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BEITRÄGE:

  • AutorenbildChristoph Lorenz

Onenine - Funker Vogt - Solar Fake (2021)


Onenine - Sceadu (2020)

Genre: Electro / Alternative

Release: 19.12.2020

Label: Noiselab / Studio600

Spielzeit: 37 Minuten

Fazit:


Für alle jene, welche die Rezension zum 2019 veröffentlichten Debüt „Hirato“ und dem letztjährig erschienenen Nachfolgewerk „3 3 3“ verpasst haben sollten, kommt hier eingangs nochmal die Kurz-Biografie zum Projekt: Im Jahr 1993 gründen Kay Jäger und Oliver Müller das gemeinsame Projekt namens „Cyber Axis“, arbeiteten fortan an einigen Demos. Ein Vertrag beim Label Paradise Rising ging danach dem Debüt „The Final Sign“ voraus. Neben Julie Schott brachte man zudem wechselnde Live-Gitarristen, wie etwa Thorsten Scheuermann, der später noch fest ins Line-Up integriert werden sollte, ins angestammte Ensemble ein, um dem Sound mehr Druck und Härte zu verleihen. So eröffnete man alsbald sogar für die heute weltberühmten Berliner Provokateure von „Rammstein“, der Nachfolger „Fool Energy“ brachte weiterhin mehr Aufmerksamkeit ein. Alles schien auf einem sehr guten Weg, bis Jäger und Schott später aus unterschiedlichen Gründen ihren Ausstieg entschieden und Müller somit 1997 das jähe Ende bekannt gab. Obgleich dessen wandte er sich der Musik aber nicht vollends ab, sondern war fortan hinter den Kulissen als Produzent tätig, wodurch er Matthes Ewald kennenlernte, mit dem er beschloss, das Projekt wiederzubeleben. Auf einer Release-Party von „Megadump“ traf das frisch zusammengeschlossene Duo dann auf Axel Kleintjes, der durch sein bisheriges Engagement als Keyboarder und Stimme von „Page12“ bereits einiges an Erfahrung mitbrachte. Das daraus resultierende „Skin“ zelebrierte 2003 den Crossover-Style der späten 90er und gemahnte damit unter anderem an Größen wie „Nine Inch Nails“... Zeitsprung: 2011. Ich stehe nichtsahnend am Bochumer Hauptbahnhof und werde durch die kurze Werbeschaltung auf einer übergroßen LCD-Reklametafel auf die lokale Band „Held der Arbeit“ aufmerksam, die ich mir, zuhause wieder angekommen, über einen Streaming-Dienst sofort anhöre. Es ist eine ziemlich stimmige Mischung aus Oldschool-EBM und Synthie-Pop mit melancholischen, ehrlichen Texten, die das Leben so manches Mal selbst schreibt. Ich bin begeistert. So sehr, dass ich direkt beschließe, über deren zweites Album „In Anno Futuro“ pünktlich zum Release eine Rezension zu verfassen. Zusätzlich vereinbare ich mit Sänger Oliver Müller ein persönliches Interview beim Gig in der Rotunde, bei welchem ich noch alle anderen, wirklich sympathischen Mitglieder und somit auch Kleintjes selbst kennenlerne. Der „Held der Arbeit“ ist mittlerweile übrigens zum Quintett angewachsen, lässt eine erhebliche Steampunk-Note in seine Musik einfließen und arbeitet momentan am nunmehr dritten Album. Zeitsprung: 2019. Vor wenigen Tagen erhalte ich via Facebook die Einladung, eine neue Seite mit dem berüchtigten „Gefällt mir“ zu markieren. Soweit nichts Ungewöhnliches, aber in diesem speziellen Fall deshalb so überraschend, weil die Anfrage hier von Axel Kleintjes direkt stammt, der sich im reizüberflutenden News-Wahn sämtlicher Social-Media-Kanäle sonst angenehm zurückhält. Ein kurzer Blick verrät mir, dass es sich dabei um ein neues Solo-Projekt von ihm handelt. Da ich mit seinen musikalischen Wurzeln spätestens nach dem Interview gut vertraut bin, klicke ich nur zu gerne auf die Weiterleitung zu SoundCloud. Nur wenig später bekomme ich auch schon eine Nachricht über den Messenger, die erfreulicherweise einen Dropbox-Link zum vollständigen Album enthält, welches am 19.04.2019 digital und komplett kostenlos über Bandcamp veröffentlicht werden wird... Zeitsprung, die Zweite: 2020. Und eigentlich ist (fast) alles beim Alten geblieben: „Held Der Arbeit“ sind unterdessen ein Sextett geworden und arbeiten noch immer am dritten Album, dafür gibt es via Bandcamp mit „3 3 3“ etwas Neues von „Onenine“! Zeitsprung, die Dritte: 2021. Die Helden aus dem Ruhrgebiet haben mittlerweile längst ihren dritten Fulltime-Release namens „Weiland“ in die Welt entsandt und ganz nebenher war scheinbar auch Kleintjes mit „Onenine“ wieder alles andere als untätig. So gab es also vor wenigen Wochen dann abermals einen Link mit dem vollständigen Material zum bereits letztjährig auf der eigenen Website still angeteasten und (vorerst?) finalen Teil der Trilogie. Dieses Mal unter dem mystischen Titel „Sceadu“ und abermals mit der eindrucksvollen Macro-Fotografie von John-Oliver Dum im Artwork und einem prominenten Mastering von „Rotersand“-Mastermind Krischan Wesenberg im Studio600 veredelt. Ab dem 19.12.2020 abermals digital und komplett kostenlos via Bandcamp erhältlich!

