Letzte Instanz - Morgenland (2018)
Genre: Rock / Folk / Alternative Release: 16.02.2018
Label: AFM Records (Soulfood)
Spielzeit: 76 Minuten Pressetext:
Ab heute steht das neue musikalische Baby in den Startlöchern und erscheint am 16.02.2018. Und es vereint alles, wofür diese Band bekannt ist – hymnische Gesangsmelodien in aktuellem Rocksound eingebettet, anspruchsvolle Texte, die den Finger in die Wunden der Zeit legen und filmische Streicher, die dem neuen Wurf die Krone aufsetzen.
Der Albumtitel "Morgenland" ist dabei mit Bedacht gewählt worden und spiegelt sich in den Texten wieder. Natürlich sticht einem als erstes das Provokationspotential des Titels ins Auge, wenn man erfährt, dass die Band ihre Wurzeln in Dresden hat. Davon zeugen kraftvoll, fast wütende Lieder wie „Mein Land“, „Armageddon“ und der Titelsong „Morgenland“.
Doch geht es der Band um mehr als nur anzuecken. Für sie verschmelzen die traditionellen und mit Wertungen versehenen Begriffe „Abendland“ und „Morgenland“ zu einem Sehnsuchtsort, einem Land im Morgen, das frei, tolerant und offen ist. Somit bietet sich "Morgenland" als Soundtrack für Hoffnung und Verheißung an.
Das Album "Morgenland" wird es als limitierte Fanbox, als limitiertes Digipack und als jewelcase geben.
Kritik:
"Das wird meine Symphonie, doch ich schreib' sie nicht allein
Denn in jeder Harmonie ist ein Ton von dir dabei
Das ist meine Symphonie und du bist immer mit dabei
Denn in jede Melodie legst du deinen Klang hinein"
Einst im Jahr 1996 in Dresden, der Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen, gegründet, vereinten „Letzte Instanz“ die kennzeichnenden Elemente aus alternativem Rock, Gothic und Folk damals noch als eine der ersten Formationen überhaupt. Das anspruchsvolle Vorhaben: Bombastische Melodien voller Energie mit virtuosen Versatzstücken verschiedenster Stile und lyrisch hochemotionaler Note zu verknüpfen, all das unter dem Kunstbegriff der „Brachialromantik“ zusammengefasst. Eine äußerst treffende Bezeichnung, wie sie viel besser wohl nicht hätte gewählt werden können, erläutert sie das nicht selten schwer zu komprimierende, komplexe Zusammenspiel der Gegensätze und musikalisch weit gefasste Schaffen dieser absoluten Ausnahmeband doch in nur einem einzigen Wort. Sie waren einst echte Vorreiter und prägten durch ihr Tun ein ganzes Genre nachhaltig. Auch in jüngerer Vergangenheit wagte man sich an Großes heran und setzte sich mit dem innovativen Konzept einer spektakulären Trilogie aus den kurz aufeinanderfolgenden Alben „Schuldig“, „Heilig“ und „Ewig“ ein imposantes und bis heute unvergessenes Denkmal, welches sowohl im Einzelnen als auch übergreifend und auf verschiedenen Interpretationsebenen schlüssig funktionierte. Seit ihren Anfängen schwangen sich die Instanzler mehr und mehr zu einem der bekanntesten Acts der schwarzen Szene auf, die konstant zunehmende Erfolge sprechen ganz klar für sich: Das fulminante Abschlusswerk des oben erwähnten Dreigespanns und dessen Nachfolger „Im Auge Des Sturms“, verfehlten den