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NEUESTE
BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

This Morn' Omnia - Spectra*Paris - Lionhearts (2017)


This Morn’ Omnia - Kundalini Rising (2017)

Genre: Electro / Ambient / Alternative

Release: 17.03.2017

Label: Dependent (Alive)

Spielzeit: 105 Minuten

Fazit:

Der klangvolle Begriff "Kundalini" umschreibt eine in tantrischen Schriften näher beleuchtete, ätherische Kraft im innergeistigen Zentrum. Die dort aufgeführte Lehre besagt, dass jedem Menschen eine besondere Stärke innewohnt, die dort als ebendieses "Kundalini" benannt wird. Diese befindet sich am unteren Ende der Wirbelsäule ruhend und wird symbolisch als eine im untersten Chakra schlafende Schlange dargestellt, welche als der Materie am nächststehendsten gilt. Nach ihrer Erweckung soll diese folglich aufsteigen, wobei die dadurch transformierenden Energiezentren aufgebrochen werden. Erreicht sie danach das oberste Chakra, vereinigt sie sich mit der kosmischen Seele und sein Wirt erfährt das höchste Glück. Da dieser Prozess aber auch erhebliche Gefahren und Risiken birgt, ist zuvor jedoch eine innere Reinigung im Herzzentrum von Nöten. Soweit schon einmal zum zugrundeliegenden Konzept, des frisch veröffentlichten Albums, der 1996 gegründeten Formation "This Morn’ Omnia" aus Belgien. Ganze sechs Jahre nach "L'unification des forces opposantes", schickt sich das Projekt um Mastermind Mika Goedrijk an, den Markt mit einer schier facettenreichen Zusammenstellung aus Tribal, Noise und Ambient ein weiteres Mal zu bereichern und seinen Status als eine der führenden Ikonen des Genres fortan zu sichern. Und tatsächlich soll die hungrige Anhängerschaft für die lange Wartezeit reichlich entlohnt werden. Dies geschieht in Form eines wahren Spektakels, einer üppig ausgestatteten Doppel-CD: "Kundalini Rising". Mit ihrem neuen Werk kreieren die Niederländer ab dem ersten Titel ein mannigfaltiges Universum aus derber Strommusik, schamanistischen Einflüssen und spirituellen Elementen, welches schon nach geringer Spieldauer einem ruhelosen Fiebertraum aus wild züngelnden und dann wieder friedvoll arrangierten Klängen gleichkommt. Beständig bildet sich ein vielschichtiger Kokon aus diversen Melodien und gibt der Substanz den angemessenen Raum, zur langsamen Entfaltung zu einem mächtigen Überwesen. Das in sich schlüssige Konzept wird durch seine Präsentation zu jeder Zeit punktgenau dargeboten und detailverliebt umgesetzt, wodurch erst der gewaltige Bombast freigesetzt wird, der sich mit erhabener Finsternis und konträr erhellenden Momenten einen treibenden Schlagabtausch bietet.