Ein kurzes Knistern, ein Knacken, ein nebulöses und kaum wahrnehmbares Sample aus dem Hintergrund. Wiederholung. Pause. Los! Der Opener des mittlerweile dritten, digitalen Longplayers, „dForced“, macht gleich von Beginn an keine Gefangenen und erst recht keinen Hehl aus seiner Herkunft oder gar beabsichtigten Richtung. Hier gibt es krachenden Industrial der alten Schule! Schon sehr bald setzt ein nervöses Flirren ein, nimmt dann rasend schnell an Fahrt auf und geht in einem mächtig stampfenden Bass über, der sofort ordentlich drückt und bei vollem Volumen die Wände knallend wackeln lässt. Ein unheimliches, gespenstisches Heulen mischt sich allmählich unter und fusioniert mit kleineren Spielereien und kratzigen Sound-Fragmenten, welche hier als chaotischer Kontrast zum aufgeräumten, gestreng marschierenden Rhythmus in bester EBM-Manier stehen. Das folgende „Surface“ nimmt sich da keineswegs aus, erweitert den treibend wummernden Sound aber um grell scheppernd taktierende Drum-Pads und fiependen Minimalismus und lässt so eine gehörige Portion Drum'n'Bass in den stoisch prügelnden Dark Electro einfließen, der wie ein beständig pumpender Schauer-Organismus tönt, dessen klopfendem Puls der Hörer im tiefsten Maschinenraum lauscht. Das schwer schleppende „Perception“ und „Those Runes“, welches ab seiner Hälfte mit vielen futuristischen Sounds ein etwas breiteres Spektrum zulässt, gleichen sich dem in behäbig walzender, angestrengt ächzender Manier an. Generell fallen die ersten Nummern auf „Sceadu“ relativ gleichförmig aus, was jedoch nicht negativ aufgefasst werden sollte. Die ineinander fließenden, kurzen Übergänge zwischen den Songs lassen den Aufbau so wirken, als gehörten diese unzertrennlich zusammen. Wie aus einem Guss manifestiert sich die immer dichter werdende Atmosphäre zu einem sich beständig steigernden, großen Ganzen, aus dem es kein Entkommen mehr gibt. Die grundlegende Essenz speist sich dabei aus intelligent miteinander verquickten Komponenten des Experimental und Noise, welche die Grenzen mehr und mehr verschwimmen lassen und auch angedeutete Abstecher in artverwandte Gefilde des breit gefächerten Genres nicht scheuen. Das dringliche Pochen der Drums und sphärisch beruhigende Synthies, die schnell einen breiten Klangteppich erzeugen, bestimmen maßgeblich den Kern von „Unexpected Proceeding“, das recht kurz daherkommt und somit eher als Interludium, als eine Art Brückenschlag, zum nächsten Stück gesehen werden kann: „Pretender“ beginnt mit einem wispernden Gewirr aus allerhand undefinierbaren Lauten und Stimmen, bis die knurrende Elektronik etappenweise tröpfelnd aus allen Lücken rinnt und daraufhin auch sogleich zum großen Rundumschlag ansetzt. Technoid surrende Beats in ständig wechselnden Variationen prallen auf donnernde Bässe, das Tempo wird jetzt erheblich angezogen und schießt in halsbrecherischer Geschwindigkeit los. Wie in den Credits zu lesen, steuerte „Held der Arbeit“-Sänger Oliver „Der Müller“ Müller, mit dem Kleintjes bereits weit vor der Entstehung des Steampunk-Projekts auf Electro-musikalischer Basis zusammenarbeitete, dieses Mal zusätzliche Keyboard-Parts bei, was dem satten, abwechslungsreichen weiterhin zuträglich gewesen sein wird. Später dann noch ein knapper Break, die geballte Power setzt zugunsten eines kurzen Innehaltens entschleunigend aus... Und es geht weiter - Wow! Das ausnahmsweise deutschsprachig betitelte „Apparat“ präsentiert sich von Beginn als extrem basslastig, was sich im weiteren Verlauf als Hauptelement herausstellt. Jedoch bleibt der Low-Tempo-Stampfer nicht einmal annähernd so eindimensional, wie man vielleicht meinen könnte. Als Kontrast zum extrem harten Nachdruck steht ein kurzer, verspielter Synth-Jingle, der einen exotischen, leicht asiatisch angehauchten Vibe mit sich bringt. „Deployment“ zieht die Geschwindigkeit dann wieder deutlich an und paart dabei einschneidende Breaks im zeitweise vehement treibenden Rhythmus, maschinell flimmernden, analogen Retro-Sounds und einigen beklemmenden Hall-Effekten, bevor mit „Nine“ an neunter Stelle der letzte Song naht. Im kantigen Industrial-Style regieren hier nun nochmals verzerrt knarzende Beats, metallisches Knallen und kreative Samples aus klirrendem Glas und einem hellen Fiepen wie bei einem EKG-Monitor. Experimentell und zugleich klassisch, aber keineswegs langweilig. Im direkten Vergleich zu seinem verhältnismäßig zugänglichen Vorgänger nähert sich der aktuelle Trilogie-Abschluss zumindest in rein musikalischer Hinsicht über weite Strecken viel mehr dem doch recht sperrigen Debüt „Hirato“ an. Brach „3 3 3“ die hauptsächlich bedrückend dunklen Klangwelten noch hin und wieder überraschend optimistisch auf und ließ dabei sogar teils dezent synth-poppige Elemente zu, so führt die nunmehr dritte Veröffentlichung von Axel Kleintjes nun wieder verstärkt zu den einstigen Wurzeln zurück: Vereinzelte Vocal-Parts gibt es dieses Mal keine und auch das im Genre sonst so gern und viel genutzte Sampling hält sich vornehm zurück, ebenso sehr wie verspielte oder nur allzu catchy aufgezogene Sequenzen. Dafür bewegt sich „Onenine“ abermals in sehr charmant umgesetzten, reduzierten Oldschool-Gewässern und fährt dahingehend mit gehörig viel brutalem Bass und minimalistischen Beats auf. Insbesondere zu Anfang hat dieser Kniff zur Verdichtung der somit erzielten Atmosphäre zwar weitaus weniger Variation zur Folge, ab der Mitte des Albums erwartet die Rezipienten dann aber schließlich doch ein ausgewogener, pointiert abgestimmter Genre-Mix, dem man die langjährige Erfahrung definitiv sofort anhört. Bequem oder gar leicht zugänglich ist „Sceadu“ für gängige Hörgewohnheiten deshalb noch lange nicht und erfordert dringend den Willen, sich mit der Materie aufmerksam auseinandersetzen zu wollen, die danach umso ergiebiger wirkt. Alles in allem kreiert Kleintjes mit „Sceadu“ nicht nur die logische Fortsetzung zu „Hirato“ und „3 3 3“, sondern auch eine herrlich kaputte, finstere Klang-Collage mit ungemein dichter Atmosphäre, wie aus einem fiebrigen Albtraum. An alle Fans von wahrem Industrial, eindringlichen Noise-Eskapaden und brettharten EBM-Rhythmen: Reinhören!