Einstieg in die Top 10 nur knapp, der letzte Release aus 2016, schaffte es danach dann sogar unter die ersten Fünf in den offiziellen Media Control Charts. Die Konzerte infolgedessen viel besucht bis hin zu ausverkauft, bekannte Festivals wie etwa das Amphi, Méra Luna oder auch Summer Breeze Open Air bieten den Dresdnern, welche die Menge mit ihren altbekannten Hits, wie auch dem neuem Material gleichermaßen schnell in ihren Bann ziehen, völlig zurecht beachtliche Slots an. Ein wahrer Kunstgriff, der sicher nicht jedem Künstler so scheinbar mühelos gelingt. Doch hinter all dem Fortschritt und Triumph stehen auch ein steiniger Weg und eine bewegte Geschichte, so waren etwa immer wieder zahlreiche Besetzungswechsel die Folge der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Bereits 2004 stieg Frontmann Sebastian „Robin Sohn“ Lohse aus, die Bassisten Rasta F. und FX schlossen sich an. Im Jahr 2010 wechselte der Mann hinter den Drums, Florian „Specki T.D.“ Speckardt, zu den Kollegen von „In Extremo“, sein Nachfahre und Ex-„Subway To Sally“-Mitglied David Pätsch tat es ihm 2015 gleich. Zuletzt verkündeten die beiden Gitarristen Holger „Holly D.“ Lieberenz und Oliver „Oli“ Schmidt ihren Ausstieg. Nun könnte man sicher meinen, dass all diese Umstände nicht spurlos an Band und Fans vorbeigegangen sind, doch mitnichten: Anstatt sich davon entmutigen oder ausbremsen zu lassen, arbeitete man beständig an der Perfektionierung des eigenen Sounds und spannte den Faden musikalisch, vor allem aber auch thematisch immer weiter, machte sich verstärkt gegen Rassismus, Hass und Hetze stark. Die „Letzte Instanz“ entwickelte anhand des aktuellen Zeitgeists ein visionäres Konzept und nutzt ihre Position als medial beachtetes Sprachrohr seitdem nicht ausschließlich nur um zu unterhalten, sondern vor allem dazu, sich als Botschafter in diesen oftmals dunklen Tagen mitzuteilen. Vor weniger als zwei Jahren forderte man so die „Liebe Im Krieg“ ein und jedem Aufhorchenden war spätestens jetzt schlagartig klar, dass diese sechs Musiker wirklich etwas zu sagen haben. Mit Schlagzeuger Andy Horst, Bassist Michael Ende, Cellist Benni „Cellini“ Gerlach, Violinist Rico „M. Stolz“ Schwibs, Gitarrist Bernie Geef und Sänger Rainer Stefan „Holly“ Hoffmann hat sich ein starkes Team, dessen Kern zu ausgewogenen Anteilen aus Gründungsmitgliedern und teilweiser Neubesetzung besteht, auf diese eine Mission begeben. Schon 2016 präsentierte man sich somit als kreativ, frisch und engagiert und auch jetzt will man an die Glanztaten des Vorgängers anknüpfen und dabei doch zeitgleich alte Tugenden pflegen, Neues einfließen lassen und die zugrundeliegende Message weiter ausarbeiten, um genau die Dinge anzusprechen, vor denen mit Sicherheit nicht Wenige ihre Ohren verschließen möchten, welche die aktuelle Gesellschaft dafür aber umso mehr braucht. Mit „Morgenland“ erscheint am 16.02.2018 eine Expedition in noch unerforschte (Gedanken-)Welten. Der folgende Logbucheintrag dokumentiert die insgesamt vierzehn Stationen...