Das gesamte Material bleibt durch seine zunächst vordergründige Bedrohlichkeit dabei oftmals kryptisch und nicht selten ebenso schwer zu fassen. Die zielsicher eingestreuten Versatzstücke aus Samples und Gesängen, entfalten ihre Wirkung auf diese Art darüber hinaus äußerst effektiv und bleiben noch überraschend lange in Geist und Seele haften. Vom eröffnenden "Ayahuasca (Let's Shift Together)" und dem hypnotischen "Tir Na Nog", über "Garuda Vimana" bis hin zu "Shakti", lädt der psychedelische Trip fortan zu einer belebenden Reise durch alle Sinneswelten ein. Für ein hohes Maß an Abwechslung ist in den großteilig instrumental angelegten Tracks ebenfalls gesorgt, wenn in "Hadji Hadja" oder "Earthwalk" etwa beschwörende Trommeln dominieren und auch die entschleunigenden Zwischenspiele wie "The Apotheosis Of Eckhart", "(The) Waters Of Duat" und "Mohenjo Daro" eine schier unbändige Sogkraft entfalten. Nahezu alles Songs gehen unterbewusst konzeptionell Hand in Hand, rütteln alle auf ihre Art auf, durchbrechen die Dimension, wiegen schwer in Kopf und Seele des Hörers. Wie sehr sich die jeweiligen Gegensätze wechselseitig an- und wieder abstoßen, veranschaulicht etwa das ungleiche Duo aus "Kachina Blue (The Watcher)" und "Kachina Red (The End Of The World)". Es ist das effektive Spiel der Emotionen, zwischen gütig spendender und dann wieder gewissenlos vereinnahmender Energie, das Geben und Nehmen zwischen dem Empfänger und Sender, der jederzeit authentisch erzeugten Klangwelt. Alle Stücke versetzen in eine beängstigend intensive Trance, einen weltlich entrückten Dämmerzustand, von absoluter Hörigkeit und empfangsbereiter, physischer Abwesenheit. Der Sound nimmt, genau wie die bezeichnende, zum selbstbestimmten Leben erwachte Schlange, unweigerlich gefangen. Mal ganz behutsam und dann wieder unbändig tobend, aber immer ohne zu erdrücken. Zeigt man sich zur Hingabe bereit, so nimmt man unterbewusst den roten Faden, der über alles stehenden Thematik von Freisetzung ureigener Energien, auf. Es ist die musikalisch umgesetzte, akustische Versinnbildlichung der tantrischen Schriften. Ein interaktives Lehrstück, dessen Aufgabe es damals wie heute jedoch nicht ist, den allgemeinen Massengeschmack zu bedienen. Bringt man aber genug Muse mit und lässt sich folglich ausreichend auf diese Erfahrung ein, ist das höchste aller Chakren gewiss nicht mehr fern...

Informationen:

http://www.thismornomina.com

https://de-de.facebook.com/thismornomina/

 

Spectra*Paris - Retromachine Betty (2017)

Genre: Electro / Pop

Release: 12.05.2017

Label: Dependent (Alive)

Spielzeit: 44 Minuten

Fazit:

Hierzulande nur bedingt bekannt, ist die Formation "Siderartica". Die italienische Band schloss sich einst 2001 durch Elena Alice Fossi, ihrem Bruder Andrea Fossi und Andrea Savelli zusammen und agierte dabei als offizielles Nebenprojekt zu "Kirlian Camera". Im Jahre 2006 löste sich das Kollektiv aufgrund einiger einschneidender Wechsel im Line-Up schließlich auf, die unveränderte Kreativität ließ danach jedoch ausreichend Platz für einen energiegeladenen Neustart. So ging nur wenige Monate später das neugeschöpfte Pendant "Spectra*Paris" an den Start und präsentierte sich dabei sowohl an seiner Erfahrung aus der Vergangenheit gereift, als auch in seinem gesamten Klang noch um einiges stärker als zuvor. Das Kollektiv um Fossi schien seine Ausrichtung nicht nur gänzlich überdacht, sondern darüber hinaus auch perfektioniert zu haben. Die erlesene, einzigartige Mixtur aus einzigartigem Electro-Pop, Electronica und Cold Glam bietet seit 2007 eine höchst individuelle Handschrift, die eine mögliche Verwechslung schon im Ansatz nicht mehr zulässt. Mit ihrer ersten Promo-Maxi "Spectra Murder Show "Maxi und dem darauffolgenden Longplayer "Dead Models Society (Young Ladies Homicide Club)" machte man wortwörtlich schnell wieder von sich hören, drei Jahre später gab es mit "License To Kill" und "Christmas Ghouls" lohnenden Nachschub. Danach wurde es verdächtig still um das innovative Projekt schien von der Bildfläche verschwunden, wie aus dem Nichts auf Eis gelegt. Zumindest vorerst. Unterstützt durch Produzentenlegende John Fryer, dessen Bekanntschaft Fossi bereits durch die dreimalige Zusammenarbeit im Rahmen der "Black Needle Noise"-Collection machte, erscheint am 12.05 mit mit "Retromachine Betty" das aktuelle Album und somit ein erneutes Lebenszeichen. Dabei atmet und lebt das Werk die unverkennbare Seele der 80er Jahre und fängt die unnachahmlichen Vibes von Helden wie "Visage" ein.