Informationen:

https://www.onenine.de

https://www.facebook.com/Onenine-465304927136730/

 

Funker Vogt - Element 115 (2021)

Genre: Electro / EBM / Alternative

Release: 29.01.2021

Label: Repo Records (Alive)

Spielzeit: 59 Minuten

Fazit:


Der Funker ist tot - Lang lebe der Funker! Vier Jahre ist es her, dass Chris L. das herrenlose Mikrofon bei „Funker Vogt“ aufgriff und die Funker, Gerrit Thomas, René Dornbusch und eben Chris L., ein knallhartes Statement gaben, weshalb sie eindeutig an die Speerspitze dieser Szene gehören. Leise können und wollen sie auch 2021 nicht sein, und so feuern sie auf dem neuen Album „Element 115“ ordentlich Zündstoff in die Massen. Kernpunkt der Thematik ist die Theorie der Prä-Astronautik, die kurz gesagt beinhaltet, dass die Götter der Menschen außerirdische Besucher waren und bereits seit Jahrtausenden die Erde besuchen. Mit dem titelgebenden „Element 115“ wird laut Bob Lazar, einem ehemaligen Wissenschaftler der Area 51, der schon in den Achtzigetjahren durch das Veröffentlichen geheimer Informationen in Erscheinung trat, ein Gravitationsantriebssystem mit Antimateriereaktor als Energiequelle angetrieben. Erstaunlich hierbei ist, wie detailreich er seine Arbeit in der Area 51 und was er dort erlebte, beschreibt. „Funker Vogt“ werden aber jetzt nicht mit selbstgenähten Stretchanzügen und Aluhütchen durch die Innenstädte laufen und versuchen, Menschen zu bekehren. Hier geht es nur um die Möglichkeit dieser Theorien - Was wäre, wenn... „Prepare For Invasion“ dröhnt es aus den Boxen und so nehmen die Funker nicht nur bei dem knallharten „Invasion“ keine Gefangenen, denn „Jedes Andersdenken ist Verschwörungstheorie“, wie es in dem Clubkracher „Olympus“ heißt, und so stehen auch Songs wie „The Grey“, „A.I.“ und „Abducted“ unter dem Motto „Wir verhandeln nicht mit Terroristen“ und heißen geradezu willkommen zum Krieg auf den Tanzböden. Doch „Funker Vogt“ wären nicht „Funker Vogt“, würden sie nicht ordentlich Denkanstöße in alle Richtungen verteilen. Dort angesetzt wo sie mit der „Conspiracy“-EP schon angefangen haben, greift gleich der cineastische Opener „What If I'm Wrong?“ Fragen über unsere Existenz und unsere Bedeutung in diesem Universum auf. Und dieser rote Faden zieht sich bis zum abschließenden, bedrohlichen „A Step Into The Dark“ durch. Nicht nur musikalisch werden wir auf den dreizehn Tracks, plus fünf Bonus-Tracks auf der Limited Edition, der „Element 115“ eingeladen, in neue musikalische und textliche Weiten vorzudringen, der Funker präsentierte sich produktionstechnisch nie ausgereifter und prägnanter. Dass Gerrit, Thomas und Chris L. wesentlich mehr Zeit in die Produktion investiert haben, hört man nicht nur an dem in drei Sprachen gesungenen „To The Sun“ oder den beinah sphärisch anmutenden Tracks wie „GAIA“ oder „Lost“. Ausnahmetitel wie „The Wanting“ beweisen die ausgereifte, klangliche Vielfalt die „Funker Vogt“ final zu einer Einheit hat verschmelzen lassen. „Funker Vogt“ 2021 gehören auch im fünfundzwanzigsten Jahr der Bandgeschichte noch lange nicht zum alten Eisen - Ausgereifter und stärker denn je zuvor! Das sagenumwobene „Element 115“ kommt am 29.01.2021 über Dependent Records zu euch. Erhältlich als Download, CD im Digipak, 2-CD-Version mit sieben Bonus-Tracks und als exklusiv über Fantotal erhältliches Bundle inklusive handsignierter Autogrammkarte, gewebtem Aufnäher, einem Beutel im Album-Design und einem Schlauchschal.