Drei, Zwei, Eins - Start... Der Countdown zählt erbarmungslos runter, tosender Lärm macht sich breit, der Druck steigt an, gleißend helles Licht, infernalische Feuer entzünden sich, die Rakete startet genau jetzt und schießt geradewegs hinauf ins Unbekannte... Unendlich weit von der Heimat entfernt. Wir erblicken eine felsige, fast schon surreal anmutende Wüstenlandschaft. Unberührte, sandige Erde, auf der sich Schritt für Schritt die eigenen Fußstapfen abzeichnen, bestimmt das Bild aus eiskalten Farben. Im weitläufigen Hintergrund ragen meterhohe Felsen in die Luft, über uns der klare Sternenhimmel, zwei Planeten in der Ferne. Dieser Ort hier ist scheinbar nicht bevölkert, unentdecktes Land. Doch ist er einfach nur verlassen oder vielleicht so viel mehr? Ein anderer Platz zum Leben, ein Neubeginn? Vor unseren Augen kniet ein Astronaut nieder und steckt Mast mit wehender Fahne in den Boden. Darauf das vom vorherigen Album bekannte Logo, welches sich aus einem Herz und dem Zeichen für die Unendlichkeit zusammensetzt. Die Flagge selbst ist in einem dunklen Grünton gehalten, die Farbe der Hoffnung. Warum eigentlich? Für wen oder was genau? Und wenn ja, gibt es überhaupt noch welche? Das alles sind die ersten Fragen, die sich in Verbindung mit dem Cover-Artwork von Andraj Sonnenkalb beim Betrachter aufwerfen. Es regt ebenso sehr zum nachdenken und interpretieren an, wie auch der eröffnende Titelsong „Morgenland“. Rhythmisch taktierende Drum-Schläge peitschen plötzlich aus der Stille schnell voran, eine Gitarre spielt ihr helles Riff. Ein kurzer Break und das Cello setzt für wenige Sekunden ein, bevor die Saitenfraktion wieder einsetzt und dann zusammen mit unterschwelligen Chören in einer powernden Melodie mündet. Die ruhige Stimme von Sänger Holly Hoffmann fungiert als ausbalancierender Ruhepol und legt sich jetzt sanft über die Zeilen der ersten Strophe, die nunmehr ausschließlich vom Schlagzeug begleitet wird. Die „Letzte Instanz“ reicht uns die Hand und nimmt uns mit auf eine lange Reise: Der gesamte Song, aber insbesondere auch sein packender Refrain, spielt immerzu mit den beiden Begrifflichkeiten von „Morgenland“ und „Abendland“, schneidet damit unaufdringlich und dennoch klar bewusst die aktuellen Themen aus Nachrichten und Politik. Doch geht es nicht allein um die zweckmäßige, antiquierte Benennung gegensätzlicher Religionen und Kulturen, ebenfalls nicht um die polarisierende Provokation zum aufmerksamkeitsheischenden Selbstzweck. Das wäre zu einfach, zu durchschaubar. Viel mehr geht es den Dresdnern darum, das Wort auf eine gänzlich anders verstandene Ebene zu hieven und somit neue Perspektiven und Betrachtungsweisen zu eröffnen. Es ist der Traum von einem friedlichen Ort, einem sicheren Platz, an welchem alle Menschen Zuflucht finden und miteinander leben können. Zu naiv und Zukunftsmusik? Mit dem kollektiven Willen und der richtigen Einstellung sicher nicht. Ein Land von Morgen, voller Verständnis, Freiheit, Toleranz und Offenheit. Mit diesem Lied lädt man den Hörer dazu ein, genau dorthin mitzukommen. Wer kommt mit? Ein kraftvoller Schub katapultiert gleich zu Beginn in eine hymnische Collage aus energetisch rockender Gitarre, cineastischen Streicher und flirrender Elektronik, die sofort in ihren Bann zu ziehen weiß. Die Drums bieten abermals die grundierende Basis für den Gesang, der sich jetzt samtig und dunkel einschmeichelt, während hintergründig Violine und Cello immer wieder leicht durchbrechen. Ein Teil von uns bewegt sich stets ungesehen und wie im toten Winkel durch den Alltag. Wirkt fast wie ein dunkler, blinder Fleck, beachtet und doch genauso unsichtbar. Es ist die Missachtung der mystischen Gefahr, das Unverständnis für andersartiges Denken und Fühlen. Ein Hohelied auf das Lebensgefühl einer Szene, welches sich allerdings ebenso sehr auf einen gesellschaftlichen Kontext im Umgang mit Minderheiten beziehen lässt. Wer sieht einfach nur „Schwarz“ und wer sieht weiter?
