der Reproduktion, das selbst mit einem neuen Album irgendwie trotzdem alles beim Alten bleibt.

Informationen:

https://blutengel.de

https://www.facebook.com/BlutengelOfficial/

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