Ein zunächst noch weit entferntes Rauschen manifestiert sich und schwillt allmählich dann immer mehr an, bis der dröhnende Beat wie eine gigantische Druckwelle einschlägt und übermächtig bebend alles in ihrem Weg beiseite fegt. Dunkle Elektronik heult auf und verneigt sich schließlich vor sphärischer Epik aus hellen Chören und niederdonnernden Trommeln, über welche Chris L. jetzt in verdächtig ruhiger, reflektierender Manier seine zunächst noch sanfte Stimme legt, bevor schließlich der Bruch einsetzt: Plötzlich dominiert eine harsche Rhythmik in minimalistischer EBM-Manier mit mechanisch knarzenden Sound-Einschüben und hypnotischen Synthie-Tupfern das Schlachtfeld... Der spektakuläre Opener „What If I'm Wrong?“ unterstreicht sofort und unerbittlich, mit welcher Band man es zutun hat, denn hier gibt es den klassischen Trademark-Sound aus bissiger Dancefloor-Attacke und fast schon cineastisch behafteter Score-Ästhetik. Dem schließt sich mit „Olympus“ gleich die erste Single des Albums an, die demnach zwar etwas weniger komplex als der ausgedehnte Einstieg ausfällt, dafür allerdings auch etwas knackiger, leichter zu fassen und damit ein gutes Stück weit eingängiger daherkommt. Auf das heroische Intro folgt ein typischer Funker-Beat im treibenden Rhythmus, wodurch sich der seit jeher einzigartige Hymnen-Charakter der Hamelner schnell klar bemerkbar macht. Der deutschsprachige Text befasst sich dabei mit alternativen Fakten und hinterfragt die Strukturen gängiger Denkweisen mit teils zynischem Augenzwinkern und gewitzter Doppelbödigkeit. Die einsamen, isoliert verhallenden Piano-Sprengsel eines „Abducted“ kreieren dann gleich zu Beginn eine dramatisch getragene Atmosphäre, ehe es in den abermals treibenden Beat übergeht. Trotz hoher Club-Affinität zeigt sich das Trio hier wieder merklich experimentierfreudiger und lässt so einige verspielte Elemente im vertrackten Aufbau zu, wenn tiefe Melancholie und zitternde Wut auf finster-bizarre Weise miteinander verschwimmen. Dennoch gewährt die recht hohe Komplexität zugleich auch viel Eingängigkeit, welche nicht zuletzt durch die abermals deutschen Lyrics hervorgerufen wird. So auch beim nächsten Track, dessen rauer, ungeschönter Beat sich zum eher simplen Aufbau sogleich dreckig aus den Boxen presst und irgendwo zwischen EBM-Marsch und modernem, technoid flirrendem Industrial-Rundumschlag wandelt. Lediglich für den kernigen Refrain wechselt man kurz ins Englische über, wenn von künstlicher Intelligenz und technischer Überlegenheit die Rede ist. Ganz klar: Die „A.I.“ ist vermutlich des Menschen größter Segen und Fluch zugleich! „GAIA“ vergönnt uns mit seiner sphärischen Einleitung danach die erste, richtige Pause und fährt das bisher vorgelegte Tempo damit kurzzeitig angenehm zurück. Der übrige Rest bewegt sich zwar weiterhin im antreibenden Rhythmus, verbleibt jedoch bei vergleichsweise gemäßigter BPM-Anzahl. Insbesondere die gelungene Kombination von harter Melodieführung mit bewussten Ecken und Kanten in den Strophen mit einem großen, hymnischen Chorus, erinnert hier frappierend an alte Tage und frühere Großtaten der Funker. Ein sehr willkommener Oldschool-Einfluss auf Basis der neuen Ausrichtung mit den richtigen Verknüpfungen zu den Wurzeln. Auch „To The Sun“ nimmt sich danach die Zeit für einen wohl konstruierten Aufbau der übergeordneten Dramaturgie und legt den Fokus anfangs vor allem auf den ausdrucksstarken Gesang vor dem instrumental reduzierten Hintergrund. Jener arrangierte Spannungsbogen wiederholt sich dann erst zum Refrain wieder und treibt den melodiösen Faktor in die Höhe. Gerade durch die Einbindung gleich dreier Sprachen, die zwischen den Strophen wechseln oder auch mal gerne fließend ineinander übergehen, mutet der Mid-Tempo-Stampfer sehr ambitioniert an, was zwar für viel Abwechslung sorgt und die Thematik gelungen unterstreicht, stellt sich im Endergebnis aber auch exakt dadurch selbst ein Bein und wirkt somit etwas zu überladen und wirr. Dennoch eine wirklich gute Nummer mit viel Flair! Schon mit dem krachigen „Invasion“ naht der nächste Frontalangriff auf die schwarzen Tanzflächen: Nach knarzenden Fragmenten setzen rasch schwer stampfende Bässe und prügelnde Beats, um ein wahres Electro-Massaker mit extrem viel Nachdruck anzurichten. Das unheilvolle Sound-Gewitter erinnert stilistisch etwas an „Bring The Fight“ oder „Let‘s Go To War“ vom Vorgänger und auch Chris L. gibt hier stimmlich wieder alles und wütet nur so um sich, dass es eine wahre Freude ist. Also: Macht euch für die Invasion bereit - „Prepare for invasion“! Waren die bisherigen Songs noch großteilig aus der Sicht der bedrohten Erdbewohner geschrieben, so setzt mit „The Grey“ jetzt der Wendepunkt und der damit einhergehende, temporäre Perspektivenwechsel ein. Es ist soweit, die fremden Invasoren fallen auf unserem Planeten ein und wer genau hinhört, kann sich definitiv mehr als nur sicher sein, dass absolut keine guten Absichten hinter