Der folgende Track geht dann nicht weniger stark nach vorne, setzt dafür aber weniger auf klanglichen Bombast und lässt stattdessen wieder mehr traditionelle Elemente einfließen. In instrumentaler Hinsicht präsentiert sich hier ein durchaus kurzweiliger, launiger und mitreißender Folk-Song, welcher sich bis zu seinem eingängigen Chorus stetig steigert. Die charmant umgesetzte Thematik ist absolut auf Höhe der Zeit und gibt sich vor allem lyrisch angenehm locker, leichtfüßig, tanzbar und zugleich poetisch anmutig, ohne unfreiwillig komisch zu wirken. Die „Disco D'Amour“ öffnet ihre Tore, dichter Nebel zieht auf, tausende Lichter blenden uns und die Tanzfläche ruft. Dann plötzlich treffen sich zwei Blicke und bleiben aneinander hängen, verzahnen sich ineinander. Eigentlich wären es nur ein paar Schritte und doch scheint der jeweils andere doch so endlos weit weg. Die Bedenken und Angst schränken uns oftmals zu unserem Nachteil ein, die Zweifel halten uns streng in einem klammerndem Griff. Beide denken, fühlen und wollen das Gleiche, doch niemand macht den ersten Schritt und verliert auch nur ein einziges Wort, bis man sich schließlich wieder aus den Augen verliert. Wer weiß schon, was daraus hätte entstehen können? Zum Teufel mit der Zier! Die ruhigen Akkorde der Gitarre eröffnen, umspielt von dezent pulsierenden Synthies, danach das dramatische „Mein Land“. Schon die erste Strophe wirft einen Blick auf das aktuelle Tagesgeschehen: Sie finden sich beängstigend schnell wieder zusammen, verdrehen Sinn und Tatsachen, reißen sie aus dem Gesamtzusammenhang heraus und benutzen sie als Antrieb für ihren Hass. Nehmen so manches Geschehnis zum Anlass, um wieder durch die Straßen marschieren, demonstrieren und alte Parolen brüllen zu können. Ein altes und zurecht in dunkler Vergangenheit vergrabenes Weltbild ersteht bedrohlich aus den Schatten wieder auf. Wir entwickeln uns augenscheinlich zurück, befinden uns auf einem gefährlichen Scheideweg. Im bitteren Refrain aus Wut, Verzweiflung und Trauer brausen dann wieder Gitarren auf und vermitteln eisernen Protest. Es geht darum, wieder mehr zusammenzustehen, mit vereinten Kräften dagegenzuhalten und uns so vor dem nahenden Abgrund zu bewahren. Der finale Part endet in einem donnernden Gewitter aus metallischer Härte und sägenden Streichern, gefolgt von ausgiebigen Soli. Fragen werden laut: Wo ist die Toleranz und Freiheit nur hin? Wir geben unser Land dennoch nicht aus der Hand und erst recht nicht kampflos auf. Wir überlassen es nicht der Zerstörung und Rassismus... Liebe statt Krieg! Genau diese Motivation greift der anschließende Titel nochmals detaillierter auf: Das druckvolle Schlagzeug gibt nun den unüberhörbaren Startschuss für den Kampf der „Glücksritter“! Eine sehnsuchtsvolle Melodie aus schwelgerischer Geige und elegischen Gitarrenwänden versprüht sogleich verträumte Aufbruchstimmung. Hoffmann setzt seine Stimme hier mal kraftvoll und rau, danach wieder glasklar und ruhig ein. Das Arrangement gipfelt schließlich in einem epischen Chorus, der mitreißt und dazu ermutigt, an seinen Wünschen, Idealen und dem Glauben an eine besser Welt festzuhalten. Die zu vermittelnde Botschaft ist deutlich und textlich überzeugend feinsinnig aufgebaut. Wir geben nicht auf und machen uns gemeinsam stark für das Glück... Für uns selbst und die Allgemeinheit!