Den Anfang macht das melodiös-eingängige "Star Bubbles", welches mit seinen süßen, hellen Melodien irgendwo zwischen leichtem Pop und Wave schwebt und sich damit nur allzu schnell in die Gehörgänge einschmeichelt. "Alice (Geistersterne)" ändert danach fließend die allgemeine Gangart, hin zu synthetisch pulsierenden Sphären und entführt direkt in seinen ganz eigenen, facettenreichen Kosmos. Einige leichte Anleihen zur Hauptband gibt es mit "Ludovico Technique" allerdings auch. Etwa dann, wenn die Einflüsse von Bass und Gitarre zu schrill dröhnenden Verzerrungen verführen und das Gesamtergebnis mit hymnischem Gesang anreichern. Das elektrisierende "Machinedream" und "Universal" laden sodann, getreu ihrer jeweiligen Betitelungen, zum ausschweifenden Träumen ein und machen keinen Hehl aus ihrer, von Vintage berührten Disco-Ader. Doch auch sanftere Töne halten Einzug und finden durch das entschleunigende "Lux Industries" ihren Weg zum Hörer, während das "The Kinks"-Cover "You Really Got Me" auf den ersten Blick eher gewöhnungsbedürftig wirken mag, dann aber schnell zündet. Das futuristisch anmutende "Metrolynx" fügt sich dann auch wieder thematisch passend in den gesamten Kontext ein und steht, mit einem perfekt dosierten Hauch mystisch anmutiger Dunkelheit, ganz im Zeichen des lupenreinen Pops. Der "E-Girl Song" hingegen, besticht durch seine wechselhaften Parts in Sound und Gesang, arbeitet zusätzlich mit temporären Disharmonien, wohingegen das darauf folgende "E-Kitsch Souvenir Of Italy" komplett aus dem bisherigen Rahmen fällt und mit stampfenden Beats das weitreichende Schaffen dennoch rund abdeckt. Ein Abschluss, wie er wohl abwechslungsreicher kaum sein könnte. Über allem steht zu jeder Zeit jedoch die glasklare Stimme, der in Miami gebürtigen Elena Alice Fossi, deren Gesang deutlich hörbar durch Sopranistin Susanna Rigacci trainiert und perfektioniert wurde. "Spectra*Paris" erhalten den Pathos und die große Geste von "Kirlian Camera" problemlos ebenso aufrecht, wie tanzbare rhytmische Clubhymnen. Dabei verlässt die Frau mit den vielen Gesichtern die oftmals ausgetretenen Pfade des Genres nur zu gerne und gibt sich dafür viel mehr weiter ihrer kompromisslos Extravaganz hin, welche die Italienerin seit jeher so sympathisch und besonders macht. "Retromachine Betty" ist somit eine Art Musik gewordene Zeitmaschine und lädt zu einer leidenschaftlich authentischen Reise zwischen charmantem Retro und zeitgenössischer Moderne. Alles einsteigen!

Informationen:

https://www.facebook.com/elenaalice.fossi

https://de-de.facebook.com/spectraparis.official/

 

Lionhearts - Lionhearts (2017)

Genre: Electro / Alternative

Release: 16.05.2017

Label: Dependent (Alive)

Spielzeit: 47 Minuten

Fazit:

Mit dem Herzen eines Löwen... Für das am 16.05. diesen Jahres erscheinende Solo-Album von "Seabound"-Kopf Frank M. Spinath, welches in enger Zusammenarbeit mit Produzent "Hecq" entstand, könnten die einleitenden Worte wohl nicht treffender gewählt worden sein. Sowohl den Titel des nun rezensierten Debüts als auch den Namen des Projekts selbst dem literarischen Klassiker "Die Brüder Löwenherz" von Astrid Lindgren entlehnt, setzt sich das illustre Duo hier insbesondere mit Thematiken wie dem Tod, aber auch dem daraus neu erwachsenen Mut auseinander. Wichtige Handlungen, komplexe Situationen und die damit verbundene Entscheidungen werden mindestens genauso gründlich analysiert, seziert und behandelt, wie die oftmals so schwer erscheinende Sorglosigkeit und gesunde Unvernunft, um mutig genug für ein Wagnis und den Sprung über den eigenen Schatten zu sein. Dazu schöpft Spinath neben exklusiv verfassten Titeln allen voran aus dem Fundus über zwanzig Jahre alter Demos seines persönlichen Archivs und entschied sich durch aufwändige Aufbereitung und technische Restauration gegen den Verfall ebendieser. Wie manch einem Leser hinlänglich bekannt sein dürfte, ist der Mastermind nicht nur im Rahmen seiner anderen Projekte wie etwa der Hauptband "Seabound", "Ghost Writer" und "Edge Of Dawn / Raging Silence" für Texte und Gesang zuständig, sondern geht mindestens ebenso zahlreiche Kooperationen mit anderen Künstlern ein. Ein durchaus breites Betätigungsfeld also, dessen mannigfaltig kreativer Ausdruck als Ventil dient und dadurch eine erhebliche Ansammlung an Rohmaterial bereithält. Inhaltliche Inspiration lieferte darüber hinaus auch der bekannte Klavierzyklus "Bilder Einer Ausstellung", des russischen Komponisten Modest Mussorgski aus dem Jahre 1874, der zu Ehren seines verstorbenen Freundes Viktor Hartmann entstand. Diese Zusammenstellung gilt als eines der absoluten Paradebeispiele, der für gewöhnlich ausschließlich instrumentalen Programmmusik, welche die Vorstellung von Bildern und den damit verbundenen Geschichten beim Hörer erwecken soll. Basierend darauf erfolgt eine gewisse Orientierung an diesem Aufbau, auch wenn mit Gesang versetzte Songs ebenso wie atmosphärische Zwischenspiele enthalten sind, die als Vorbereitung für den folgenden Akt funktionieren.