dem Besuch von einem anderen Stern stecken... „Lost“ treibt mit seinem pulsierenden, harten Rhythmus wieder voran, stets von scharfen Electro-Spitzen und einem kühlen Dröhnen durchsetzt. Der Chorus bietet unterdessen einen klaren Einschnitt, wenn die tobenden Screams von L. auf eine epochale Instrumentierung und überbordenden Bombast prallen. Herrlich kaputte, derbe Sounds begleiten danach das enorm bedrohliche „The Wanting“ im stoisch polternden Bass-Marsch. Der dunkel raunende Gesang kommt teils stark verfremdet daher und hinterlässt durch emotionslose, abgeklärte Intonation ein ungutes Gefühl aufkommen, welches die bizarre, sonderlich kalte Stimmung nur noch umso mehr unterstreicht. Der Text über außerirdische Entführungen und Experimente, der hier wieder aus der Opferrolle verfasst worden ist, löst schnell ein wirklich beklemmendes Gefühl ob der schier aussichtslosen Situation aus, wohingegen der brutale Refrain in all seiner gewaltigen Intensität schließlich alles wie eine riesige Lawine zu überrollen droht. Auch „I Want To Believe“ schlägt in eine recht ähnliche Kerbe und legt beim harschen Ton im Up-Tempo zu. Leider werden all die kleinen Details und klanglichen Feinheiten der vorausgegangenen Songs hier zugunsten eines kompakten Aufbau mit dezent poppiger Attitüde zurückgefahren. Nicht weniger knackig und schon ab den ersten Sekunden packend dann „Lost Kingdom“, welches mit seinem nervösen, technoid flackernden Beat und der verzerrten, analogen Synthesizer im traditionellen EBM-Marsch gleich so richtig in die Vollen geht. Bridge und Chorus sind ebenfalls wieder zu 100% Funker und glasklar an die eigenen Wurzeln adressiert, wenn die heldenhaft glorifizierende Hymnenhaftigkeit mutig durch alle Härte durchbricht und schließlich die Oberhand gewinnt. Das finale „A Step Into The Dark“ glänzt abschließend nochmals so richtig mit bitterböse verschrobener Elektronik und ächzt schwermütig in bizarrer Bedrohlichkeit, bis zum aggressiv tosenden Ende... Wären wir bereit für einen vollkommenen Neuanfang, den Schritt ins Ungewisse, wenn alles, was wir bisher kannten eine einzige Lüge war? Das titelgebende „Element 115“, oder auch Moscovium, soll laut einiger aufschlussreicher, eigentlich streng geheimer Dokumentationen des ehemaligen Wissenschaftlers der Area 51, Bob Lazar, als Energiequelle für ein Gravitationsantriebssystem dazu imstande sein, seinen Probanden tatsächlich Zeitreisen zu ermöglichen... Und exakt das liefern die drei seit jeher unaufhaltsamen Hamelner Klang-Krieger „Funker Vogt“ mit ihrem nunmehr dreizehnten Studioalbum! So schleudert die neueste Veröffentlichung aus dem Hause des Trios ihre Hörer hier manches Mal gut und gerne viele Jahre in der eigenen Diskographie zurück, streift mit ihrer instrumentalen Bombast-Ästhetik manche Anleihen an vorherige Werke, zollt sich selbst charmant Tribut und dürfte so den gehobenen Status im Genre festigen, wenn nicht sogar weiterhin ausbauen. Gleichzeitig weist das Funker-Trio aber auch mit einem sehr bestimmten Fingerzeig in Richtung der Zukunft und zeigt auf, was wir mitunter noch alles erwarten dürfen: Aufwändige Gesamtkonzepte, ein passend darauf abgestimmtes Artwork, heroische und nicht selten kritisch-zynische Texte, spektakuläre Live-Shows, ausufernde Epik-Hymnen mit dichter Atmosphäre und knackige Dancefloor-Filler mit viel Hit-Potential. „Element 115“ fährt dabei rundum einen extrem satten Electro-Sound auf, der nahezu alles von der breiten Genre-Palette bietet, was das Herz begehrt. Von finsterem Dark Electro und eingängigem Future-Pop, über moderne Industrial- und harte EBM-Anleihen bis hin zu wütend peitschendem Aggrotech ist hier alles vertreten. Druckvolle Bässe, knüppelnde Rhythmen, harsche Beats und große Melodien gibt es bei insgesamt allen elf Tracks in jedem Fall satt. Dabei ist die noch immer signifikante Handschrift von Gerrit Thomas nach wie vor in jedem noch so kleinen Ton unverkennbar und omnipräsent, alles wirkt ungemein durchdacht, pointiert und wie aus einem Guss. Auch der Nachfolger am Mikrofon, Chris L., der spätestens seit „Wastelands“ ganz im Funker-Kosmos angekommen ist, füllt seine Rolle als neuer Frontmann und Sänger mittlerweile wirklich gut aus und beweist jedem Hörer, der zur gesanglichen Umgewöhnung willens ist, dass sein hiesiges Engagement eben keinen „Agonoize“-Klon oder eine lieblose Nebenbeschäftigung für den Berliner bedeutet. Sehr variabel und stets auf die jeweilige Atmosphäre der Songs abgestimmt, bewegt L. sich mit seinem wandelbaren, markanten Organ unberechenbar zwischen sinistrem Raunen, aggressiven Shouts und melodiösen, sanften Parts. So reichen sich sowohl der alte als auch neue Funker anno 2021 so dermaßen linientreu und wandelbar erfrischend die Hand, dass es eine wahre Freude ist und die meisten Kritiker wohl endlich verstummen dürften. Ein kleiner Schritt für den Funker, doch ein großer Schritt für die Menschheit... Die Invasion beginnt genau jetzt!