Mit dem nächsten Song breiten wir unsere Flügel aus und schwingen uns wieder in luftige Höhen auf, wie einst „Ikarus“. Eine größtenteils ruhige Nummer im Mid Tempo, die vor dem leidenschaftlichen Chorus, hier mit sanften Piano-Tupfern verfeinert, zunächst nochmals etwas an Fahrt durch die eingesetzten Gitarren gewinnt, bevor der nun gesetzte Ruhepol durch „Noch Einmal“ nochmals weiter vertieft wird. Geige und Cello geleiten von der ersten Sekunde an durch die filigran arrangierte Melodie und tragen die authentische Zerbrechlichkeit auf diese Weise über die gesamte Spielzeit hin weiter. Mit jeder Zeile wir umso mehr deutlich, dass die Zeit das höchste Gut hier auf Erden ist und man sie, einmal verloren, nie wieder wird zurückdrehen können. Ein wehmütiger Blick auf alles, was einmal war, was ist und was für immer bleiben wird. Der Zeiger läuft erbarmungslos weiter, der Sand rinnt durch die Finger. So vieles ist noch ungesagt, so vieles gäbe es noch zu erleben und doch gibt es kein Zurück mehr... Eine schmerzvolle Erinnerung daran, all die Tage, die einem bleiben, sinnvoll zu nutzen und das zu tun, was auf der Seele brennt, so lange wie das Herz noch weiter schlägt. Eine balladeske und zutiefst berührende Abschiedsmelodie aus der Sicht eines Leidenden an seine Liebsten. Carpe diem! Nun weichen die ruhigen Töne schlagartig einer zwingend wütenden Wandlung, die Atmosphäre verkehrt sich ab der ersten Sekunde an in finstere Bedrohlichkeit. Mächtig donnernde Gitarrenwände fusionieren mit bissigen Streicher-Salven und preschen zusammen weiter voran. In den einzelnen Strophen regieren pochende Beats, dahinter bauen sich die Saiten dramaturgisch immer weiter auf und steigern sich bis zum Refrain, der von tiefer Enttäuschung, dem Gleichgewicht von Geben und Nehmen in zwischenmenschlichen Beziehungen, zerbrochener Freundschaft und Liebe erzählt. Aber ebenso auch von wichtiger Grenzüberschreitung, wiedererlangtem Wertgefühl, dem Weg zurück zum eigenen Ich, Selbstbestimmung und dem unerschütterlichen Willen, gestärkt aus den Schatten herauszutreten. Trenn dich von deinen Altlasten, kette dich nicht nur alter Zeiten wegen an gute Erinnerungen, gib dich nicht auf, aber die Menschen, die dir schon lange nicht mehr guttun. Kein Blick zurück und nur nach vorn... Staub zu Staub und „Asche Zu Gold“! Die nächste Station entfaltet sich sogleich als ausdauernd powernder Up-Tempo und reißt den Hörer sofort von Anbeginn an mit. Die durchaus ungewohnte Instrumentierung webt hymnische Blechbläser in das klassische Konstrukt ein, welche sich ideal der wohlig zelebrierten Mutmach-Attitüde fügen und für ohrwurmigen Pop-Appeal sorgen, jedoch ohne dabei aufdringlich oder deplatziert zu wirken. Viel mehr sind Elemente wie diese, die den gewohnten Sound um ein Vielfaches bereichern, ohne dabei zu aufdringlich zu sein oder gar zu stören, eine erfrischende Neuerung, die das ohnehin schon vollkommene Gesamtbild weiterhin spannend abzurunden weiß. Die kollektiven Chöre bieten definitiv Mitmach-Potential für die kommenden Konzerte im Frühjahr. Trotz manch schwerer Zeiten noch immer da und mit erhobenem Haupt den Blick auf das Morgen gerichtet. Ein Lied auf das Leben in all seinen Facetten... Sei stolz, denn „Du Lebst“, auch wenn es manchmal anders war!