So leitet etwa zu Beginn das dystopische "Flashback" ein und geht mit "The Ardent City" in eine gefühlvolle Electro-Ballade mit todtrauriger Grundatmosphäre über, die vom Schicksal zweier Menschen erzählt, die nicht füreinander bestimmt zu sein scheinen. Musik gewordene Sehnsucht eint sich mit feinsinnigen Strukturen und spiegelt glaubhaft zerrüttete Emotionen wider. "Abandon" führt alsdann zum nächsten Titel: "Gone". Die verträumte Melodie eines Klaviers klingt zunächst vereinsamt in der Stille, isoliert langsam nach und nach die keimenden Emotionen, nur um dann dem Regierenden Duktus mit gegenteiliger Aggressivität entgegenzuwirken, vereint mit einem tiefen Bass. Kühl und minimalistisch kommt hingegen "Cloud" daher. "Kite" ist das längste Interludium und ebnet den Weg zur zweiten Hälfte, die merklich hoffnungsloser und finsterer anmutet, wie das eiskalte "Murder" sofort klarstellt. Nach "Hint" wird es mit "Threat" und "To What I Don't Know" wieder temporeicher, wobei Letzteres mit zusätzlich erwärmenden Streicher-Passagen den Sound variabel gestaltet und schlüssig erweitert. "No Going Back" gestaltet sich verdächtig sanft, fast schon unheimlich ruhig. Lyrisch behandeln Spinath und "Hecq" das endgültige Ende einer zwischenmenschlichen Beziehung, ohne Aussicht auf Besserung, Heilung oder ein errettendes Zurück. Auch in rein instrumentaler Hinsicht ist das Zweigespann um hohe Authentizität bemüht, wandelt unberechenbar zwischen wütender Verzweiflung und zerbrechlichem Hilferuf. Ein fürwahr anrührender, weil düster-depressiver Abschluss, der in Kombination mit "In The Sand" erschreckend schwer im Magen liegt, unablässig tief ins Innerste absinkt und dort noch eine ganze Weile unangenehm nachwirkend verbleibt. Wie lautet also das Resümee? Dunkel, bedrückend, facettenreich, überraschend, vielschichtig, unerwartet und persönlich - Das ist der unvergleichliche und unersetzliche Stoff, aus dem die Herzen der Löwen sind. Erst jene Aspekte machen das gesamte Ergebnis für den Hörer so dermaßen greifbar und schlüssig. Der selbstbetitelte Erstling legt keinerlei Wert auf allzu schnelle Konsumierbar- oder Verdaulichkeit und stellt über die gesamte Dauer völlig bewusst keinerlei bevorstehenden Angriff auf die Tanzflächen der Republik dar. Entgegen dem sonst üblichen Genre-Standard bleibt auch der Gesang mehr clean, denn stupide austauschbar und kürt das Debüt zusammen mit den ausgefeilten Arrangements zu einem Vorzeigewerk hochintelligenten Electros.

Informationen:

https://www.facebook.com/fms.lionhearts/

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