Informationen:

https://www.funker-vogt.com/

https://www.facebook.com/officialfunkervogt/

 

Solar Fake - Enjoy Dystopia (2021)

Genre: Electro / Alternative

Release: 12.02.2021

Label: Out Of Line Music (rough trade)

Spielzeit: 46 Minuten

Fazit:

Drei Jahre nach „You Win. Who Cares?“ liefern „Solar Fake“ den Nachfolger „Enjoy Dystopia“ ab - Ein Album, das den Weg des von Fans geliebten Vorgängers konsequent mehrere Schritte weiter geht. Das sieht auch Sänger Sven Friedrich so: „Es gibt einige Songs, die näher an „You Win. Who Cares?“ dran sind, andere sind etwas weiter weg. Mit jedem neuen Album schaue ich ein wenig über den Tellerrand und probiere, neue Elemente in die Musik einzubringen, ohne dabei den „Solar Fake“-Sound zu verraten.“. Eine Neuerung liegt dem sympathischen Sänger besonders am Herzen: „Es gibt zum ersten mal einen deutschsprachigen Song auf dem Album. Das hatten wir bei „Solar Fake“ noch nie. Ich hatte die Refrain-Zeilen direkt im Kopf, als ich den Song geschrieben habe. Und irgendwie wollte ich das nicht ins Englische übersetzen, das wäre ein Kompromiss gewesen und bei „Solar Fake“ mache ich keine Kompromisse. Nie.“, so Friedrich. Starke Worte, aber tatsächlich fügt sich „Es Geht Dich Nichts An“ perfekt auf dem Album ein und zeigt eine bisher unbekannte Facette im „Solar Fake“-Sound. Inhaltlich ist dagegen alles beim Alten, und Fans dürfen sich über in Melodien und Beats gegossene Wut freuen: „Das Album wird von Aggression dominiert, die mal offensichtlicher und mal subtiler ausfällt. Natürlich gibt es auch stillere und traurige Momente. Aber im Groben wird sich derjenige verstanden fühlen, der gerade in der heutigen Zeit nicht weiß, wohin mit seinen Gefühlen, seiner Aggression, seiner Verzweiflung am Menschen, seiner Hilflosigkeit der allgemeinen Dummheit gegenüber.“... Das nunmehr sechste Studioalbum, „Enjoy Dystopia“, erscheint am 12.02.2020 über Out Of Line Music als Download, Standard-CD, 2-CD im Digipak, Doppel-LP und streng limitierte Fan-Box inklusive dem erwähnten Digipak, der exklusiven Akustik-CD „Masked“, einer Handyhalterung, einem Geldbeutel, Silikonarmband und Foto der Band. Aber das ist noch nicht alles: Drei zufällig ausgewählte Boxen werden ein goldenes Ticket enthalten. Mit diesem „Golden Ticket“ kann der Gewinner mit einer Begleitperson einen kompletten Konzerttag mit „Solar Fake“ erleben! Von der Ankunft bis zum Abbau, inklusive Catering und Übernachtung nach dem Konzert. Ein ganz besonderer Tag mit einer ganz besonderen Band.