Das melancholische „Wellenreiter“ zeichnet sich im Anschluss, passend zum Text, hingegen viel mehr durch seinen sehnsuchtsvollen und majestätischen Aufbau denn groß angelegten, pompösen Sound-Bombast aus. Das lyrische Ich reist schon seit jeher über die Meere, hat dabei beständig sowohl die Höhen als auch die Tiefen kennengelernt und weiß, das Leben selbst ist, wie auf den schäumenden Kämmen der Gischt, ein Auf und Ab. Wann ist der lang ersehnte Zeitpunkt gekommen? Wann muss man nicht mehr weiter warten und reisen? Wann ist man am persönlichen Ziel und endlich angekommen? Mit jedem neuen Erlebnis setzt man seine Geschichten fort, reaktiviert wichtige Impulse und schreibt die eigene Partitur immer weiter. Davon erzählt anschließend das erhellende „Symphonie“, bevor es mit der schwerfälligen Halbballade „Für Immer Sein“, welche, passend zum Konzept des Albums, von futuristischen Sounds durchsetzt wird, langsam auf die Zielgerade zugeht. Zum Abschluss bricht das „Armageddon“ über uns herein und markiert ein furioses Finale, das in thematischer Hinsicht ganz im Zeichen von systemkritischen Titeln wie etwa „Schuld“ steht. Der Song ist in jeder Hinsicht der Düsterste des gesamten Albums und sticht vor allem durch seine ungewohnte Instrumentierung ganz besonders aus den Reihen der vorherigen Lieder heraus. Ein tiefes Grollen reißt den Hörer sogleich in die Musik gewordene Apokalypse hinein, die Strophen werden ausschließlich von rhythmisch pumpender Elektronik bestimmt, immerzu von den unheilvoll implementierten Saiten der Streicher begleitet. Eine zutiefst bedrohliche Dystopie baut sich auf, dann ist es soweit: Alle Dämme brechen, die Endzeit hat begonnen... „Wir ziehen in den Krieg, alles ist vorbei!“. Es liegt ganz an uns allein, dass dieser unheilige Fiebertraum einer erschütternden Zukunftsvision nicht schon bald zur bitteren Realität für uns alle wird. Das beschließende „Children (feat. "Orphaned Land")" ist eine überraschende, doch ungemein passende Zusammenarbeit mit der bekannten Metal-Band aus Israel und knüpft inhaltlich weiter an das dominierende Konzept an. Im orientalisch angehauchten Duett mit Sänger Kobi Farhi entsteht auf diesem Wege ein in vielerlei Hinsicht schweres Epos von rund acht Minuten, das die Dramaturgie durch seinen langsamen Aufbau beständig steigert und besonders auch durch seine eindringlich intonierten Lyrics zu berühren weiß. Die Stimmen von Hoffmann und Farhi harmonieren perfekt miteinander, werden über die gesamte Spielzeit zudem in arabischer Sprache ausgestaltet. Ein altes und dabei doch leider noch immer aktuelles Thema: Die Jugend zieht schon früh in den Krieg, fremde Interessen zu verfechten und gibt die eigene Zukunft für die von Land, Religion und Politik auf. Wann hat das alles ein Ende? Es ist an der Zeit, um umzudenken, alte Konventionen abzulegen und endlich in den gegenseitigen Dialog zu treten. Einander verstehen und miteinander leben lernen, anstatt sich blind bekämpfen und vernichten zu wollen. Es ist an der Zeit für Toleranz, es ist an der Zeit für Liebe statt Krieg. Das alles in einer für Jedermann gleichermaßen modernen, menschlichen, lebenswerten, offenen und freien Welt. Irgendwann. Hoffentlich schon sehr bald. „Morgenland“, öffne uns deine Pforten...