Das optimistisch quirlige Blubbern und Brodeln hell gestimmter Synthesizer, bereitet mit seinen schön arrangierten Harmonien sogleich einen knackigen Einstieg in das ohne viele Umschweife eröffnende „At Least We‘ll Forget“. Jetzt dauert es auch nicht mehr lange, bis eben jene Melodie kurzerhand in ein technoid flirrendes Gewand seiner selbst transformiert und plötzlich als kickender Up-Tempo, der sofort jeden mit Leichtigkeit mitzureißen weiß, vorschnellt. Während die hörbar aufgeladenen Beats mit kleinen Variationen zurückhaltend aus dem Hintergrund zucken, legt sich die dunkel geschmeidige Stimme von Sven Friedrich über die Strophen, welche er durch sein markantes Organ maßgeblich ausfüllt. Musikalisch kommt der Song stellenweise sehr druckvoll und überraschend aggressiv daher, wie der konstant powernde Refrain mit seinen wütenden Shout-Einlagen eindrucksvoll beweist, bevor die Melodie dann wieder in handzahmere Gefilde gleitet. „I Despise You“ ist ein typischer Electro-Popper mit der richtigen Ausgewogenheit zwischen smoother Catchyness, etwas sanfteren Untertönen und gleichermaßen viel greifbarer Tanzbarkeit. In geradezu klassischer Manier treffen stylische Piano Tupfer auf sphärisch beschwingte Beats im gängigen Mid-Tempo. Obgleich der gewohnt hohe, kompositorische Qualitätsstandard mühelos stilsicher gehalten wird, geht man hiermit doch ein bisschen zu sehr auf Nummer Sicher. Dennoch: Eigentlich ein klarer Kandidat für die nächste Single, oder? Ganz anders danach „This Pretty Life“ mit seinem verspielten Minimalismus aus allerlei piependen Sounds und auflockernd dazwischen eingestreuten Drum-Pads im zunächst noch gemächlich trottenden Rhythmus. In den Strophen hauptsächlich vom Gesang bestimmt, bricht dieses Konzept von der Bridge zum Chorus hin dann aber vollständig auf, schwillt an und manifestiert sich ungleich kraftvoller als moderner Club-Industrial. Ein rhythmisch pochender Bass, kreiselnde Synthies und sanfte Klavier-Salven zählen danach auch zu den Hauptzutaten für die Formel eines „Arrive Somewhere“. Eine durch und durch melancholisch angetriebene Power-Ballade, die mit ihren wechselhaft austarierten, future-poppigen Grundzügen im Fundament nicht nur rasend schnell ins Ohr geht, sondern darüber hinaus zum Sinnieren und Träumen anregt. Gerade die feinfühlig arrangierte Flexibilität der tonalen Höhen und Tiefen gefällt in Kombination mit dem ausdrucksstarken Gesang im Chorus ganz besonders. Ein schwelgerisches Stück irgendwo zwischen bittersüßer Reflexion und Dancefloor-Filler. Das absolute Gegenteil folgt schon auf dem Fuße: Stampfende Bässe und stark verzerrte, bissige Electro-Spitzen liefern die Basis für den gnadenlos ehrlichen Rundumschlag namens „Es Geht Dich Nichts An“. Ja, richtig gelesen... Der erste, deutschsprachige Song von „Solar Fake“! Und dieser war Friedrich offenbar ein ganz besonders wichtiges Anliegen, hatte er, laut eigener Aussage, die Zeilen des Refrains aus einem inneren Monolog heraus doch sofort im Kopf. So begibt er sich innerhalb der Strophen in die Rolle verschiedener Mitmenschen und wirft zynisch mit vor oberflächlich-besserwisserischem Desinteresse triefenden, alltäglichen Floskeln zur heuchlerischen „Ist doch alles gar nicht so schlimm“-Problemlösung um sich. Natürlich besteht hier ein ungewöhnlicher Stilbruch, der trotz der differenzierten Wirkung durch seine sehr direkte Wortwahl aber nicht peinlich aufgesetzt oder unpassend wirkt. Viel mehr fügt sich die schmissige Mittelfinger-Attitüde gnadenlos gut in den ohnehin recht erregten Kontext des neuen Albums ein und stellt sich dabei auch rein soundtechnisch lückenlos an die Seite aller bisherigen Songs - Sehr gelungen! Das zuletzt als Single inklusive Video-Clip ausgekoppelte „It‘s Who You Are“ schlägt dann wieder voll und ganz in die Kerbe des ohrwurmigen Synthie-Pop im besten Stil artverwandter Acts, wie beispielsweise „Solitary Experiments“ oder die späten „Campuflage“: Warme Elektronik und ein energiegeladener, doch nicht allzu herausfordernder Beat, gepaart mit der melodiösen Stimme von Friedrich ergeben angenehmen Szene-Pop mit positiver, bekräftigender Message. Sehr eingängig, wie gewohnt überaus solide und somit genau das, was die Fans der Band stets freudig erwarten. Der Refrain, der in seiner Intonation leicht an „Private Eye“ der schwedischen Newcomer „Priest“ erinnert, klingt überdies ziemlich vertraut und fräst sich ebenfalls schnell in die Gehörgänge. Doch schon mit „Trying Too Hard“ geht es sowohl instrumental als auch thematisch wieder um einiges härter zu, denn hier wartet eine wütende, moderne Industrial-Peitsche mit überdeutlichem Angriff auf die fest anvisierten Tanzflächen! Ab der ersten Sekunde treibt der donnernde Takt den marschierenden Rhythmus immer weiter voran, die hasserfüllten Lyrics raunt und brüllt Friedrich dem Hörer im wild blitzenden, harschen Beat-Gewitter streckenweise mit rauer Stimme nur so entgegen. Die schiere Verzweiflung und pure Enttäuschung über den gefährlichen Gummiband-Effekt aus erfolglosen Bemühungen und dem Verbiegen seiner selbst, dem steten Streben danach, für seine Mitmenschen endlich genug zu sein, bis hin zur totalen Selbstaufgabe und der Erkenntnis, dann doch immer wieder zum Anfang zurückgeworfen zu werden und letztlich zu scheitern, kommt durch das aggressive Zusammenspiel aus Musik und Gesang hervorragend zur Geltung. Auch die verzerrt knatschenden Beats und der angespannt pochende Bass von „Implode“ halten das vorherige Stimmungsbarometer auf einem ganz ähnlichen Level, nur gelegentlich aufklarend durch den hochmelodischen Refrain. Poppig und melancholisch wird es einmal mehr mit „Just Leave It“, dessen schwelgerische Synthies eine fließende Schnittstelle zwischen einem dezenten Achtziger-Touch und modernem Electro kennzeichnen. Trotz der nachdenklichen, introvertierten Grundnote wird hier durchgängig mittleres Tempo gehalten, welches sich für den emotionalen Closer „Wish Myself Away“ in sphärischen Gefilden sanft niederlegt. Die behutsame Instrumentierung wird einzig im ergreifenden Chorus leicht durchbrochen und führt dann zu einem ruhigen, doch nicht weniger resignierenden Ende. Mit großer Wahrscheinlichkeit eines der wohl persönlichsten und introspektivsten Stücke des gesamten Albums, welches die zuvor so oft thematisierte Wut und alles Unverständnis für diese Welt in einem kurzen, scheinbar unbeobachteten Augenblick beiseite legt und gegen tief schürfende Selbstreflexion eintauscht. Trotz des zermürbenden Eindrucks, seinem eigenen Ich voller Selbstzweifel, Angst und Reue gegenüberzutreten, kann und will sich der abschließende Song einer gleichzeitig fragilen Schönheit nicht entbehren, wodurch er in gewisser Weise als stellvertretendes Exempel für das Konzept von „Enjoy Dystopia“ in all seinen verschiedenen Facetten steht. Als Bonus gibt es auf der zweiten CD natürlich noch mehr Musik, unter anderem zwei sehr gelungene Cover-Versionen im typischen „Solar Fake“-Gewand: Hatte man auf dem Vorgänger noch „Papillon“ von den „Editors“ für die reguläre Tracklist neu interpretiert, so gibt es mit „Join Me In Death“ und „Where Is My Mind?“ jetzt gleich zwei Tribute an die namhaften Interpreten „HIM“ und „Placebo“. Auch zahlreiche Remixe einiger Label-Kollegen und weiterer Szene-Künstler, wie „Massive Ego“, „Ost+Front“, „Solitary Experiments“ und „Blutengel“ oder „Dunkelsucht“, „Iris“. „Faelder“ und „Lord Of The Lost“ dürfen auf keinen Fall fehlen. Wer zur limitierten Fan-Box greift, erhält mit der dritten Disc, „Masked“, darüber hinaus noch einen weiteren Silberling, der ausgewählte Stücke von „Enjoy Dystopia“ in pointiert arrangierten Unplugged-Varianten bietet. Die volle Ladung! Mit ihrem mittlerweile sechsten Fulltime-Release schließen „Solar Fake“ logisch an den direkten Vorgänger „You Win. Who Cares?“ an und erfüllen damit vermutlich so ziemlich alle Erwartungen ihrer Fans, wenn sie diese nicht sogar ein gutes Stück weit übertreffen. Trotz oder gerade wegen der nachvollziehbaren, düsteren Thematik, die sich der Wut, den Irrungen und der Ungewissheit dieser sonderbaren Zeit annimmt, präsentieren sich ausnahmslos alle Songs als extrem eingängig, tanzbar, energetisch, vertraut und dennoch nicht abgedroschen, wenngleich der geneigte Hörer hier natürlich genau das bekommt, was er sich wünscht: 100% „Solar Fake“. Hervorragend arrangiert und produziert, markiert „Enjoy Dystopia“ zwar das insgesamt kürzeste Werk der Band, profitiert im Nachgang aber zugleich von seiner knackig gebündelten Essenz, die alle Power in ausgefeilte und -gereifte Kompositionen steckt und selbst etwas Experimentierfreude nicht scheut. Das runde Ergebnis belohnt Anhänger und Band gleichermaßen mit einem der wohl stärksten Alben der eigenen Diskographie: Unbedingt reinhören!


Informationen:

https://solarfake.de

https://www.facebook.com/SolarFake/

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