Tracklist:
01. Morgenland
02. Schwarz
03. Disco D'Amour
04. Mein Land
05. Glücksritter
06. Ikarus
07. Noch Einmal
08. Asche Zu Gold
09. Du Lebst
10. Wellenreiter
11. Symphonie
12. Für Immer Sein
13. Armageddon
14. Children (feat. Orphaned Land)
Fazit:
Beunruhigende Ereignisse und besorgniserregende Entwicklungen weltweit, erfordern zuweilen ganz eindeutig klare Statements! Das weiß die „Letzte Instanz“ schon lange und wendet sich seit jeher immer wieder auch aktuellen Thematiken zu. Die gestandene Dresdner Erfolgsformation hat die teils erschreckenden Zeichen der Zeit wahrlich früh erkannt und hält auch anno 2018 am inhaltlichen Konzept des Vorgängerwerks fest. Sich ihrer hohen Verantwortung als medial präsente Künstler bewusst, liefern die Sechs auf ihrem nunmehr zwölften Studioalbum nicht ausschließlich nur reine Unterhaltung, sondern nutzen die Möglichkeiten ihrer gegebenen Plattform vor allem dazu, um zu informieren, zum nachdenken anzuregen und aufzurütteln. Wie auch schon vor zwei Jahren bleiben die lobenswerte Motivation und der Ansatz weitestgehend deckungsgleich, wenn auch man diese nun um einiges dringlicher und konsequenter ausbaut. Authentisch vertieft fokussieren sich Hoffmann und Co. im Rahmen der neuesten Veröffentlichung weiterhin auf ihr bedeutendes Mantra, rufen verstärkt zu „Liebe statt Krieg“ auf und fordern mehr Courage und Menschlichkeit im Alltag. Das alles geschieht, zum Beispiel bei „Mein Land“, sowohl auf eine sehr direkte Art und Weise als auch in „Glücksritter“ oder „Wellenreiter“ mithilfe von Geschichten und einer eher bildhaften Sprache. Die Instanzler appellieren mit ihren großartigen, vielschichtigen Texten somit einmal mehr an den Gemeinschaftsgedanken, Toleranz und Zusammenhalt, jedoch ohne den Zeigefinger dabei zu sehr zu erheben, denn mit „Disco D'Amour“ und „Du Lebst“ zieht man ebenfalls alle Register und lädt zwischen all der Nachdenklichkeit und Kritik auch ordentlich zum feiern ein! Dazu passend gehen die Dresdner auch beim Songwriting nun deutlich kompromissloser und konkreter zu Werke, erweitern den, seit „Im Auge Des Sturms“ zumeist organisch-reduzierten Sound, in den richtigen Momenten endlich wieder zu einem perfekt inszenierten Bombast aus großen Melodien, filmischen Streichern, epochalen Chören, zwingenden Gitarren oder gar neuerlich arrangierten Experimenten, wie beim grandiosen „Armageddon“. Echte Ausreißer nach unten oder gar Tiefpunkte gibt es keine zu verzeichnen, die einzelnen Lieder sind in jeder Hinsicht auf einem konstant hohen Niveau und tragen in ihrer Summe maßgeblich dazu bei, dass das komplette Album wie aus einem Guss wirkt, wenngleich dazwischen auch noch einige schnellere Songs mehr wünschenswert gewesen wären, um das Gesamtbild weiter abzurunden. Nichtsdestotrotz ist die „Letzte Instanz“ mit „Morgenland“ aktuell so nahe daran, der eigens zelebrierten Romantik das Attribut „brachial“ wieder zuzuführen, wie in den letzten Jahren selten zuvor und darüber hinaus auf einem mehr als guten Weg, ihre musikalischen Wurzeln mit einer essenziellen Message zu verquicken, die einem das wohlige zu vermitteln vermag, dass es trotz aller Schattenseiten für die Hoffnung doch nie zu spät ist.
Informationen:
http://www.letzte-instanz.de
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